welche durch äußere und innere ärztliche und geburtshülfliche Untersuchung ausgemittelt werden. Was die erstern betrifft, so bemerken die Kranken anfänglich leichtere schmerzhafte Em- pfindungen in der Tiefe des Beckens, welche nicht andauernd sind, sondern durch den Coitus, oder während des Eintritts der monatlichen Periode, beym Urinlassen, beym Stuhlgange, bey stärkerer Betastung des Unterleibes oder inneren Unter- suchungen, zuweilen auch bey Witterungsveränderungen hervor- treten. Nach und nach werden diese Empfindungen stärker, anhaltender, und verrathen sich besonders durch das Gefühl von Stechen oder Brennen, welches immer von einem Punkte ausgeht und oft die ganze Tiefe des Beckens durch- dringt. Hierzu gesellt sich oft Schwere, ziehender Schmerz oder Lähmung eines oder beider Schenkel, und variköse An- schwellungen an denselben; die Kranken bemerken schmerzhafte, oft ebenfalls skirrhös verhärtete Stellen in den Brüsten, sie bemerken, daß die Menstruation weniger regelmäßig erscheint, alle Zufälle um diese Zeit bedeutend zunehmen, daß das mo- natliche Blut selbst unregelmäßig gemischt ist, wässerig, rie- chend und mißfarbig erscheint, und ähnliche Ausflüsse allmäh- lig auch außer der Monatszeit sich einstellen; ferner treten Störungen der Verdauung, Magendrücken, falscher Geschmack, belegte Zunge, Ueblichkeit, Erbrechen hinzu, der Schlaf wird unruhig, und durch die öftern vorzüglich Abends häufiger wiederkehrenden Schmerzen und Fieberbewegungen unterbro- chen, die Kräfte sinken, und die Kranken, welche oft schon anfänglich eine auffallend graue gelbliche Hautfarbe haben, bekommen dieses kachektische Ansehen immer mehr.
§. 442.
Geht nun das Uebel in Krebsgeschwür über, so werden alle vorhergenannten Zufälle immer heftiger. Die Schmerzen pflegen oft in der Nacht mit unausstehlicher Heftigkeit sich einzustellen, die Functionen der benachbarten Theile des Darm- kanals und der Harnwege werden immer mehr gestört, die Kranke vermag das Bett nicht mehr zu verlassen, ein häßlich riechender Ausfluß ist fortwährend vorhanden und veranlaßt
welche durch aͤußere und innere aͤrztliche und geburtshuͤlfliche Unterſuchung ausgemittelt werden. Was die erſtern betrifft, ſo bemerken die Kranken anfaͤnglich leichtere ſchmerzhafte Em- pfindungen in der Tiefe des Beckens, welche nicht andauernd ſind, ſondern durch den Coitus, oder waͤhrend des Eintritts der monatlichen Periode, beym Urinlaſſen, beym Stuhlgange, bey ſtaͤrkerer Betaſtung des Unterleibes oder inneren Unter- ſuchungen, zuweilen auch bey Witterungsveraͤnderungen hervor- treten. Nach und nach werden dieſe Empfindungen ſtaͤrker, anhaltender, und verrathen ſich beſonders durch das Gefuͤhl von Stechen oder Brennen, welches immer von einem Punkte ausgeht und oft die ganze Tiefe des Beckens durch- dringt. Hierzu geſellt ſich oft Schwere, ziehender Schmerz oder Laͤhmung eines oder beider Schenkel, und varikoͤſe An- ſchwellungen an denſelben; die Kranken bemerken ſchmerzhafte, oft ebenfalls ſkirrhoͤs verhaͤrtete Stellen in den Bruͤſten, ſie bemerken, daß die Menſtruation weniger regelmaͤßig erſcheint, alle Zufaͤlle um dieſe Zeit bedeutend zunehmen, daß das mo- natliche Blut ſelbſt unregelmaͤßig gemiſcht iſt, waͤſſerig, rie- chend und mißfarbig erſcheint, und aͤhnliche Ausfluͤſſe allmaͤh- lig auch außer der Monatszeit ſich einſtellen; ferner treten Stoͤrungen der Verdauung, Magendruͤcken, falſcher Geſchmack, belegte Zunge, Ueblichkeit, Erbrechen hinzu, der Schlaf wird unruhig, und durch die oͤftern vorzuͤglich Abends haͤufiger wiederkehrenden Schmerzen und Fieberbewegungen unterbro- chen, die Kraͤfte ſinken, und die Kranken, welche oft ſchon anfaͤnglich eine auffallend graue gelbliche Hautfarbe haben, bekommen dieſes kachektiſche Anſehen immer mehr.
§. 442.
Geht nun das Uebel in Krebsgeſchwuͤr uͤber, ſo werden alle vorhergenannten Zufaͤlle immer heftiger. Die Schmerzen pflegen oft in der Nacht mit unausſtehlicher Heftigkeit ſich einzuſtellen, die Functionen der benachbarten Theile des Darm- kanals und der Harnwege werden immer mehr geſtoͤrt, die Kranke vermag das Bett nicht mehr zu verlaſſen, ein haͤßlich riechender Ausfluß iſt fortwaͤhrend vorhanden und veranlaßt
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welche durch aͤußere und innere aͤrztliche und geburtshuͤlfliche
Unterſuchung ausgemittelt werden. Was die erſtern betrifft,
ſo bemerken die Kranken anfaͤnglich leichtere ſchmerzhafte Em-
pfindungen in der Tiefe des Beckens, welche nicht andauernd
ſind, ſondern durch den Coitus, oder waͤhrend des Eintritts
der monatlichen Periode, beym Urinlaſſen, beym Stuhlgange,
bey ſtaͤrkerer Betaſtung des Unterleibes oder inneren Unter-
ſuchungen, zuweilen auch bey Witterungsveraͤnderungen hervor-
treten. Nach und nach werden dieſe Empfindungen ſtaͤrker,
anhaltender, und verrathen ſich beſonders durch das Gefuͤhl
von Stechen oder Brennen, welches immer von einem
Punkte ausgeht und oft die ganze Tiefe des Beckens durch-
dringt. Hierzu geſellt ſich oft Schwere, ziehender Schmerz
oder Laͤhmung eines oder beider Schenkel, und varikoͤſe An-
ſchwellungen an denſelben; die Kranken bemerken ſchmerzhafte,
oft ebenfalls ſkirrhoͤs verhaͤrtete Stellen in den Bruͤſten, ſie
bemerken, daß die Menſtruation weniger regelmaͤßig erſcheint,
alle Zufaͤlle um dieſe Zeit bedeutend zunehmen, daß das mo-
natliche Blut ſelbſt unregelmaͤßig gemiſcht iſt, waͤſſerig, rie-
chend und mißfarbig erſcheint, und aͤhnliche Ausfluͤſſe allmaͤh-
lig auch außer der Monatszeit ſich einſtellen; ferner treten
Stoͤrungen der Verdauung, Magendruͤcken, falſcher Geſchmack,
belegte Zunge, Ueblichkeit, Erbrechen hinzu, der Schlaf wird
unruhig, und durch die oͤftern vorzuͤglich Abends haͤufiger
wiederkehrenden Schmerzen und Fieberbewegungen unterbro-
chen, die Kraͤfte ſinken, und die Kranken, welche oft ſchon
anfaͤnglich eine auffallend graue gelbliche Hautfarbe haben,
bekommen dieſes kachektiſche Anſehen immer mehr.
§. 442.
Geht nun das Uebel in Krebsgeſchwuͤr uͤber, ſo werden
alle vorhergenannten Zufaͤlle immer heftiger. Die Schmerzen
pflegen oft in der Nacht mit unausſtehlicher Heftigkeit ſich
einzuſtellen, die Functionen der benachbarten Theile des Darm-
kanals und der Harnwege werden immer mehr geſtoͤrt, die
Kranke vermag das Bett nicht mehr zu verlaſſen, ein haͤßlich
riechender Ausfluß iſt fortwaͤhrend vorhanden und veranlaßt
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/360>, abgerufen am 23.11.2024.
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