Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.vor, wenn durch vorausgegangene frühzeitige Ausschweifun- §. 255. Endlich bemerken wir auch den Einfluß solcher Ver- *) Man lese z. B. nur die Schilderung der Krämpfe, welche der Ar- chiater Brandis bey einem 19jährigen Frauenzimmer beobachtete (Hufeland's Journal d. prakt. Heilk. 41. Bd. 2. St. S. 9.). **) S. einen ausgezeichneten Fall dieser Art bey Brandis a. a. O.
S. 19. vor, wenn durch vorausgegangene fruͤhzeitige Ausſchweifun- §. 255. Endlich bemerken wir auch den Einfluß ſolcher Ver- *) Man leſe z. B. nur die Schilderung der Kraͤmpfe, welche der Ar- chiater Brandis bey einem 19jaͤhrigen Frauenzimmer beobachtete (Hufeland’s Journal d. prakt. Heilk. 41. Bd. 2. St. S. 9.). **) S. einen ausgezeichneten Fall dieſer Art bey Brandis a. a. O.
S. 19. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <div n="9"> <p><pb facs="#f0215" n="195"/> vor, wenn durch vorausgegangene fruͤhzeitige Ausſchweifun-<lb/> gen Ueberreitzung Statt gefunden hat, und durch die ent-<lb/> ſtandene Schwaͤche die vollkommne Ausbildung des Geſchlechts-<lb/> charakters gehindert wird; oder wenn ſehr heftige Gemuͤthsbe-<lb/> wegungen ploͤtzlich einwirkten. Im Ganzen pflegt indeß ge-<lb/> rade dieſer Krankheitszuſtand doch weit weniger haͤufig, als<lb/> andere einzutreten, da er zu ſehr mit der in dieſer Zeit fuͤr<lb/> den Organismus natuͤrlichen Stimmung in Widerſpruch ſteht;<lb/> wenigſtens iſt er gemeiniglich nur voruͤbergehend, und er-<lb/> ſcheint dann oft mehr als Erſtarrung, vorzuͤglich als Cata-<lb/> lepſis. Haͤufiger kommen dagegen die eigentlichen Kraͤmpfe vor,<lb/> und zwar zuweilen mit einer Heftigkeit, welche alle Beſchreibung<lb/> uͤberſteigt <note place="foot" n="*)">Man leſe z. B. nur die Schilderung der Kraͤmpfe, welche der Ar-<lb/> chiater <hi rendition="#g">Brandis</hi> bey einem 19jaͤhrigen Frauenzimmer beobachtete<lb/> (<hi rendition="#g">Hufeland’s</hi> Journal d. prakt. Heilk. 41. Bd. 2. St. S. 9.).</note>, man bemerkt hierbey Tetanus, Opiſthotonus,<lb/> wobey der Koͤrper, voͤllig im Sprenkel gebogen, ſich nur auf<lb/> Ferſen und Hinterhaupt aufſtuͤtzt, Trismus u. ſ. w. — Mit-<lb/> unter beſchraͤnken ſich wohl auch dieſe Kraͤmpfe auf einzelne<lb/> Theile, beſtehen z. B. in heftigem Kopfſchuͤtteln <note place="foot" n="**)">S. einen ausgezeichneten Fall dieſer Art bey <hi rendition="#g">Brandis</hi> a. a. O.<lb/> S. 19.</note>, oder<lb/> taktmaͤßigen Gliederbewegungen (Veitstanz), verbinden ſich<lb/> mit Somnambulismus u. ſ. w. — Auch dieſe Zufaͤlle werden<lb/> uͤbrigens vorzuͤglich bey ſehr reitzbaren Individuen, und be-<lb/> ſonders nach Gemuͤthsleiden beobachtet, beſtehen nicht ſelten<lb/> (wie in dem unten angefuͤhrten erſten Falle von <hi rendition="#g">Brandis</hi>)<lb/> mit regelmaͤßiger Menſtruation, ſind gewoͤhnlich aͤußerſt hart-<lb/> naͤckig und ſpotten oft der wirkſamſten innern Arzneymittel.</p> </div><lb/> <div n="9"> <head>§. 255.</head><lb/> <p>Endlich bemerken wir auch den Einfluß ſolcher Ver-<lb/> ſtimmungen des Nervenſyſtems auf den Gang der reproduk-<lb/> tiven Funktionen im Ganzen zwar immer, aber in einzelnen<lb/> Faͤllen an beſonders auffallenden Erſcheinungen. Hierher<lb/> rechnen wir namentlich das lange Entbehren von Nahrungs-<lb/> mitteln, welches vorzuͤglich bey weiblichen Individuen bemerkt<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [195/0215]
vor, wenn durch vorausgegangene fruͤhzeitige Ausſchweifun-
gen Ueberreitzung Statt gefunden hat, und durch die ent-
ſtandene Schwaͤche die vollkommne Ausbildung des Geſchlechts-
charakters gehindert wird; oder wenn ſehr heftige Gemuͤthsbe-
wegungen ploͤtzlich einwirkten. Im Ganzen pflegt indeß ge-
rade dieſer Krankheitszuſtand doch weit weniger haͤufig, als
andere einzutreten, da er zu ſehr mit der in dieſer Zeit fuͤr
den Organismus natuͤrlichen Stimmung in Widerſpruch ſteht;
wenigſtens iſt er gemeiniglich nur voruͤbergehend, und er-
ſcheint dann oft mehr als Erſtarrung, vorzuͤglich als Cata-
lepſis. Haͤufiger kommen dagegen die eigentlichen Kraͤmpfe vor,
und zwar zuweilen mit einer Heftigkeit, welche alle Beſchreibung
uͤberſteigt *), man bemerkt hierbey Tetanus, Opiſthotonus,
wobey der Koͤrper, voͤllig im Sprenkel gebogen, ſich nur auf
Ferſen und Hinterhaupt aufſtuͤtzt, Trismus u. ſ. w. — Mit-
unter beſchraͤnken ſich wohl auch dieſe Kraͤmpfe auf einzelne
Theile, beſtehen z. B. in heftigem Kopfſchuͤtteln **), oder
taktmaͤßigen Gliederbewegungen (Veitstanz), verbinden ſich
mit Somnambulismus u. ſ. w. — Auch dieſe Zufaͤlle werden
uͤbrigens vorzuͤglich bey ſehr reitzbaren Individuen, und be-
ſonders nach Gemuͤthsleiden beobachtet, beſtehen nicht ſelten
(wie in dem unten angefuͤhrten erſten Falle von Brandis)
mit regelmaͤßiger Menſtruation, ſind gewoͤhnlich aͤußerſt hart-
naͤckig und ſpotten oft der wirkſamſten innern Arzneymittel.
§. 255.
Endlich bemerken wir auch den Einfluß ſolcher Ver-
ſtimmungen des Nervenſyſtems auf den Gang der reproduk-
tiven Funktionen im Ganzen zwar immer, aber in einzelnen
Faͤllen an beſonders auffallenden Erſcheinungen. Hierher
rechnen wir namentlich das lange Entbehren von Nahrungs-
mitteln, welches vorzuͤglich bey weiblichen Individuen bemerkt
*) Man leſe z. B. nur die Schilderung der Kraͤmpfe, welche der Ar-
chiater Brandis bey einem 19jaͤhrigen Frauenzimmer beobachtete
(Hufeland’s Journal d. prakt. Heilk. 41. Bd. 2. St. S. 9.).
**) S. einen ausgezeichneten Fall dieſer Art bey Brandis a. a. O.
S. 19.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |