Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

verschieden; einer der häufigsten Fälle ist das Ergießen von
Blut aus dem untern Ende des Darmkanals *) durch die
Hämorrhoidalgefäße, ferner aus der mittlern Gegend dessel-
ben beym Blutbrechen, und aus der obersten beym Bluten
des Zahnfleisches. Außerdem vertreten zuweilen die Thätig-
keit der Uteringefäße: die Harnwerkzeuge, die Respirations-
organe (und zwar durch Bluthusten oder Nasenbluten sowohl,
als durch veränderte Hautthätigkeit, entweder im Allgemei-
nen, wie bey blutigen Schweißen, oder an einzelnen Stel-
len, wie bey periodisch blutenden Wunden oder Geschwüren),
endlich auch wohl andere Geschlechtsorgane, und zwar na-
mentlich die Brüste **). Seltner ist, daß blos vermehrte
Se- oder Excretionen für die Menstrualthätigkeit des Uterus
erscheinen, und Speichelflüße, Durchfälle, stärkere Harn- oder
Schweißabsonderungen statt eines wahren Blutflußes eintre-
ten, noch seltner indeß, daß bey einer solchen periodischen
Thätigkeit anderer Organe zugleich die eigentliche Menstrua-
tion erscheint, welche letztere Fälle dann mehr zu der in der
folgenden Rubrik abzuhandelnden übermäßigen Menstruation
gerechnet werden müssen. -- Die Gründe betreffend, welche
nun in irgend einem gegebenen Falle gerade eine oder die
andere Art dieser vicariirenden Blutergießungen herbeyführen,
so können sie verschieden seyn; im Allgemeinen aber ist zu
bemerken, daß vorzüglich die §. 172. u. 173. angegebenen
organischen Verbildungen, und überhaupt alles, was direkt
oder indirekt die ausscheidende Thätigkeit der Uteringefäße
hindert, diese Form unvollkommner Menstrualfunktion her-
beyführen; also namentlich die im Folgenden abzuhandelnde
Unterdrückung der Menstruation durch äußere gewaltsam einwir-
kende Momente, zweitens aber die abnorm aufgeregte Thätigkeit
anderer Organe entweder mittelst ursprünglicher Constitution
(weßhalb z. B. bey phthisischem Habitus vicariirende Lun-
genblutflüße, bey erblicher Hämorrhoidalanlage vicariirende

*) Wir werden hier wieder an die physiologische Verwandtschaft zwi-
Geschlechtswegen und Darmkanal erinnert.
**) Einen Fall dieser Art, dessen Heilung gelang, s. in Hufeland's
Journal f. d. pr. Heilk. 1816. Novbr.

verſchieden; einer der haͤufigſten Faͤlle iſt das Ergießen von
Blut aus dem untern Ende des Darmkanals *) durch die
Haͤmorrhoidalgefaͤße, ferner aus der mittlern Gegend deſſel-
ben beym Blutbrechen, und aus der oberſten beym Bluten
des Zahnfleiſches. Außerdem vertreten zuweilen die Thaͤtig-
keit der Uteringefaͤße: die Harnwerkzeuge, die Reſpirations-
organe (und zwar durch Bluthuſten oder Naſenbluten ſowohl,
als durch veraͤnderte Hautthaͤtigkeit, entweder im Allgemei-
nen, wie bey blutigen Schweißen, oder an einzelnen Stel-
len, wie bey periodiſch blutenden Wunden oder Geſchwuͤren),
endlich auch wohl andere Geſchlechtsorgane, und zwar na-
mentlich die Bruͤſte **). Seltner iſt, daß blos vermehrte
Se- oder Excretionen fuͤr die Menſtrualthaͤtigkeit des Uterus
erſcheinen, und Speichelfluͤße, Durchfaͤlle, ſtaͤrkere Harn- oder
Schweißabſonderungen ſtatt eines wahren Blutflußes eintre-
ten, noch ſeltner indeß, daß bey einer ſolchen periodiſchen
Thaͤtigkeit anderer Organe zugleich die eigentliche Menſtrua-
tion erſcheint, welche letztere Faͤlle dann mehr zu der in der
folgenden Rubrik abzuhandelnden uͤbermaͤßigen Menſtruation
gerechnet werden muͤſſen. — Die Gruͤnde betreffend, welche
nun in irgend einem gegebenen Falle gerade eine oder die
andere Art dieſer vicariirenden Blutergießungen herbeyfuͤhren,
ſo koͤnnen ſie verſchieden ſeyn; im Allgemeinen aber iſt zu
bemerken, daß vorzuͤglich die §. 172. u. 173. angegebenen
organiſchen Verbildungen, und uͤberhaupt alles, was direkt
oder indirekt die ausſcheidende Thaͤtigkeit der Uteringefaͤße
hindert, dieſe Form unvollkommner Menſtrualfunktion her-
beyfuͤhren; alſo namentlich die im Folgenden abzuhandelnde
Unterdruͤckung der Menſtruation durch aͤußere gewaltſam einwir-
kende Momente, zweitens aber die abnorm aufgeregte Thaͤtigkeit
anderer Organe entweder mittelſt urſpruͤnglicher Conſtitution
(weßhalb z. B. bey phthiſiſchem Habitus vicariirende Lun-
genblutfluͤße, bey erblicher Haͤmorrhoidalanlage vicariirende

*) Wir werden hier wieder an die phyſiologiſche Verwandtſchaft zwi-
Geſchlechtswegen und Darmkanal erinnert.
**) Einen Fall dieſer Art, deſſen Heilung gelang, ſ. in Hufeland’s
Journal f. d. pr. Heilk. 1816. Novbr.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <p><pb facs="#f0154" n="134"/>
ver&#x017F;chieden; einer der ha&#x0364;ufig&#x017F;ten Fa&#x0364;lle i&#x017F;t das Ergießen von<lb/>
Blut aus dem untern Ende des Darmkanals <note place="foot" n="*)">Wir werden hier wieder an die phy&#x017F;iologi&#x017F;che Verwandt&#x017F;chaft zwi-<lb/>
Ge&#x017F;chlechtswegen und Darmkanal erinnert.</note> durch die<lb/>
Ha&#x0364;morrhoidalgefa&#x0364;ße, ferner aus der mittlern Gegend de&#x017F;&#x017F;el-<lb/>
ben beym Blutbrechen, und aus der ober&#x017F;ten beym Bluten<lb/>
des Zahnflei&#x017F;ches. Außerdem vertreten zuweilen die Tha&#x0364;tig-<lb/>
keit der Uteringefa&#x0364;ße: die Harnwerkzeuge, die Re&#x017F;pirations-<lb/>
organe (und zwar durch Bluthu&#x017F;ten oder Na&#x017F;enbluten &#x017F;owohl,<lb/>
als durch vera&#x0364;nderte Hauttha&#x0364;tigkeit, entweder im Allgemei-<lb/>
nen, wie bey blutigen Schweißen, oder an einzelnen Stel-<lb/>
len, wie bey periodi&#x017F;ch blutenden Wunden oder Ge&#x017F;chwu&#x0364;ren),<lb/>
endlich auch wohl andere Ge&#x017F;chlechtsorgane, und zwar na-<lb/>
mentlich die Bru&#x0364;&#x017F;te <note place="foot" n="**)">Einen Fall die&#x017F;er Art, de&#x017F;&#x017F;en Heilung gelang, &#x017F;. in <hi rendition="#g">Hufeland&#x2019;s</hi><lb/>
Journal f. d. pr. Heilk. 1816. Novbr.</note>. Seltner i&#x017F;t, daß blos vermehrte<lb/>
Se- oder Excretionen fu&#x0364;r die Men&#x017F;trualtha&#x0364;tigkeit des Uterus<lb/>
er&#x017F;cheinen, und Speichelflu&#x0364;ße, Durchfa&#x0364;lle, &#x017F;ta&#x0364;rkere Harn- oder<lb/>
Schweißab&#x017F;onderungen &#x017F;tatt eines wahren Blutflußes eintre-<lb/>
ten, noch &#x017F;eltner indeß, daß bey einer &#x017F;olchen periodi&#x017F;chen<lb/>
Tha&#x0364;tigkeit anderer Organe zugleich die eigentliche Men&#x017F;trua-<lb/>
tion er&#x017F;cheint, welche letztere Fa&#x0364;lle dann mehr zu der in der<lb/>
folgenden Rubrik abzuhandelnden u&#x0364;berma&#x0364;ßigen Men&#x017F;truation<lb/>
gerechnet werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. &#x2014; Die Gru&#x0364;nde betreffend, welche<lb/>
nun in irgend einem gegebenen Falle gerade eine oder die<lb/>
andere Art die&#x017F;er vicariirenden Blutergießungen herbeyfu&#x0364;hren,<lb/>
&#x017F;o ko&#x0364;nnen &#x017F;ie ver&#x017F;chieden &#x017F;eyn; im Allgemeinen aber i&#x017F;t zu<lb/>
bemerken, daß vorzu&#x0364;glich die §. 172. u. 173. angegebenen<lb/>
organi&#x017F;chen Verbildungen, und u&#x0364;berhaupt alles, was direkt<lb/>
oder indirekt die aus&#x017F;cheidende Tha&#x0364;tigkeit der Uteringefa&#x0364;ße<lb/>
hindert, <hi rendition="#g">die&#x017F;e</hi> Form unvollkommner Men&#x017F;trualfunktion her-<lb/>
beyfu&#x0364;hren; al&#x017F;o namentlich die im Folgenden abzuhandelnde<lb/>
Unterdru&#x0364;ckung der Men&#x017F;truation durch a&#x0364;ußere gewalt&#x017F;am einwir-<lb/>
kende Momente, zweitens aber die abnorm aufgeregte Tha&#x0364;tigkeit<lb/>
anderer Organe entweder mittel&#x017F;t ur&#x017F;pru&#x0364;nglicher Con&#x017F;titution<lb/>
(weßhalb z. B. bey phthi&#x017F;i&#x017F;chem Habitus vicariirende Lun-<lb/>
genblutflu&#x0364;ße, bey erblicher Ha&#x0364;morrhoidalanlage vicariirende<lb/></p>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0154] verſchieden; einer der haͤufigſten Faͤlle iſt das Ergießen von Blut aus dem untern Ende des Darmkanals *) durch die Haͤmorrhoidalgefaͤße, ferner aus der mittlern Gegend deſſel- ben beym Blutbrechen, und aus der oberſten beym Bluten des Zahnfleiſches. Außerdem vertreten zuweilen die Thaͤtig- keit der Uteringefaͤße: die Harnwerkzeuge, die Reſpirations- organe (und zwar durch Bluthuſten oder Naſenbluten ſowohl, als durch veraͤnderte Hautthaͤtigkeit, entweder im Allgemei- nen, wie bey blutigen Schweißen, oder an einzelnen Stel- len, wie bey periodiſch blutenden Wunden oder Geſchwuͤren), endlich auch wohl andere Geſchlechtsorgane, und zwar na- mentlich die Bruͤſte **). Seltner iſt, daß blos vermehrte Se- oder Excretionen fuͤr die Menſtrualthaͤtigkeit des Uterus erſcheinen, und Speichelfluͤße, Durchfaͤlle, ſtaͤrkere Harn- oder Schweißabſonderungen ſtatt eines wahren Blutflußes eintre- ten, noch ſeltner indeß, daß bey einer ſolchen periodiſchen Thaͤtigkeit anderer Organe zugleich die eigentliche Menſtrua- tion erſcheint, welche letztere Faͤlle dann mehr zu der in der folgenden Rubrik abzuhandelnden uͤbermaͤßigen Menſtruation gerechnet werden muͤſſen. — Die Gruͤnde betreffend, welche nun in irgend einem gegebenen Falle gerade eine oder die andere Art dieſer vicariirenden Blutergießungen herbeyfuͤhren, ſo koͤnnen ſie verſchieden ſeyn; im Allgemeinen aber iſt zu bemerken, daß vorzuͤglich die §. 172. u. 173. angegebenen organiſchen Verbildungen, und uͤberhaupt alles, was direkt oder indirekt die ausſcheidende Thaͤtigkeit der Uteringefaͤße hindert, dieſe Form unvollkommner Menſtrualfunktion her- beyfuͤhren; alſo namentlich die im Folgenden abzuhandelnde Unterdruͤckung der Menſtruation durch aͤußere gewaltſam einwir- kende Momente, zweitens aber die abnorm aufgeregte Thaͤtigkeit anderer Organe entweder mittelſt urſpruͤnglicher Conſtitution (weßhalb z. B. bey phthiſiſchem Habitus vicariirende Lun- genblutfluͤße, bey erblicher Haͤmorrhoidalanlage vicariirende *) Wir werden hier wieder an die phyſiologiſche Verwandtſchaft zwi- Geſchlechtswegen und Darmkanal erinnert. **) Einen Fall dieſer Art, deſſen Heilung gelang, ſ. in Hufeland’s Journal f. d. pr. Heilk. 1816. Novbr.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/154
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/154>, abgerufen am 15.05.2024.