Dauer und Wiederkehr der Menstruation. Nachdem die Menstruation wirklich erschienen, pflegt sie ins- gemein 4 bis 6 Tage anzuhalten, und zwar so, daß das Blut selbst zuerst in etwas mehr seröser Beschaffenheit erscheint, und gegen das Ende meistens *) abermals sich ver- dünnend, aufhört. Der Körper, welcher während dieser Zeit doch insgemein etwas angegriffen ist, und dieses durch ver- änderte Hautfarbe, blauliche Ringe um die Augen, ver- minderten Appetit, veränderten Geruch der Hautausdün- stung zu erkennen giebt, fühlt sich nach Statt gehabter Men- struation erleichtert, befreit, die unangenehme Spannung ist gehoben, und ebendeßhalb der Uterus selbst zur Empfängniß jetzt mehr als vor der Menstruation geeignet. Allein nach Verlauf einiger Wochen erscheint die Anhäufung plastischer Stoffe wieder, nach und nach kehren mehrere der obenge- nannten Vorboten zurück, obwohl, der Regel nach, die näch- sten Male in weit geringerer Heftigkeit als das Erstemal, und die Menstruation ergießt sich von neuem, und zwar der Regel nach je nach Ablauf von 4 Wochen, vom Ein- tritte der vorhergehenden Periode an gerechnet.
§. 123.
Diese Periodicität nun, welche einer solchen Ausson- derung den Namen des Monathsflußes erworben hat, ist ih- ren Ursachen nach, auf verschiedene Weise erörtert worden. Wollen wir eine ganz einfache und auch wohl zureichende Ansicht hierüber fassen, so wäre es vielleicht folgende: -- Jeder organisirte Körper auf Erden nämlich, muß in gewis- ser Hinsicht gedacht werden als Glied des Erdkörpers, als seinem Leben nach bedingt durch das Leben der Erde. Je höher indeß die Organisation steigt, um so mehr wird sich die Abhängigkeit individuellen Lebens vom irdischen Leben
*) H. Osiander sah es allerdings auch am letzten Tage noch dun- kel ausfließen, doch waren die Geschlechtstheile krankhaft. S. des- sen Annalen der Entbindungslehranstalt. Thl. I. S. 176.
§. 122.
Dauer und Wiederkehr der Menſtruation. Nachdem die Menſtruation wirklich erſchienen, pflegt ſie ins- gemein 4 bis 6 Tage anzuhalten, und zwar ſo, daß das Blut ſelbſt zuerſt in etwas mehr ſeroͤſer Beſchaffenheit erſcheint, und gegen das Ende meiſtens *) abermals ſich ver- duͤnnend, aufhoͤrt. Der Koͤrper, welcher waͤhrend dieſer Zeit doch insgemein etwas angegriffen iſt, und dieſes durch ver- aͤnderte Hautfarbe, blauliche Ringe um die Augen, ver- minderten Appetit, veraͤnderten Geruch der Hautausduͤn- ſtung zu erkennen giebt, fuͤhlt ſich nach Statt gehabter Men- ſtruation erleichtert, befreit, die unangenehme Spannung iſt gehoben, und ebendeßhalb der Uterus ſelbſt zur Empfaͤngniß jetzt mehr als vor der Menſtruation geeignet. Allein nach Verlauf einiger Wochen erſcheint die Anhaͤufung plaſtiſcher Stoffe wieder, nach und nach kehren mehrere der obenge- nannten Vorboten zuruͤck, obwohl, der Regel nach, die naͤch- ſten Male in weit geringerer Heftigkeit als das Erſtemal, und die Menſtruation ergießt ſich von neuem, und zwar der Regel nach je nach Ablauf von 4 Wochen, vom Ein- tritte der vorhergehenden Periode an gerechnet.
§. 123.
Dieſe Periodicitaͤt nun, welche einer ſolchen Ausſon- derung den Namen des Monathsflußes erworben hat, iſt ih- ren Urſachen nach, auf verſchiedene Weiſe eroͤrtert worden. Wollen wir eine ganz einfache und auch wohl zureichende Anſicht hieruͤber faſſen, ſo waͤre es vielleicht folgende: — Jeder organiſirte Koͤrper auf Erden naͤmlich, muß in gewiſ- ſer Hinſicht gedacht werden als Glied des Erdkoͤrpers, als ſeinem Leben nach bedingt durch das Leben der Erde. Je hoͤher indeß die Organiſation ſteigt, um ſo mehr wird ſich die Abhaͤngigkeit individuellen Lebens vom irdiſchen Leben
*) H. Oſiander ſah es allerdings auch am letzten Tage noch dun- kel ausfließen, doch waren die Geſchlechtstheile krankhaft. S. deſ- ſen Annalen der Entbindungslehranſtalt. Thl. I. S. 176.
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§. 122.
Dauer und Wiederkehr der Menſtruation.
Nachdem die Menſtruation wirklich erſchienen, pflegt ſie ins-
gemein 4 bis 6 Tage anzuhalten, und zwar ſo, daß
das Blut ſelbſt zuerſt in etwas mehr ſeroͤſer Beſchaffenheit
erſcheint, und gegen das Ende meiſtens *) abermals ſich ver-
duͤnnend, aufhoͤrt. Der Koͤrper, welcher waͤhrend dieſer Zeit
doch insgemein etwas angegriffen iſt, und dieſes durch ver-
aͤnderte Hautfarbe, blauliche Ringe um die Augen, ver-
minderten Appetit, veraͤnderten Geruch der Hautausduͤn-
ſtung zu erkennen giebt, fuͤhlt ſich nach Statt gehabter Men-
ſtruation erleichtert, befreit, die unangenehme Spannung iſt
gehoben, und ebendeßhalb der Uterus ſelbſt zur Empfaͤngniß
jetzt mehr als vor der Menſtruation geeignet. Allein nach
Verlauf einiger Wochen erſcheint die Anhaͤufung plaſtiſcher
Stoffe wieder, nach und nach kehren mehrere der obenge-
nannten Vorboten zuruͤck, obwohl, der Regel nach, die naͤch-
ſten Male in weit geringerer Heftigkeit als das Erſtemal,
und die Menſtruation ergießt ſich von neuem, und zwar
der Regel nach je nach Ablauf von 4 Wochen, vom Ein-
tritte der vorhergehenden Periode an gerechnet.
§. 123.
Dieſe Periodicitaͤt nun, welche einer ſolchen Ausſon-
derung den Namen des Monathsflußes erworben hat, iſt ih-
ren Urſachen nach, auf verſchiedene Weiſe eroͤrtert worden.
Wollen wir eine ganz einfache und auch wohl zureichende
Anſicht hieruͤber faſſen, ſo waͤre es vielleicht folgende: —
Jeder organiſirte Koͤrper auf Erden naͤmlich, muß in gewiſ-
ſer Hinſicht gedacht werden als Glied des Erdkoͤrpers, als
ſeinem Leben nach bedingt durch das Leben der Erde. Je
hoͤher indeß die Organiſation ſteigt, um ſo mehr wird ſich
die Abhaͤngigkeit individuellen Lebens vom irdiſchen Leben
*) H. Oſiander ſah es allerdings auch am letzten Tage noch dun-
kel ausfließen, doch waren die Geſchlechtstheile krankhaft. S. deſ-
ſen Annalen der Entbindungslehranſtalt. Thl. I. S. 176.
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/112>, abgerufen am 21.11.2024.
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