und bewahrt wird, und in welchen die Reinheit und wohl- thuende Ruhe der edlen Frau sich bewährt. --
b) Therapie.
§. 114.
Nothwendig zwar müssen die allgemeinen Grundsätze, nach denen wir die Heilung menschlicher Krankheiten einlei- ten, auch für die Behandlung weiblicher Krankheiten insbe- sondre gültig seyn, eben so wie die allgemeinen Grundsätze der Hygiastik auch für das weibliche Geschlecht gegolten hat- ten, demohnerachtet können und müssen für die ärztliche Be- handlung, selbst solcher Krankheiten, welche beiden Geschlech- tern gemein sind, gewisse besondre Regeln aufgestellt werden, welche abermals auf die im Vorigen erörterte Individualität des Weibes im gesunden und kranken Zustande sich gründen werden. Wir gehen die wesentlichsten derselben hier durch: -- Es gehört aber hierher zunächst eine nach der allgemeinen Indivi- dualität des Weibes abgemessene Lebensordnung bey Krankheiten. Weibliche Kranke verlangen in der Regel besondere Vorsicht in der Anordnung ihrer äußern Umgebungen; ein recht ru- higes freundliches Krankenzimmer, recht sorgfältige Vermei- dung aller gewaltsamern Sinneseindrücke und Gemüthsbewe- gungen müssen sonach hier vorzüglich wünschenswerth seyn, und in Verbindung mit angemessener Diät (wo auch bey der Reconvaleszenz die erregenden roborirenden Dinge, als Wein u. dgl., bey übrigens gleichen Umständen, in weit weniger starken Dosen als beym männlichen Geschlecht gegeben wer- den dürfen) werden sie bey einem Körper, wo, fast wie im kindlichen, die Naturkraft überhaupt zur Heilung von Krank- heiten mehr vermag, vorzüglich viel zur Wiederherstellung der Gesundheit beytragen.
§. 115.
Ferner was die Darreichung von Arzneymitteln u. s. w. betrifft, so ist zuvörderst überhaupt zu bemerken, daß sehr heftig einwirkende, sogenannte heroische Heilmittel für das weibliche Geschlecht im Ganzen am wenigsten sich eignen,
und bewahrt wird, und in welchen die Reinheit und wohl- thuende Ruhe der edlen Frau ſich bewaͤhrt. —
b) Therapie.
§. 114.
Nothwendig zwar muͤſſen die allgemeinen Grundſaͤtze, nach denen wir die Heilung menſchlicher Krankheiten einlei- ten, auch fuͤr die Behandlung weiblicher Krankheiten insbe- ſondre guͤltig ſeyn, eben ſo wie die allgemeinen Grundſaͤtze der Hygiaſtik auch fuͤr das weibliche Geſchlecht gegolten hat- ten, demohnerachtet koͤnnen und muͤſſen fuͤr die aͤrztliche Be- handlung, ſelbſt ſolcher Krankheiten, welche beiden Geſchlech- tern gemein ſind, gewiſſe beſondre Regeln aufgeſtellt werden, welche abermals auf die im Vorigen eroͤrterte Individualitaͤt des Weibes im geſunden und kranken Zuſtande ſich gruͤnden werden. Wir gehen die weſentlichſten derſelben hier durch: — Es gehoͤrt aber hierher zunaͤchſt eine nach der allgemeinen Indivi- dualitaͤt des Weibes abgemeſſene Lebensordnung bey Krankheiten. Weibliche Kranke verlangen in der Regel beſondere Vorſicht in der Anordnung ihrer aͤußern Umgebungen; ein recht ru- higes freundliches Krankenzimmer, recht ſorgfaͤltige Vermei- dung aller gewaltſamern Sinneseindruͤcke und Gemuͤthsbewe- gungen muͤſſen ſonach hier vorzuͤglich wuͤnſchenswerth ſeyn, und in Verbindung mit angemeſſener Diaͤt (wo auch bey der Reconvaleszenz die erregenden roborirenden Dinge, als Wein u. dgl., bey uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden, in weit weniger ſtarken Doſen als beym maͤnnlichen Geſchlecht gegeben wer- den duͤrfen) werden ſie bey einem Koͤrper, wo, faſt wie im kindlichen, die Naturkraft uͤberhaupt zur Heilung von Krank- heiten mehr vermag, vorzuͤglich viel zur Wiederherſtellung der Geſundheit beytragen.
§. 115.
Ferner was die Darreichung von Arzneymitteln u. ſ. w. betrifft, ſo iſt zuvoͤrderſt uͤberhaupt zu bemerken, daß ſehr heftig einwirkende, ſogenannte heroiſche Heilmittel fuͤr das weibliche Geſchlecht im Ganzen am wenigſten ſich eignen,
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und bewahrt wird, und in welchen die Reinheit und wohl-
thuende Ruhe der edlen Frau ſich bewaͤhrt. —
b) Therapie.
§. 114.
Nothwendig zwar muͤſſen die allgemeinen Grundſaͤtze,
nach denen wir die Heilung menſchlicher Krankheiten einlei-
ten, auch fuͤr die Behandlung weiblicher Krankheiten insbe-
ſondre guͤltig ſeyn, eben ſo wie die allgemeinen Grundſaͤtze
der Hygiaſtik auch fuͤr das weibliche Geſchlecht gegolten hat-
ten, demohnerachtet koͤnnen und muͤſſen fuͤr die aͤrztliche Be-
handlung, ſelbſt ſolcher Krankheiten, welche beiden Geſchlech-
tern gemein ſind, gewiſſe beſondre Regeln aufgeſtellt werden,
welche abermals auf die im Vorigen eroͤrterte Individualitaͤt
des Weibes im geſunden und kranken Zuſtande ſich gruͤnden
werden. Wir gehen die weſentlichſten derſelben hier durch: —
Es gehoͤrt aber hierher zunaͤchſt eine nach der allgemeinen Indivi-
dualitaͤt des Weibes abgemeſſene Lebensordnung bey Krankheiten.
Weibliche Kranke verlangen in der Regel beſondere Vorſicht
in der Anordnung ihrer aͤußern Umgebungen; ein recht ru-
higes freundliches Krankenzimmer, recht ſorgfaͤltige Vermei-
dung aller gewaltſamern Sinneseindruͤcke und Gemuͤthsbewe-
gungen muͤſſen ſonach hier vorzuͤglich wuͤnſchenswerth ſeyn,
und in Verbindung mit angemeſſener Diaͤt (wo auch bey der
Reconvaleszenz die erregenden roborirenden Dinge, als Wein
u. dgl., bey uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden, in weit weniger
ſtarken Doſen als beym maͤnnlichen Geſchlecht gegeben wer-
den duͤrfen) werden ſie bey einem Koͤrper, wo, faſt wie im
kindlichen, die Naturkraft uͤberhaupt zur Heilung von Krank-
heiten mehr vermag, vorzuͤglich viel zur Wiederherſtellung
der Geſundheit beytragen.
§. 115.
Ferner was die Darreichung von Arzneymitteln u. ſ. w.
betrifft, ſo iſt zuvoͤrderſt uͤberhaupt zu bemerken, daß ſehr
heftig einwirkende, ſogenannte heroiſche Heilmittel fuͤr das
weibliche Geſchlecht im Ganzen am wenigſten ſich eignen,
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/104>, abgerufen am 21.11.2024.
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