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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
Fluß, als wenn er ein Unglaubiger gewesen, der keines Begräbnisses werth
wäre.

Der Sultan
bestätiget den
aufrührischen
Weßir in seinemAmte.
125.

Weil der Sultan aus diesen Umständen merkte, daß das Volk
heftiger gegen ihn erbittert war, als er sich es vorgestellet hatte: so sendete er
Dorodschan Aehmed 53 Pascha, den die Aufrührer zum Weßire gemacht hatten,
das Insiegel des Weßiramtes zu; bestätigte auch die übrigen Bedienten, die
von ihnen erwählet waren, in ihren Aemtern, und versprach denselben, ihnen
alle ihre Begehren zu verwilligen. Dabey ließ er ihnen melden, daß der Weßir
und Maurocordatus flüchtig geworden seyen; mit der Versicherung, daß sie
ihnen ausgeliefert werden sollten, so bald man sie ergreifen würde.

Sie laden Aeh-
med, des Sul-
tans Bruder,zu sich ein.
126.

Allein, sie wurden durch des Sultans Nachgeben nur noch ver-
messener gemacht; so daß sie den Rathschlag fasseten, ihn vom Throne zu setzen.
Zu dem Ende senden sie einen Brief an den Sultan Aehmed, Mustäfas Bru-
der, und ersuchen denselben, wo möglich, sich bey dem Heere einzufinden; denn
die Verbundenen trügen Bedenken, mit gewaffneter Hand in den kaiserlichen
Palast zu dringen. Wenn er aber entweder mit oder ohne seines Bruders
Erlaubniß herauskommen könne: so werde das Heer ihn unverzüglich zum
Kaiser ausrufen. Der Sultan Mustäfa, der diese Botschaft auffing, blieb
lange im Zweifel, ob er seinen Bruder umbringen, oder demselben den Thron
freywillig einräumen sollte. Viele von seinen Hausbedienten riethen ihm zum
Brudermorde, und stelleten vor, daß alsdann die Verschwornen genöthiget seyn
würden, ihn auf dem Throne zu bestätigen, wenn kein anderer Erbe des Reichs
mehr übrig sey. Allein, der Sultan hatte vor einer solchen That einen Abscheu,
und fassete den Entschluß, sich der göttlichen Vorsehung zu überlassen.

Aehmed wird
von seinem Bru-
der zuerst als
Sultan gegrü-
ßet; welches ein
sonst ungewöhn-
liches Beyspielist.
127.

Er gehet daher zu seinem Bruder, umarmet denselben mit großer
Zärtlichkeit, und thut ihm zu wissen, daß er durch das allgemeine Verlangen
des Volks ersuchet werde, den Thron in Besitz zu nehmen; grüßet ihn auch
[Spaltenumbruch]

53 Dorodschan Aehmed] Er hatte
vorher den Namen Damad (Schwiegersohn)
Aehmed Pascha; weil er die Schwester des
Weßirs, Aemidsche Ogli Husejn Paschas,
eine Enkelinn Kjüprili Mustäfa Paschas,
zur Ehe hatte: die das schönste Frauenzim-
[Spaltenumbruch]
mer zu ihrer Zeit; aber dabey so geil war,
daß sie beständig eine Menge Liebhaber, son-
derlich Franken, hielte. Nachher aber wur-
de er von den Aufrührern Dorodschan genen-
net; weil er dem Hetman der Kosaken, Do-
roschensko, gliche, dessen Geschichte ich oben*

zuerst
* 412, 422, 435, 439 S.

Osmaniſche Geſchichte
Fluß, als wenn er ein Unglaubiger geweſen, der keines Begraͤbniſſes werth
waͤre.

Der Sultan
beſtaͤtiget den
aufruͤhriſchen
Weßir in ſeinemAmte.
125.

Weil der Sultan aus dieſen Umſtaͤnden merkte, daß das Volk
heftiger gegen ihn erbittert war, als er ſich es vorgeſtellet hatte: ſo ſendete er
Dorodſchan Aehmed 53 Paſcha, den die Aufruͤhrer zum Weßire gemacht hatten,
das Inſiegel des Weßiramtes zu; beſtaͤtigte auch die uͤbrigen Bedienten, die
von ihnen erwaͤhlet waren, in ihren Aemtern, und verſprach denſelben, ihnen
alle ihre Begehren zu verwilligen. Dabey ließ er ihnen melden, daß der Weßir
und Maurocordatus fluͤchtig geworden ſeyen; mit der Verſicherung, daß ſie
ihnen ausgeliefert werden ſollten, ſo bald man ſie ergreifen wuͤrde.

Sie laden Aeh-
med, des Sul-
tans Bruder,zu ſich ein.
126.

Allein, ſie wurden durch des Sultans Nachgeben nur noch ver-
meſſener gemacht; ſo daß ſie den Rathſchlag faſſeten, ihn vom Throne zu ſetzen.
Zu dem Ende ſenden ſie einen Brief an den Sultan Aehmed, Muſtaͤfas Bru-
der, und erſuchen denſelben, wo moͤglich, ſich bey dem Heere einzufinden; denn
die Verbundenen truͤgen Bedenken, mit gewaffneter Hand in den kaiſerlichen
Palaſt zu dringen. Wenn er aber entweder mit oder ohne ſeines Bruders
Erlaubniß herauskommen koͤnne: ſo werde das Heer ihn unverzuͤglich zum
Kaiſer ausrufen. Der Sultan Muſtaͤfa, der dieſe Botſchaft auffing, blieb
lange im Zweifel, ob er ſeinen Bruder umbringen, oder demſelben den Thron
freywillig einraͤumen ſollte. Viele von ſeinen Hausbedienten riethen ihm zum
Brudermorde, und ſtelleten vor, daß alsdann die Verſchwornen genoͤthiget ſeyn
wuͤrden, ihn auf dem Throne zu beſtaͤtigen, wenn kein anderer Erbe des Reichs
mehr uͤbrig ſey. Allein, der Sultan hatte vor einer ſolchen That einen Abſcheu,
und faſſete den Entſchluß, ſich der goͤttlichen Vorſehung zu uͤberlaſſen.

Aehmed wird
von ſeinem Bru-
der zuerſt als
Sultan gegruͤ-
ßet; welches ein
ſonſt ungewoͤhn-
liches Beyſpieliſt.
127.

Er gehet daher zu ſeinem Bruder, umarmet denſelben mit großer
Zaͤrtlichkeit, und thut ihm zu wiſſen, daß er durch das allgemeine Verlangen
des Volks erſuchet werde, den Thron in Beſitz zu nehmen; gruͤßet ihn auch
[Spaltenumbruch]

53 Dorodſchan Aehmed] Er hatte
vorher den Namen Damad (Schwiegerſohn)
Aehmed Paſcha; weil er die Schweſter des
Weßirs, Aemidſche Ogli Huſejn Paſchas,
eine Enkelinn Kjuͤprili Muſtaͤfa Paſchas,
zur Ehe hatte: die das ſchoͤnſte Frauenzim-
[Spaltenumbruch]
mer zu ihrer Zeit; aber dabey ſo geil war,
daß ſie beſtaͤndig eine Menge Liebhaber, ſon-
derlich Franken, hielte. Nachher aber wur-
de er von den Aufruͤhrern Dorodſchan genen-
net; weil er dem Hetman der Koſaken, Do-
roſchenſko, gliche, deſſen Geſchichte ich oben*

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* 412, 422, 435, 439 S.
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[738/0852] Osmaniſche Geſchichte Fluß, als wenn er ein Unglaubiger geweſen, der keines Begraͤbniſſes werth waͤre. 125. Weil der Sultan aus dieſen Umſtaͤnden merkte, daß das Volk heftiger gegen ihn erbittert war, als er ſich es vorgeſtellet hatte: ſo ſendete er Dorodſchan Aehmed ⁵³ Paſcha, den die Aufruͤhrer zum Weßire gemacht hatten, das Inſiegel des Weßiramtes zu; beſtaͤtigte auch die uͤbrigen Bedienten, die von ihnen erwaͤhlet waren, in ihren Aemtern, und verſprach denſelben, ihnen alle ihre Begehren zu verwilligen. Dabey ließ er ihnen melden, daß der Weßir und Maurocordatus fluͤchtig geworden ſeyen; mit der Verſicherung, daß ſie ihnen ausgeliefert werden ſollten, ſo bald man ſie ergreifen wuͤrde. 126. Allein, ſie wurden durch des Sultans Nachgeben nur noch ver- meſſener gemacht; ſo daß ſie den Rathſchlag faſſeten, ihn vom Throne zu ſetzen. Zu dem Ende ſenden ſie einen Brief an den Sultan Aehmed, Muſtaͤfas Bru- der, und erſuchen denſelben, wo moͤglich, ſich bey dem Heere einzufinden; denn die Verbundenen truͤgen Bedenken, mit gewaffneter Hand in den kaiſerlichen Palaſt zu dringen. Wenn er aber entweder mit oder ohne ſeines Bruders Erlaubniß herauskommen koͤnne: ſo werde das Heer ihn unverzuͤglich zum Kaiſer ausrufen. Der Sultan Muſtaͤfa, der dieſe Botſchaft auffing, blieb lange im Zweifel, ob er ſeinen Bruder umbringen, oder demſelben den Thron freywillig einraͤumen ſollte. Viele von ſeinen Hausbedienten riethen ihm zum Brudermorde, und ſtelleten vor, daß alsdann die Verſchwornen genoͤthiget ſeyn wuͤrden, ihn auf dem Throne zu beſtaͤtigen, wenn kein anderer Erbe des Reichs mehr uͤbrig ſey. Allein, der Sultan hatte vor einer ſolchen That einen Abſcheu, und faſſete den Entſchluß, ſich der goͤttlichen Vorſehung zu uͤberlaſſen. 127. Er gehet daher zu ſeinem Bruder, umarmet denſelben mit großer Zaͤrtlichkeit, und thut ihm zu wiſſen, daß er durch das allgemeine Verlangen des Volks erſuchet werde, den Thron in Beſitz zu nehmen; gruͤßet ihn auch zuerſt ⁵³ Dorodſchan Aehmed] Er hatte vorher den Namen Damad (Schwiegerſohn) Aehmed Paſcha; weil er die Schweſter des Weßirs, Aemidſche Ogli Huſejn Paſchas, eine Enkelinn Kjuͤprili Muſtaͤfa Paſchas, zur Ehe hatte: die das ſchoͤnſte Frauenzim- mer zu ihrer Zeit; aber dabey ſo geil war, daß ſie beſtaͤndig eine Menge Liebhaber, ſon- derlich Franken, hielte. Nachher aber wur- de er von den Aufruͤhrern Dorodſchan genen- net; weil er dem Hetman der Koſaken, Do- roſchenſko, gliche, deſſen Geſchichte ich oben * erzaͤh- * 412, 422, 435, 439 S.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 738. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/852>, abgerufen am 22.11.2024.