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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
sen, und werde in wenigen Jahren Deutschland mit noch größerer Macht, als
iemals geschehen sey, überziehen. Da aber der osmanische Hof durch die trau-
rige Erfahrung die französischen Versprechen schon so oft von keiner Wirkung
[Spaltenumbruch]
Constantinopel anrichtete, war unter der
Weßirschaft Kälajlü* Aehmed Paschas. Er
hatte von dessen Vorweser, Silahtar Häsen
Pascha, die Vergünstigung erlanget, wegen
der Geburt eines Enkels seines Königes ein
Freudenfest zu halten, und dabey Stücke ab-
zufeuren und Freudenfeuer anzuzünden; und
hatte daher auf eine kostbare Malzeit zurich-
ten und alle erforderlichen Zuschickungen auf
dieses feierliche Fest machen lassen. Allein,
eben an dem Tage, da die Freudenbetreibun-
gen anheben sollten, wurde Silahtar Häsen
Pascha abgesetzet, und Kälajlü Aehmed Pascha
kam an dessen Stelle. So bald Feriole von
dieser Veränderung höret: so schicket er so
gleich seinen ersten Dolmetscher nach des
Weßirs Hause, um die Bestätigung des vo-
rigen Fermans anzuhalten. Weil er aber
dieselbe nicht erlangen kann, wegen der großen
Menge vornehmer Herren, die sich an der
Thüre des Weßirs versammelt hatten; und
verdrießlich ist, daß alle seine Zubereitungen
vergeblich seyn sollten: so entschließet er sich,
das Fest, kraft des alten Fermans, vor sich
gehen zu lassen. Als es Nacht wird und Kä-
lajlü Aehmed Pascha den Schein der Lichter
siehet: so erstaunet er über eine so ungewöhn-
liche Sache und daß dergleichen ohne sein
Wissen unternommen werde; schicket in der
ersten Hitze, ohne die Sache zu untersuchen,
Bostandschi Baschi zu dem Abgesandten, und
lässet ihm befehlen, die Lichter auszulöschen.
Weil aber Feriole sich weigert zu gehorchen:
so schicket der Weßir eben dieselbe Person zum
andernmale zu ihm, mit dem Befehle, ihn
auf freundliche Weise zu erinnern, daß er durch
[Spaltenumbruch]
seine unzeitige Hartnäckigkeit seine Ehre und
Leben nicht in Gefahr setzen möchte; denn er
habe bereits ein Ferman erhalten, die Unru-
hen durch seine Veranstaltung zu stillen, ohne
weiter anzufragen: und wenn der Gesandte
sich zu gehorchen weigern würde; so sollte er
die Lichter mit Gewalt auslöschen und alle
seine Zurüstungen zernichten. Hierauf ver-
setzet Feriole: "Wenn ihr die Rechte des
"Königes, meines Herrn, und die Freyhei-
"ten der Gesandtschaft mit Gewalt kränken
"wollt; so werde ich, weil ich verbunden
"bin, mein Leben für die Ehre meines Herrn
"aufzuopfern, dieses Haus nebst mir selbst
"und allen denen, die herein kommen, die
"mindeste Gewalt darinnen zu verüben, mit
"Pulver in die Luft sprengen, und hernach
"dem Könige, meinem Herrn, überlassen, für
"die mir geschehene Beleidigung Genug-
"thuung zu fordern." Während dieser
Verdrießlichkeiten gehet Ferioles erster Dol-
metscher, mit Namen la Fontaine, ein Mann,
der in den Sachen des osmanischen Hofes
sehr erfahren war, hin und löschet die Lichter,
die vor dem Hause brenneten, heimlich aus,
nicht nach der Reihe, wie sie stehen, sondern
hier eines und da eines; damit es aussehen
möchte, als wenn sie der Wind ausgewehet
hätte: die Gäste aber, da sie merken, in wel-
cher Gefahr sie sich befinden, schleichen sich
nach und nach davon, so daß Feriole genö-
thiget ist, aus Mangel der Gesellschaft das-
jenige zu thun, was er auf des Sultans Be-
fehl nicht thun wollte; das ist, seinem Feste
ein Ende zu machen. Jedoch, die Wahr-
heit zu gestehen: so war Feriole, seinen Ei-

befunden
* des Zinnenen.

Osmaniſche Geſchichte
ſen, und werde in wenigen Jahren Deutſchland mit noch groͤßerer Macht, als
iemals geſchehen ſey, uͤberziehen. Da aber der osmaniſche Hof durch die trau-
rige Erfahrung die franzoͤſiſchen Verſprechen ſchon ſo oft von keiner Wirkung
[Spaltenumbruch]
Conſtantinopel anrichtete, war unter der
Weßirſchaft Kaͤlajluͤ* Aehmed Paſchas. Er
hatte von deſſen Vorweſer, Silahtar Haͤſen
Paſcha, die Verguͤnſtigung erlanget, wegen
der Geburt eines Enkels ſeines Koͤniges ein
Freudenfeſt zu halten, und dabey Stuͤcke ab-
zufeuren und Freudenfeuer anzuzuͤnden; und
hatte daher auf eine koſtbare Malzeit zurich-
ten und alle erforderlichen Zuſchickungen auf
dieſes feierliche Feſt machen laſſen. Allein,
eben an dem Tage, da die Freudenbetreibun-
gen anheben ſollten, wurde Silahtar Haͤſen
Paſcha abgeſetzet, und Kaͤlajluͤ Aehmed Paſcha
kam an deſſen Stelle. So bald Feriole von
dieſer Veraͤnderung hoͤret: ſo ſchicket er ſo
gleich ſeinen erſten Dolmetſcher nach des
Weßirs Hauſe, um die Beſtaͤtigung des vo-
rigen Fermans anzuhalten. Weil er aber
dieſelbe nicht erlangen kann, wegen der großen
Menge vornehmer Herren, die ſich an der
Thuͤre des Weßirs verſammelt hatten; und
verdrießlich iſt, daß alle ſeine Zubereitungen
vergeblich ſeyn ſollten: ſo entſchließet er ſich,
das Feſt, kraft des alten Fermans, vor ſich
gehen zu laſſen. Als es Nacht wird und Kaͤ-
lajluͤ Aehmed Paſcha den Schein der Lichter
ſiehet: ſo erſtaunet er uͤber eine ſo ungewoͤhn-
liche Sache und daß dergleichen ohne ſein
Wiſſen unternommen werde; ſchicket in der
erſten Hitze, ohne die Sache zu unterſuchen,
Boſtandſchi Baſchi zu dem Abgeſandten, und
laͤſſet ihm befehlen, die Lichter auszuloͤſchen.
Weil aber Feriole ſich weigert zu gehorchen:
ſo ſchicket der Weßir eben dieſelbe Perſon zum
andernmale zu ihm, mit dem Befehle, ihn
auf freundliche Weiſe zu erinnern, daß er durch
[Spaltenumbruch]
ſeine unzeitige Hartnaͤckigkeit ſeine Ehre und
Leben nicht in Gefahr ſetzen moͤchte; denn er
habe bereits ein Ferman erhalten, die Unru-
hen durch ſeine Veranſtaltung zu ſtillen, ohne
weiter anzufragen: und wenn der Geſandte
ſich zu gehorchen weigern wuͤrde; ſo ſollte er
die Lichter mit Gewalt ausloͤſchen und alle
ſeine Zuruͤſtungen zernichten. Hierauf ver-
ſetzet Feriole: “Wenn ihr die Rechte des
“Koͤniges, meines Herrn, und die Freyhei-
“ten der Geſandtſchaft mit Gewalt kraͤnken
“wollt; ſo werde ich, weil ich verbunden
“bin, mein Leben fuͤr die Ehre meines Herrn
“aufzuopfern, dieſes Haus nebſt mir ſelbſt
“und allen denen, die herein kommen, die
“mindeſte Gewalt darinnen zu veruͤben, mit
“Pulver in die Luft ſprengen, und hernach
“dem Koͤnige, meinem Herrn, uͤberlaſſen, fuͤr
“die mir geſchehene Beleidigung Genug-
“thuung zu fordern.„ Waͤhrend dieſer
Verdrießlichkeiten gehet Ferioles erſter Dol-
metſcher, mit Namen la Fontaine, ein Mann,
der in den Sachen des osmaniſchen Hofes
ſehr erfahren war, hin und loͤſchet die Lichter,
die vor dem Hauſe brenneten, heimlich aus,
nicht nach der Reihe, wie ſie ſtehen, ſondern
hier eines und da eines; damit es ausſehen
moͤchte, als wenn ſie der Wind ausgewehet
haͤtte: die Gaͤſte aber, da ſie merken, in wel-
cher Gefahr ſie ſich befinden, ſchleichen ſich
nach und nach davon, ſo daß Feriole genoͤ-
thiget iſt, aus Mangel der Geſellſchaft das-
jenige zu thun, was er auf des Sultans Be-
fehl nicht thun wollte; das iſt, ſeinem Feſte
ein Ende zu machen. Jedoch, die Wahr-
heit zu geſtehen: ſo war Feriole, ſeinen Ei-

befunden
* des Zinnenen.
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[712/0826] Osmaniſche Geſchichte ſen, und werde in wenigen Jahren Deutſchland mit noch groͤßerer Macht, als iemals geſchehen ſey, uͤberziehen. Da aber der osmaniſche Hof durch die trau- rige Erfahrung die franzoͤſiſchen Verſprechen ſchon ſo oft von keiner Wirkung befunden Conſtantinopel anrichtete, war unter der Weßirſchaft Kaͤlajluͤ * Aehmed Paſchas. Er hatte von deſſen Vorweſer, Silahtar Haͤſen Paſcha, die Verguͤnſtigung erlanget, wegen der Geburt eines Enkels ſeines Koͤniges ein Freudenfeſt zu halten, und dabey Stuͤcke ab- zufeuren und Freudenfeuer anzuzuͤnden; und hatte daher auf eine koſtbare Malzeit zurich- ten und alle erforderlichen Zuſchickungen auf dieſes feierliche Feſt machen laſſen. Allein, eben an dem Tage, da die Freudenbetreibun- gen anheben ſollten, wurde Silahtar Haͤſen Paſcha abgeſetzet, und Kaͤlajluͤ Aehmed Paſcha kam an deſſen Stelle. So bald Feriole von dieſer Veraͤnderung hoͤret: ſo ſchicket er ſo gleich ſeinen erſten Dolmetſcher nach des Weßirs Hauſe, um die Beſtaͤtigung des vo- rigen Fermans anzuhalten. Weil er aber dieſelbe nicht erlangen kann, wegen der großen Menge vornehmer Herren, die ſich an der Thuͤre des Weßirs verſammelt hatten; und verdrießlich iſt, daß alle ſeine Zubereitungen vergeblich ſeyn ſollten: ſo entſchließet er ſich, das Feſt, kraft des alten Fermans, vor ſich gehen zu laſſen. Als es Nacht wird und Kaͤ- lajluͤ Aehmed Paſcha den Schein der Lichter ſiehet: ſo erſtaunet er uͤber eine ſo ungewoͤhn- liche Sache und daß dergleichen ohne ſein Wiſſen unternommen werde; ſchicket in der erſten Hitze, ohne die Sache zu unterſuchen, Boſtandſchi Baſchi zu dem Abgeſandten, und laͤſſet ihm befehlen, die Lichter auszuloͤſchen. Weil aber Feriole ſich weigert zu gehorchen: ſo ſchicket der Weßir eben dieſelbe Perſon zum andernmale zu ihm, mit dem Befehle, ihn auf freundliche Weiſe zu erinnern, daß er durch ſeine unzeitige Hartnaͤckigkeit ſeine Ehre und Leben nicht in Gefahr ſetzen moͤchte; denn er habe bereits ein Ferman erhalten, die Unru- hen durch ſeine Veranſtaltung zu ſtillen, ohne weiter anzufragen: und wenn der Geſandte ſich zu gehorchen weigern wuͤrde; ſo ſollte er die Lichter mit Gewalt ausloͤſchen und alle ſeine Zuruͤſtungen zernichten. Hierauf ver- ſetzet Feriole: “Wenn ihr die Rechte des “Koͤniges, meines Herrn, und die Freyhei- “ten der Geſandtſchaft mit Gewalt kraͤnken “wollt; ſo werde ich, weil ich verbunden “bin, mein Leben fuͤr die Ehre meines Herrn “aufzuopfern, dieſes Haus nebſt mir ſelbſt “und allen denen, die herein kommen, die “mindeſte Gewalt darinnen zu veruͤben, mit “Pulver in die Luft ſprengen, und hernach “dem Koͤnige, meinem Herrn, uͤberlaſſen, fuͤr “die mir geſchehene Beleidigung Genug- “thuung zu fordern.„ Waͤhrend dieſer Verdrießlichkeiten gehet Ferioles erſter Dol- metſcher, mit Namen la Fontaine, ein Mann, der in den Sachen des osmaniſchen Hofes ſehr erfahren war, hin und loͤſchet die Lichter, die vor dem Hauſe brenneten, heimlich aus, nicht nach der Reihe, wie ſie ſtehen, ſondern hier eines und da eines; damit es ausſehen moͤchte, als wenn ſie der Wind ausgewehet haͤtte: die Gaͤſte aber, da ſie merken, in wel- cher Gefahr ſie ſich befinden, ſchleichen ſich nach und nach davon, ſo daß Feriole genoͤ- thiget iſt, aus Mangel der Geſellſchaft das- jenige zu thun, was er auf des Sultans Be- fehl nicht thun wollte; das iſt, ſeinem Feſte ein Ende zu machen. Jedoch, die Wahr- heit zu geſtehen: ſo war Feriole, ſeinen Ei- genſinn * des Zinnenen.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 712. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/826>, abgerufen am 20.05.2024.