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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
[Spaltenumbruch]
selbe sich allda befinde: so vermochte er den
Sultan dahin, daß er Husejn Pascha absetz-
te, und Bättal Osman Aga mit dem Insiegel
des Weßirs nach Kjutahi an Daltaban sen-
dete, der nach Erhaltung desselben unver-
züglich nach Constantinopel kam. Als er
sich außen vor der Stadt bis auf den Abend
in dem Pulverhause aufhielte: so bekam er
daselbst Nachricht, daß Husejn Pascha auf
seinem Landhause, ungefähr acht Stunden
Weges von Constantinopel, aus der Welt
geschieden sey. Er begab sich also dahin,
wohnete dem Leichenbegängnisse bey, und lang-
te des andern Tages zu Adrianopel an, da er
den Weßirsrock von dem Sultane empfinge.
Am folgenden Morgen lässet er Rami Rejs
Efendi und Maurocordatus zu sich berufen,
und fraget dieselben: unter was für Bedin-
gungen sie mit den Deutschen und Polen Frie-
den gemacht haben. Diese geben ihm einen
vollständigen Bericht von dem ganzen Ge-
schäffte, was sie für Verhaltungsbefehle em-
pfangen haben, wie weit sie zu gehen bevoll-
mächtiget gewesen, und unter was für Be-
dingungen der Sultan ihnen befohlen habe,
dem Kriege ein Ende zu machen. Nachdem
Daltaban ihren Bericht vernommen hatte:
so fänget er voll Unmuths an, und saget;
"Ihr habt zwar euern Verhaltungsbefeh-
"len nachgelebet: allein diese Verhaltungs-
"befehle sind unfehlbar betrieglicher Weise
"erschlichen worden. Der Sultan hätte
"nimmermehr solche Verhaltungsbefehle ge-
"ben können, wenn man ihn nicht überre-
"det hätte, die osmanischen Sachen befän-
"den sich in solchen verzweifelten Umstän-
"den, daß das Reich nicht erhalten werden
"könne, ohne einen Frieden unter einigerley
"Bedingungen zu machen. Ich glaube,
"er muß nicht gewußt haben, was für Sol-
"daten, was für Feldhauptleute, was für
"Vormauern der osmanische Stat den Fein-
"den noch entgegen zu setzen hatte. Ohne
"Zweifel hat man ihm nicht berichtet, wie
[Spaltenumbruch]
"ich mit einer Handvoll Leute in Bosnien
"vier und zwanzig feste Plätze mit Vergie-
"ßung meines Bluts dem Feinde aus den
"Händen gerissen habe: und wie es gegan-
"gen seyn sollte, wenn die Verwalter der
"osmanischen Sachen allenthalben so treu-
"lich gehandelt hätten; das lässet sich leicht
"ermessen. Denn was mangelte dem os-
"manischen Reiche, um es in den Stand
"zu setzen, ich will nicht sagen, einem so
"schwachen Feinde Widerstand zu thun;
"sondern so gar seine Grenzen zu erweitern?
"Waren es etwan Soldaten? oder Feldhaupt-
"leute? oder Geld? Wahrhaftig nicht
"der Mangel einer von diesen Sachen: son-
"dern entweder der Mangel des Gehirns
"in euren Köpfen, die, hätte man sie nur
"mit Stroh ausstopfen sollen, besser müß-
"ten beschaffen gewesen seyn; oder aber
"euer Verrath war es, was euch verleitete,
"einen so ärgerlichen Frieden mit einem
"schwachen und erschöpften Feinde zu ma-
"chen, und hernach einen Sultan, der in
"öffentlichen Geschäfften unerfahren ist, zu
"überreden, daß er ihn guthieße und mit
"einem Eide bestätigte. Ich will zugeben,
"daß die Deutschen, weil wir es mit un-
"sern Sünden verdienet hatten, und weil
"die Schläfrigkeit und Unerfahrenheit der
"osmanischen Feldhauptleute ihnen Muth
"machte, etliche Siege über uns erhalten
"und uns einige Städte abgenommen hat-
"ten, die nicht wieder erobert werden konn-
"ten; allein, was hat euch bewogen, den
"Polen Kamjenjez, eine Festung, die von
"Natur und Kunst unüberwindlich ist, zu-
"rück zu geben und solchergestalt das beste
"Stück von des Sultan Muhämmeds Er-
"oberungen wegzuschleudern? Heißet die-
"ses nach der Vorschrift unsers Gesetzes ge-
"handelt? Sind dieses die Gebote unsers
"Propheten? Ist dieses die Weise, die
"Ehre des oliosmanischen Namens zu er-
"halten? Die göttliche Rache wird gewiß
Osmaniſche Geſchichte
[Spaltenumbruch]
ſelbe ſich allda befinde: ſo vermochte er den
Sultan dahin, daß er Huſejn Paſcha abſetz-
te, und Baͤttal Osman Aga mit dem Inſiegel
des Weßirs nach Kjutahi an Daltaban ſen-
dete, der nach Erhaltung deſſelben unver-
zuͤglich nach Conſtantinopel kam. Als er
ſich außen vor der Stadt bis auf den Abend
in dem Pulverhauſe aufhielte: ſo bekam er
daſelbſt Nachricht, daß Huſejn Paſcha auf
ſeinem Landhauſe, ungefaͤhr acht Stunden
Weges von Conſtantinopel, aus der Welt
geſchieden ſey. Er begab ſich alſo dahin,
wohnete dem Leichenbegaͤngniſſe bey, und lang-
te des andern Tages zu Adrianopel an, da er
den Weßirsrock von dem Sultane empfinge.
Am folgenden Morgen laͤſſet er Rami Rejs
Efendi und Maurocordatus zu ſich berufen,
und fraget dieſelben: unter was fuͤr Bedin-
gungen ſie mit den Deutſchen und Polen Frie-
den gemacht haben. Dieſe geben ihm einen
vollſtaͤndigen Bericht von dem ganzen Ge-
ſchaͤffte, was ſie fuͤr Verhaltungsbefehle em-
pfangen haben, wie weit ſie zu gehen bevoll-
maͤchtiget geweſen, und unter was fuͤr Be-
dingungen der Sultan ihnen befohlen habe,
dem Kriege ein Ende zu machen. Nachdem
Daltaban ihren Bericht vernommen hatte:
ſo faͤnget er voll Unmuths an, und ſaget;
“Ihr habt zwar euern Verhaltungsbefeh-
“len nachgelebet: allein dieſe Verhaltungs-
“befehle ſind unfehlbar betrieglicher Weiſe
“erſchlichen worden. Der Sultan haͤtte
“nimmermehr ſolche Verhaltungsbefehle ge-
“ben koͤnnen, wenn man ihn nicht uͤberre-
“det haͤtte, die osmaniſchen Sachen befaͤn-
“den ſich in ſolchen verzweifelten Umſtaͤn-
“den, daß das Reich nicht erhalten werden
“koͤnne, ohne einen Frieden unter einigerley
“Bedingungen zu machen. Ich glaube,
“er muß nicht gewußt haben, was fuͤr Sol-
“daten, was fuͤr Feldhauptleute, was fuͤr
“Vormauern der osmaniſche Stat den Fein-
“den noch entgegen zu ſetzen hatte. Ohne
“Zweifel hat man ihm nicht berichtet, wie
[Spaltenumbruch]
“ich mit einer Handvoll Leute in Bosnien
“vier und zwanzig feſte Plaͤtze mit Vergie-
“ßung meines Bluts dem Feinde aus den
“Haͤnden geriſſen habe: und wie es gegan-
“gen ſeyn ſollte, wenn die Verwalter der
“osmaniſchen Sachen allenthalben ſo treu-
“lich gehandelt haͤtten; das laͤſſet ſich leicht
“ermeſſen. Denn was mangelte dem os-
“maniſchen Reiche, um es in den Stand
“zu ſetzen, ich will nicht ſagen, einem ſo
“ſchwachen Feinde Widerſtand zu thun;
“ſondern ſo gar ſeine Grenzen zu erweitern?
“Waren es etwan Soldaten? oder Feldhaupt-
“leute? oder Geld? Wahrhaftig nicht
“der Mangel einer von dieſen Sachen: ſon-
“dern entweder der Mangel des Gehirns
“in euren Koͤpfen, die, haͤtte man ſie nur
“mit Stroh ausſtopfen ſollen, beſſer muͤß-
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“euer Verrath war es, was euch verleitete,
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“ſchwachen und erſchoͤpften Feinde zu ma-
“chen, und hernach einen Sultan, der in
“oͤffentlichen Geſchaͤfften unerfahren iſt, zu
“uͤberreden, daß er ihn guthieße und mit
“einem Eide beſtaͤtigte. Ich will zugeben,
“daß die Deutſchen, weil wir es mit un-
“ſern Suͤnden verdienet hatten, und weil
“die Schlaͤfrigkeit und Unerfahrenheit der
“osmaniſchen Feldhauptleute ihnen Muth
“machte, etliche Siege uͤber uns erhalten
“und uns einige Staͤdte abgenommen hat-
“ten, die nicht wieder erobert werden konn-
“ten; allein, was hat euch bewogen, den
“Polen Kamjenjez, eine Feſtung, die von
“Natur und Kunſt unuͤberwindlich iſt, zu-
“ruͤck zu geben und ſolchergeſtalt das beſte
“Stuͤck von des Sultan Muhaͤmmeds Er-
“oberungen wegzuſchleudern? Heißet die-
“ſes nach der Vorſchrift unſers Geſetzes ge-
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“Propheten? Iſt dieſes die Weiſe, die
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[696/0810] Osmaniſche Geſchichte ſelbe ſich allda befinde: ſo vermochte er den Sultan dahin, daß er Huſejn Paſcha abſetz- te, und Baͤttal Osman Aga mit dem Inſiegel des Weßirs nach Kjutahi an Daltaban ſen- dete, der nach Erhaltung deſſelben unver- zuͤglich nach Conſtantinopel kam. Als er ſich außen vor der Stadt bis auf den Abend in dem Pulverhauſe aufhielte: ſo bekam er daſelbſt Nachricht, daß Huſejn Paſcha auf ſeinem Landhauſe, ungefaͤhr acht Stunden Weges von Conſtantinopel, aus der Welt geſchieden ſey. Er begab ſich alſo dahin, wohnete dem Leichenbegaͤngniſſe bey, und lang- te des andern Tages zu Adrianopel an, da er den Weßirsrock von dem Sultane empfinge. Am folgenden Morgen laͤſſet er Rami Rejs Efendi und Maurocordatus zu ſich berufen, und fraget dieſelben: unter was fuͤr Bedin- gungen ſie mit den Deutſchen und Polen Frie- den gemacht haben. Dieſe geben ihm einen vollſtaͤndigen Bericht von dem ganzen Ge- ſchaͤffte, was ſie fuͤr Verhaltungsbefehle em- pfangen haben, wie weit ſie zu gehen bevoll- maͤchtiget geweſen, und unter was fuͤr Be- dingungen der Sultan ihnen befohlen habe, dem Kriege ein Ende zu machen. Nachdem Daltaban ihren Bericht vernommen hatte: ſo faͤnget er voll Unmuths an, und ſaget; “Ihr habt zwar euern Verhaltungsbefeh- “len nachgelebet: allein dieſe Verhaltungs- “befehle ſind unfehlbar betrieglicher Weiſe “erſchlichen worden. Der Sultan haͤtte “nimmermehr ſolche Verhaltungsbefehle ge- “ben koͤnnen, wenn man ihn nicht uͤberre- “det haͤtte, die osmaniſchen Sachen befaͤn- “den ſich in ſolchen verzweifelten Umſtaͤn- “den, daß das Reich nicht erhalten werden “koͤnne, ohne einen Frieden unter einigerley “Bedingungen zu machen. Ich glaube, “er muß nicht gewußt haben, was fuͤr Sol- “daten, was fuͤr Feldhauptleute, was fuͤr “Vormauern der osmaniſche Stat den Fein- “den noch entgegen zu ſetzen hatte. Ohne “Zweifel hat man ihm nicht berichtet, wie “ich mit einer Handvoll Leute in Bosnien “vier und zwanzig feſte Plaͤtze mit Vergie- “ßung meines Bluts dem Feinde aus den “Haͤnden geriſſen habe: und wie es gegan- “gen ſeyn ſollte, wenn die Verwalter der “osmaniſchen Sachen allenthalben ſo treu- “lich gehandelt haͤtten; das laͤſſet ſich leicht “ermeſſen. Denn was mangelte dem os- “maniſchen Reiche, um es in den Stand “zu ſetzen, ich will nicht ſagen, einem ſo “ſchwachen Feinde Widerſtand zu thun; “ſondern ſo gar ſeine Grenzen zu erweitern? “Waren es etwan Soldaten? oder Feldhaupt- “leute? oder Geld? Wahrhaftig nicht “der Mangel einer von dieſen Sachen: ſon- “dern entweder der Mangel des Gehirns “in euren Koͤpfen, die, haͤtte man ſie nur “mit Stroh ausſtopfen ſollen, beſſer muͤß- “ten beſchaffen geweſen ſeyn; oder aber “euer Verrath war es, was euch verleitete, “einen ſo aͤrgerlichen Frieden mit einem “ſchwachen und erſchoͤpften Feinde zu ma- “chen, und hernach einen Sultan, der in “oͤffentlichen Geſchaͤfften unerfahren iſt, zu “uͤberreden, daß er ihn guthieße und mit “einem Eide beſtaͤtigte. Ich will zugeben, “daß die Deutſchen, weil wir es mit un- “ſern Suͤnden verdienet hatten, und weil “die Schlaͤfrigkeit und Unerfahrenheit der “osmaniſchen Feldhauptleute ihnen Muth “machte, etliche Siege uͤber uns erhalten “und uns einige Staͤdte abgenommen hat- “ten, die nicht wieder erobert werden konn- “ten; allein, was hat euch bewogen, den “Polen Kamjenjez, eine Feſtung, die von “Natur und Kunſt unuͤberwindlich iſt, zu- “ruͤck zu geben und ſolchergeſtalt das beſte “Stuͤck von des Sultan Muhaͤmmeds Er- “oberungen wegzuſchleudern? Heißet die- “ſes nach der Vorſchrift unſers Geſetzes ge- “handelt? Sind dieſes die Gebote unſers “Propheten? Iſt dieſes die Weiſe, die “Ehre des oliosmaniſchen Namens zu er- “halten? Die goͤttliche Rache wird gewiß die-

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 696. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/810>, abgerufen am 20.05.2024.