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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
lich geführten Krieg bey dem gesammten Volke erworben hatte, dahin, daß Aeh-
med gleich des andern Tages nach seines Bruders Sülejmans Tode einstimmig
zum Kaiser erkläret wurde.

Der neue
Sultan begiebt
sich nach Adria-nopel.
3.

Damit aber die Misvergnügten nicht von des Sultans Dummheit
Anlaß nehmen möchten, eine Empörung zu erregen: so ging er im Anfange des
Monats Schewwal mit demselben nach Adrianopel, und bestellete Aemidsche Ogli
Husejn 1 Pascha zum Kaimmäkam zu Constantinopel; nachgehends erhob er
denselben zu der Würde des Kapudan Paschas, und beförderte Aerebedschi Ali 2 Pascha an seine Stelle. Zu Adrianopel wendete er allen seinen Fleiß auf die
Kriegeszurüstungen, welches zu thun er vorher durch die Unbäßlichkeit des Sul-
tans war verhindert worden.

[Spaltenumbruch]
1 Aemidsche Ogli Husejn] Dieser
Mann ist sowol bey den Türken, als bey den
Christen, sehr berühmt, und zwar wegen des
carlowitschischen Friedens, der zu seiner Zeit
geschlossen wurde. Kjüprili Aehmed Pascha
hatte ihm den Namen Aemidsche Ogli beyge-
leget, weil dessen Vater sein Oheim war*.
Nachdem er von Kjüprili zuerst erhoben wor-
den war: so ging er verschiedene Aemter hin-
durch, nämlich des Kaimmäkams zu Constan-
tinopel, des Großadmirals oder Kapudan
Paschas, und des Statthalters zu Belgrad,
bis zu der Würde des obersten Weßirs.
Diese erhielte er damals, als sie durch den
Tod Elmas Mehemmed Paschas verlediget
wurde, der in der Schlacht bey Senta, nebst
den übrigen Befehlhabern des türkischen Hee-
res, bliebe. Er war ein gerechter und ehrli-
cher Mann, wiewol von nicht gar scharfsinni-
gem Verstande. Jedoch war er nicht so gar
dumm oder eigensinnig, daß er nicht von an-
dern Vorstellungen und Rathschläge ange-
nommen hätte, sonderlich von dem Rejs
Efendi, Rami, und von Alexander Mauro-
cordatus: und dieses war die Ursache, war-
[Spaltenumbruch]
um seine Blödigkeit des Verstandes dem
State keinen sonderlichen Nachtheil brachte.
Während der ganzen Zeit seiner Verwaltung
war er erstlich darauf bedacht, dem langwie-
rigen und unglücklichen Kriege, damit das
osmanische Reich geplaget war, auf eine oder
die andere Weise ein Ende zu machen, und
alsdann den Frieden, den er gemacht hatte,
heilig zu halten; um sowol sich selbst, als den
Ländern, die unter dem türkischen Zepter ste-
hen, Zeit zu verschaffen, sich wieder zu er-
holen. Diese seine Bemühungen aber waren
die Ursache, daß er in Ungnade fiel, wie ich in
der Geschichte selbst ausführlich erzählet habe,
so daß es hier zu wiederholen unnöthig ist.
Er war ein so großer Liebhaber von einer ge-
wissen Gattung Brantewein, daß er ohne den-
selben nicht leben konnte. Wie er zu dieser
Gewohnheit gekommen ist, das weis ich nicht.
Der Brantewein war aus Wein gebrannt,
und wurde ihm von einem Christen von Alep-
po, den er als Arzt bey sich im Hause hielte,
zubereitet. Er war so stark, daß ein einzi-
ger Tropfen davon einen in dem Schlunde
brennete. Damit er desto mehr Freyheit
4. Es
* Aemidsche heißet einen Oheim, und Aemidsche Ogli, Geschwisterkinder.

Osmaniſche Geſchichte
lich gefuͤhrten Krieg bey dem geſammten Volke erworben hatte, dahin, daß Aeh-
med gleich des andern Tages nach ſeines Bruders Suͤlejmans Tode einſtimmig
zum Kaiſer erklaͤret wurde.

Der neue
Sultan begiebt
ſich nach Adria-nopel.
3.

Damit aber die Misvergnuͤgten nicht von des Sultans Dummheit
Anlaß nehmen moͤchten, eine Empoͤrung zu erregen: ſo ging er im Anfange des
Monats Schewwal mit demſelben nach Adrianopel, und beſtellete Aemidſche Ogli
Huſejn 1 Paſcha zum Kaimmaͤkam zu Conſtantinopel; nachgehends erhob er
denſelben zu der Wuͤrde des Kapudan Paſchas, und befoͤrderte Aerebedſchi Ali 2 Paſcha an ſeine Stelle. Zu Adrianopel wendete er allen ſeinen Fleiß auf die
Kriegeszuruͤſtungen, welches zu thun er vorher durch die Unbaͤßlichkeit des Sul-
tans war verhindert worden.

[Spaltenumbruch]
1 Aemidſche Ogli Huſejn] Dieſer
Mann iſt ſowol bey den Tuͤrken, als bey den
Chriſten, ſehr beruͤhmt, und zwar wegen des
carlowitſchiſchen Friedens, der zu ſeiner Zeit
geſchloſſen wurde. Kjuͤprili Aehmed Paſcha
hatte ihm den Namen Aemidſche Ogli beyge-
leget, weil deſſen Vater ſein Oheim war*.
Nachdem er von Kjuͤprili zuerſt erhoben wor-
den war: ſo ging er verſchiedene Aemter hin-
durch, naͤmlich des Kaimmaͤkams zu Conſtan-
tinopel, des Großadmirals oder Kapudan
Paſchas, und des Statthalters zu Belgrad,
bis zu der Wuͤrde des oberſten Weßirs.
Dieſe erhielte er damals, als ſie durch den
Tod Elmas Mehemmed Paſchas verlediget
wurde, der in der Schlacht bey Senta, nebſt
den uͤbrigen Befehlhabern des tuͤrkiſchen Hee-
res, bliebe. Er war ein gerechter und ehrli-
cher Mann, wiewol von nicht gar ſcharfſinni-
gem Verſtande. Jedoch war er nicht ſo gar
dumm oder eigenſinnig, daß er nicht von an-
dern Vorſtellungen und Rathſchlaͤge ange-
nommen haͤtte, ſonderlich von dem Rejs
Efendi, Rami, und von Alexander Mauro-
cordatus: und dieſes war die Urſache, war-
[Spaltenumbruch]
um ſeine Bloͤdigkeit des Verſtandes dem
State keinen ſonderlichen Nachtheil brachte.
Waͤhrend der ganzen Zeit ſeiner Verwaltung
war er erſtlich darauf bedacht, dem langwie-
rigen und ungluͤcklichen Kriege, damit das
osmaniſche Reich geplaget war, auf eine oder
die andere Weiſe ein Ende zu machen, und
alsdann den Frieden, den er gemacht hatte,
heilig zu halten; um ſowol ſich ſelbſt, als den
Laͤndern, die unter dem tuͤrkiſchen Zepter ſte-
hen, Zeit zu verſchaffen, ſich wieder zu er-
holen. Dieſe ſeine Bemuͤhungen aber waren
die Urſache, daß er in Ungnade fiel, wie ich in
der Geſchichte ſelbſt ausfuͤhrlich erzaͤhlet habe,
ſo daß es hier zu wiederholen unnoͤthig iſt.
Er war ein ſo großer Liebhaber von einer ge-
wiſſen Gattung Brantewein, daß er ohne den-
ſelben nicht leben konnte. Wie er zu dieſer
Gewohnheit gekommen iſt, das weis ich nicht.
Der Brantewein war aus Wein gebrannt,
und wurde ihm von einem Chriſten von Alep-
po, den er als Arzt bey ſich im Hauſe hielte,
zubereitet. Er war ſo ſtark, daß ein einzi-
ger Tropfen davon einen in dem Schlunde
brennete. Damit er deſto mehr Freyheit
4. Es
* Aemidſche heißet einen Oheim, und Aemidſche Ogli, Geſchwiſterkinder.
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[618/0730] Osmaniſche Geſchichte lich gefuͤhrten Krieg bey dem geſammten Volke erworben hatte, dahin, daß Aeh- med gleich des andern Tages nach ſeines Bruders Suͤlejmans Tode einſtimmig zum Kaiſer erklaͤret wurde. 3. Damit aber die Misvergnuͤgten nicht von des Sultans Dummheit Anlaß nehmen moͤchten, eine Empoͤrung zu erregen: ſo ging er im Anfange des Monats Schewwal mit demſelben nach Adrianopel, und beſtellete Aemidſche Ogli Huſejn ¹ Paſcha zum Kaimmaͤkam zu Conſtantinopel; nachgehends erhob er denſelben zu der Wuͤrde des Kapudan Paſchas, und befoͤrderte Aerebedſchi Ali ² Paſcha an ſeine Stelle. Zu Adrianopel wendete er allen ſeinen Fleiß auf die Kriegeszuruͤſtungen, welches zu thun er vorher durch die Unbaͤßlichkeit des Sul- tans war verhindert worden. 4. Es ¹ Aemidſche Ogli Huſejn] Dieſer Mann iſt ſowol bey den Tuͤrken, als bey den Chriſten, ſehr beruͤhmt, und zwar wegen des carlowitſchiſchen Friedens, der zu ſeiner Zeit geſchloſſen wurde. Kjuͤprili Aehmed Paſcha hatte ihm den Namen Aemidſche Ogli beyge- leget, weil deſſen Vater ſein Oheim war *. Nachdem er von Kjuͤprili zuerſt erhoben wor- den war: ſo ging er verſchiedene Aemter hin- durch, naͤmlich des Kaimmaͤkams zu Conſtan- tinopel, des Großadmirals oder Kapudan Paſchas, und des Statthalters zu Belgrad, bis zu der Wuͤrde des oberſten Weßirs. Dieſe erhielte er damals, als ſie durch den Tod Elmas Mehemmed Paſchas verlediget wurde, der in der Schlacht bey Senta, nebſt den uͤbrigen Befehlhabern des tuͤrkiſchen Hee- res, bliebe. Er war ein gerechter und ehrli- cher Mann, wiewol von nicht gar ſcharfſinni- gem Verſtande. Jedoch war er nicht ſo gar dumm oder eigenſinnig, daß er nicht von an- dern Vorſtellungen und Rathſchlaͤge ange- nommen haͤtte, ſonderlich von dem Rejs Efendi, Rami, und von Alexander Mauro- cordatus: und dieſes war die Urſache, war- um ſeine Bloͤdigkeit des Verſtandes dem State keinen ſonderlichen Nachtheil brachte. Waͤhrend der ganzen Zeit ſeiner Verwaltung war er erſtlich darauf bedacht, dem langwie- rigen und ungluͤcklichen Kriege, damit das osmaniſche Reich geplaget war, auf eine oder die andere Weiſe ein Ende zu machen, und alsdann den Frieden, den er gemacht hatte, heilig zu halten; um ſowol ſich ſelbſt, als den Laͤndern, die unter dem tuͤrkiſchen Zepter ſte- hen, Zeit zu verſchaffen, ſich wieder zu er- holen. Dieſe ſeine Bemuͤhungen aber waren die Urſache, daß er in Ungnade fiel, wie ich in der Geſchichte ſelbſt ausfuͤhrlich erzaͤhlet habe, ſo daß es hier zu wiederholen unnoͤthig iſt. Er war ein ſo großer Liebhaber von einer ge- wiſſen Gattung Brantewein, daß er ohne den- ſelben nicht leben konnte. Wie er zu dieſer Gewohnheit gekommen iſt, das weis ich nicht. Der Brantewein war aus Wein gebrannt, und wurde ihm von einem Chriſten von Alep- po, den er als Arzt bey ſich im Hauſe hielte, zubereitet. Er war ſo ſtark, daß ein einzi- ger Tropfen davon einen in dem Schlunde brennete. Damit er deſto mehr Freyheit ha- * Aemidſche heißet einen Oheim, und Aemidſche Ogli, Geſchwiſterkinder.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 618. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/730>, abgerufen am 21.11.2024.