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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
so vertheidigen sie ihren Herrn mit dem Säbel in der Hand auf das tapferste.
Da erfolget nun ein hitziges und blutiges Gefechte, dabey über hundert und
funfzig von den Aufrührern auf der Treppe umgebracht, und ihrer eben so viel
verwundet werden. Zuletzt aber bekommt die Menge über die Tapferkeit die
Oberhand, so daß viele von des Weßirs Partey erschlagen werden: die übrigen
fliehen auf das Dach hinauf, und stürzen sich von da herunter in die Straße.
Der Weßir, als seine Leute zerstreuet sind, ziehet sich nochmals zurück in sein
Zimmer, und bringet in der Thüre mit seinem Säbel zwölf Jeng-itscheri ums
Leben. Endlich aber, nachdem er mehr vom Siegen ermüdet, als selbst besie-
get worden war, wurde er von den Soldaten darnieder geschlagen und umge-
bracht. Seinen Körper hieben sie in Stücke, und warfen dieselben durch die
Fenster herunter in die Straße.

[Spaltenumbruch]
Sonnabends, Montags und Mittwochs, ist
der Weßir verbunden, in dem Diwan zu er-
scheinen und dem Volke Recht zu sprechen:
es wäre dann, daß er durch sehr wichtige
Angelegenheiten verhindert würde, welches
sich aber selten zuträget. Wenn er aber Ver-
hinderung hat: so vertritt Tschawsch Baschi
seine Stelle. Der Sonntag und Dienstag
wird ausgesetzet für des Sultans Diwan
oder Gälebe Diwani. Der Donnerstag ist
der Ruhetag, und wird daher auch tatlü
Gjüni* genennet. Der Weßir hat zu Bey-
ständen, am Freytage, die beyden Kaßijül-
äskjer, den anadolischen zur linken und den
rumilischen zur rechten Hand; von denen der
erstere bloß als Zuhörer, der letztere aber als
Richter dabey sitzet: am Sonnabend, Galata
Mewlasi oder den Richter von Pera: am
Montage, Ejjub Mewlasi und Ueskjiüdar
Mewlasi: am Mittwochen, Istambol Efen-
disi. Ehe diese kommen, werden beyde Par-
teyen von Tschawsch Baschi in zwo Reihen
gestellet, mit einem Tschawsch dabey, als ei-
ner Wache, und ihnen bedeutet, daß sie war-
ten sollen, bis der Weßir kommt, während
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welcher Zeit sie ihr Aerßuhal in der Hand
halten müssen. Wann der Weßir kommt
und das goldgewirkte Tuch, Ischkir2* genen-
net, darauf er schreibet, vor sich hat auf-
breiten lassen: so giebt der vorderste Kläger
zur linken Hand seine Klagschrift dem
Tschawsch; der Tschawsch überreichet dieselbe
Tschawsch Baschi oder einem andern von sei-
nen Befehlhabern, dergleichen sind Tschawsch-
lar Kjatibi und Tschawschlar Emini, und die-
ser giebet sie dem Büjükj Teßkjeredschi, der
dem Weßire zur linken Hand stehet. Der
Teßkjeredschi lieset das Aerßuhal mit lauter
Stimme her, darauf beyde Parteyen öffent-
lich gehöret werden. Nachdem die Gründe
auf beyden Seiten erwogen worden: so ste-
hen die Beysitzer, sie seyen welche sie wollen,
auf, fassen den ganzen Handel in eine kurze
Vorstellung zusammen, und fügen hinzu,
was für ein Urtheil den göttlichen Rechten
nach müsse abgefasset werden. Wenn nun
der Weßir dasselbe gutheißet: so setzet der
Teßkjeredschi seine Hand auf den obern lee-
ren Raum des Aerßuhals, und der Weßir
bestätiget das Urtheil durch Unterschreibung
7. Hier-
* der süße Tag.
2* das Feld der Geschäffte.

Osmaniſche Geſchichte
ſo vertheidigen ſie ihren Herrn mit dem Saͤbel in der Hand auf das tapferſte.
Da erfolget nun ein hitziges und blutiges Gefechte, dabey uͤber hundert und
funfzig von den Aufruͤhrern auf der Treppe umgebracht, und ihrer eben ſo viel
verwundet werden. Zuletzt aber bekommt die Menge uͤber die Tapferkeit die
Oberhand, ſo daß viele von des Weßirs Partey erſchlagen werden: die uͤbrigen
fliehen auf das Dach hinauf, und ſtuͤrzen ſich von da herunter in die Straße.
Der Weßir, als ſeine Leute zerſtreuet ſind, ziehet ſich nochmals zuruͤck in ſein
Zimmer, und bringet in der Thuͤre mit ſeinem Saͤbel zwoͤlf Jeng-itſcheri ums
Leben. Endlich aber, nachdem er mehr vom Siegen ermuͤdet, als ſelbſt beſie-
get worden war, wurde er von den Soldaten darnieder geſchlagen und umge-
bracht. Seinen Koͤrper hieben ſie in Stuͤcke, und warfen dieſelben durch die
Fenſter herunter in die Straße.

[Spaltenumbruch]
Sonnabends, Montags und Mittwochs, iſt
der Weßir verbunden, in dem Diwan zu er-
ſcheinen und dem Volke Recht zu ſprechen:
es waͤre dann, daß er durch ſehr wichtige
Angelegenheiten verhindert wuͤrde, welches
ſich aber ſelten zutraͤget. Wenn er aber Ver-
hinderung hat: ſo vertritt Tſchawſch Baſchi
ſeine Stelle. Der Sonntag und Dienſtag
wird ausgeſetzet fuͤr des Sultans Diwan
oder Gaͤlebe Diwani. Der Donnerſtag iſt
der Ruhetag, und wird daher auch tatluͤ
Gjuͤni* genennet. Der Weßir hat zu Bey-
ſtaͤnden, am Freytage, die beyden Kaßijuͤl-
aͤskjer, den anadoliſchen zur linken und den
rumiliſchen zur rechten Hand; von denen der
erſtere bloß als Zuhoͤrer, der letztere aber als
Richter dabey ſitzet: am Sonnabend, Galata
Mewlaſi oder den Richter von Pera: am
Montage, Ejjub Mewlaſi und Ueskjiuͤdar
Mewlaſi: am Mittwochen, Iſtambol Efen-
diſi. Ehe dieſe kommen, werden beyde Par-
teyen von Tſchawſch Baſchi in zwo Reihen
geſtellet, mit einem Tſchawſch dabey, als ei-
ner Wache, und ihnen bedeutet, daß ſie war-
ten ſollen, bis der Weßir kommt, waͤhrend
[Spaltenumbruch]
welcher Zeit ſie ihr Aerßuhal in der Hand
halten muͤſſen. Wann der Weßir kommt
und das goldgewirkte Tuch, Iſchkir2* genen-
net, darauf er ſchreibet, vor ſich hat auf-
breiten laſſen: ſo giebt der vorderſte Klaͤger
zur linken Hand ſeine Klagſchrift dem
Tſchawſch; der Tſchawſch uͤberreichet dieſelbe
Tſchawſch Baſchi oder einem andern von ſei-
nen Befehlhabern, dergleichen ſind Tſchawſch-
lar Kjatibi und Tſchawſchlar Emini, und die-
ſer giebet ſie dem Buͤjuͤkj Teßkjeredſchi, der
dem Weßire zur linken Hand ſtehet. Der
Teßkjeredſchi lieſet das Aerßuhal mit lauter
Stimme her, darauf beyde Parteyen oͤffent-
lich gehoͤret werden. Nachdem die Gruͤnde
auf beyden Seiten erwogen worden: ſo ſte-
hen die Beyſitzer, ſie ſeyen welche ſie wollen,
auf, faſſen den ganzen Handel in eine kurze
Vorſtellung zuſammen, und fuͤgen hinzu,
was fuͤr ein Urtheil den goͤttlichen Rechten
nach muͤſſe abgefaſſet werden. Wenn nun
der Weßir daſſelbe gutheißet: ſo ſetzet der
Teßkjeredſchi ſeine Hand auf den obern lee-
ren Raum des Aerßuhals, und der Weßir
beſtaͤtiget das Urtheil durch Unterſchreibung
7. Hier-
* der ſuͤße Tag.
2* das Feld der Geſchaͤffte.
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[568/0678] Osmaniſche Geſchichte ſo vertheidigen ſie ihren Herrn mit dem Saͤbel in der Hand auf das tapferſte. Da erfolget nun ein hitziges und blutiges Gefechte, dabey uͤber hundert und funfzig von den Aufruͤhrern auf der Treppe umgebracht, und ihrer eben ſo viel verwundet werden. Zuletzt aber bekommt die Menge uͤber die Tapferkeit die Oberhand, ſo daß viele von des Weßirs Partey erſchlagen werden: die uͤbrigen fliehen auf das Dach hinauf, und ſtuͤrzen ſich von da herunter in die Straße. Der Weßir, als ſeine Leute zerſtreuet ſind, ziehet ſich nochmals zuruͤck in ſein Zimmer, und bringet in der Thuͤre mit ſeinem Saͤbel zwoͤlf Jeng-itſcheri ums Leben. Endlich aber, nachdem er mehr vom Siegen ermuͤdet, als ſelbſt beſie- get worden war, wurde er von den Soldaten darnieder geſchlagen und umge- bracht. Seinen Koͤrper hieben ſie in Stuͤcke, und warfen dieſelben durch die Fenſter herunter in die Straße. 7. Hier- Sonnabends, Montags und Mittwochs, iſt der Weßir verbunden, in dem Diwan zu er- ſcheinen und dem Volke Recht zu ſprechen: es waͤre dann, daß er durch ſehr wichtige Angelegenheiten verhindert wuͤrde, welches ſich aber ſelten zutraͤget. Wenn er aber Ver- hinderung hat: ſo vertritt Tſchawſch Baſchi ſeine Stelle. Der Sonntag und Dienſtag wird ausgeſetzet fuͤr des Sultans Diwan oder Gaͤlebe Diwani. Der Donnerſtag iſt der Ruhetag, und wird daher auch tatluͤ Gjuͤni * genennet. Der Weßir hat zu Bey- ſtaͤnden, am Freytage, die beyden Kaßijuͤl- aͤskjer, den anadoliſchen zur linken und den rumiliſchen zur rechten Hand; von denen der erſtere bloß als Zuhoͤrer, der letztere aber als Richter dabey ſitzet: am Sonnabend, Galata Mewlaſi oder den Richter von Pera: am Montage, Ejjub Mewlaſi und Ueskjiuͤdar Mewlaſi: am Mittwochen, Iſtambol Efen- diſi. Ehe dieſe kommen, werden beyde Par- teyen von Tſchawſch Baſchi in zwo Reihen geſtellet, mit einem Tſchawſch dabey, als ei- ner Wache, und ihnen bedeutet, daß ſie war- ten ſollen, bis der Weßir kommt, waͤhrend welcher Zeit ſie ihr Aerßuhal in der Hand halten muͤſſen. Wann der Weßir kommt und das goldgewirkte Tuch, Iſchkir 2* genen- net, darauf er ſchreibet, vor ſich hat auf- breiten laſſen: ſo giebt der vorderſte Klaͤger zur linken Hand ſeine Klagſchrift dem Tſchawſch; der Tſchawſch uͤberreichet dieſelbe Tſchawſch Baſchi oder einem andern von ſei- nen Befehlhabern, dergleichen ſind Tſchawſch- lar Kjatibi und Tſchawſchlar Emini, und die- ſer giebet ſie dem Buͤjuͤkj Teßkjeredſchi, der dem Weßire zur linken Hand ſtehet. Der Teßkjeredſchi lieſet das Aerßuhal mit lauter Stimme her, darauf beyde Parteyen oͤffent- lich gehoͤret werden. Nachdem die Gruͤnde auf beyden Seiten erwogen worden: ſo ſte- hen die Beyſitzer, ſie ſeyen welche ſie wollen, auf, faſſen den ganzen Handel in eine kurze Vorſtellung zuſammen, und fuͤgen hinzu, was fuͤr ein Urtheil den goͤttlichen Rechten nach muͤſſe abgefaſſet werden. Wenn nun der Weßir daſſelbe gutheißet: ſo ſetzet der Teßkjeredſchi ſeine Hand auf den obern lee- ren Raum des Aerßuhals, und der Weßir beſtaͤtiget das Urtheil durch Unterſchreibung des * der ſuͤße Tag. 2* das Feld der Geſchaͤffte.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 568. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/678>, abgerufen am 22.11.2024.