besser verdienete, und ihnen nicht allein versprochen hätte, ihnen ihren Sold auszuzahlen; sondern auch die Befehlhabung über das Heer mit mehrerm Glücke und mehrerer Klugheit führen würde, als Sülejman Pascha.
Der Weßir be- findet die Sache so verzweifelt schlimm, daß er heimlich bey Nachtzeit nach Constantinopelentweichet.
176.
Als der Weßir siehet, daß das Heer durch keine Mittel kann begü- tiget werden, und daß er selbst in Gefahr seines Lebens ist: so entweichet er heimlich bey Nachtzeit aus dem Lager, und fliehet nach Constantinopel; da der- selbe dem Sultane die erste Zeitung von diesem Aufstande bringet. Er leget alle Schuld auf Sijawusch, und klaget denselben nebst einigen andern an, daß sie die Soldaten verhetzten; nachdem sie bereits durch Verrath ihn um den Sieg über die Deutschen, dessen er bey nahe schon versichert gewesen wäre, gebracht hätten.
Er wird von dem Sultane gnädig auf- und in Schutz ge-nommen.
177.
Der Sultan Muhämmed, der wegen der vorigen Thaten Sülej- man Paschas eine allzu große Meinung von dessen Klugheit und Tapferkeit gefas- set hatte, glaubte die Sache gar leicht, wie er ihm dieselbe vorstellete. Er be- klagte mit Threnen das Unglück, das ihm und dem Weßire zugleich begegne; und befahl demselben, sich zu verbergen, bis er von den Absichten der Aufrührer gewissere Nachricht einziehen könnte. Sülejman war durch diese Probe von des Sultans Gewogenheit gegen sich völlig überzeuget, und flohe in das Haus eines gewissen Griechen, mit Namen Manolaki 87, nicht weit von dem Palaste, in der Straße Kurutscheschme 88 gelegen; da sich derselbe sieben und zwanzig Tage lang verborgen hielte, so daß kein Mensch darum wußte, ausgenommen der Sultan und sein höchstgetreuer Freund, der Kißlar Aga.
Das Heer tritt auf Anstiften Sijawusch Pa- schas, als Haup- tes der Aufrüh- rer, in eine Ver- schwerung gegenden Sultan.
178.
Als Sijawusch Pascha gewahr wurde, daß der Weßir die Flucht genommen hatte: so berief er eine Rathsversammlung von den Häuptern der Aufrührer zu Belgrad zusammen, und vermochte dieselben dahin, daß sie den Entschluß fasseten, den Sultan abzusetzen und einige von den Großen ums Leben [Spaltenumbruch]
87 Manolaki] Ein sehr reicher Grieche, der zwar von geringem Herkommen und unge- lehrt, dennoch aber ein großer Gönner und Beförderer der Gelehrtheit war. Er bauete im Phanarium eine sehr große Schule, von der ich bereits in dem ersten Theile meiner Geschichte Nachricht gegeben habe.*
[Spaltenumbruch]
88 Kurutscheschme] auf Deutsch, eine trockene Quelle. Dieses ist der Name eines Dorfes an dem thracischen Bosphor oder Meere von Marmora, ungefähr sechs Mei- len2* von Constantinopel gelegen. Eigentlich wird das Wort Kurukjesme geschrieben, das ist, ein trockener Fels; weil daselbst ein rau-
zu brin-
* 143 S. 10 Anm.
2* 31/2 deutsche Meilen.
Osmaniſche Geſchichte
beſſer verdienete, und ihnen nicht allein verſprochen haͤtte, ihnen ihren Sold auszuzahlen; ſondern auch die Befehlhabung uͤber das Heer mit mehrerm Gluͤcke und mehrerer Klugheit fuͤhren wuͤrde, als Suͤlejman Paſcha.
Der Weßir be- findet die Sache ſo verzweifelt ſchlimm, daß er heimlich bey Nachtzeit nach Conſtantinopelentweichet.
176.
Als der Weßir ſiehet, daß das Heer durch keine Mittel kann beguͤ- tiget werden, und daß er ſelbſt in Gefahr ſeines Lebens iſt: ſo entweichet er heimlich bey Nachtzeit aus dem Lager, und fliehet nach Conſtantinopel; da der- ſelbe dem Sultane die erſte Zeitung von dieſem Aufſtande bringet. Er leget alle Schuld auf Sijawuſch, und klaget denſelben nebſt einigen andern an, daß ſie die Soldaten verhetzten; nachdem ſie bereits durch Verrath ihn um den Sieg uͤber die Deutſchen, deſſen er bey nahe ſchon verſichert geweſen waͤre, gebracht haͤtten.
Er wird von dem Sultane gnaͤdig auf- und in Schutz ge-nommen.
177.
Der Sultan Muhaͤmmed, der wegen der vorigen Thaten Suͤlej- man Paſchas eine allzu große Meinung von deſſen Klugheit und Tapferkeit gefaſ- ſet hatte, glaubte die Sache gar leicht, wie er ihm dieſelbe vorſtellete. Er be- klagte mit Threnen das Ungluͤck, das ihm und dem Weßire zugleich begegne; und befahl demſelben, ſich zu verbergen, bis er von den Abſichten der Aufruͤhrer gewiſſere Nachricht einziehen koͤnnte. Suͤlejman war durch dieſe Probe von des Sultans Gewogenheit gegen ſich voͤllig uͤberzeuget, und flohe in das Haus eines gewiſſen Griechen, mit Namen Manolaki 87, nicht weit von dem Palaſte, in der Straße Kurutſcheſchme 88 gelegen; da ſich derſelbe ſieben und zwanzig Tage lang verborgen hielte, ſo daß kein Menſch darum wußte, ausgenommen der Sultan und ſein hoͤchſtgetreuer Freund, der Kißlar Aga.
Das Heer tritt auf Anſtiften Sijawuſch Pa- ſchas, als Haup- tes der Aufruͤh- rer, in eine Ver- ſchwerung gegenden Sultan.
178.
Als Sijawuſch Paſcha gewahr wurde, daß der Weßir die Flucht genommen hatte: ſo berief er eine Rathsverſammlung von den Haͤuptern der Aufruͤhrer zu Belgrad zuſammen, und vermochte dieſelben dahin, daß ſie den Entſchluß faſſeten, den Sultan abzuſetzen und einige von den Großen ums Leben [Spaltenumbruch]
87 Manolaki] Ein ſehr reicher Grieche, der zwar von geringem Herkommen und unge- lehrt, dennoch aber ein großer Goͤnner und Befoͤrderer der Gelehrtheit war. Er bauete im Phanarium eine ſehr große Schule, von der ich bereits in dem erſten Theile meiner Geſchichte Nachricht gegeben habe.*
[Spaltenumbruch]
88 Kurutſcheſchme] auf Deutſch, eine trockene Quelle. Dieſes iſt der Name eines Dorfes an dem thraciſchen Bosphor oder Meere von Marmora, ungefaͤhr ſechs Mei- len2* von Conſtantinopel gelegen. Eigentlich wird das Wort Kurukjesme geſchrieben, das iſt, ein trockener Fels; weil daſelbſt ein rau-
zu brin-
* 143 S. 10 Anm.
2* 3½ deutſche Meilen.
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[548/0656]
Osmaniſche Geſchichte
beſſer verdienete, und ihnen nicht allein verſprochen haͤtte, ihnen ihren Sold
auszuzahlen; ſondern auch die Befehlhabung uͤber das Heer mit mehrerm Gluͤcke
und mehrerer Klugheit fuͤhren wuͤrde, als Suͤlejman Paſcha.
176. Als der Weßir ſiehet, daß das Heer durch keine Mittel kann beguͤ-
tiget werden, und daß er ſelbſt in Gefahr ſeines Lebens iſt: ſo entweichet er
heimlich bey Nachtzeit aus dem Lager, und fliehet nach Conſtantinopel; da der-
ſelbe dem Sultane die erſte Zeitung von dieſem Aufſtande bringet. Er leget
alle Schuld auf Sijawuſch, und klaget denſelben nebſt einigen andern an, daß
ſie die Soldaten verhetzten; nachdem ſie bereits durch Verrath ihn um den Sieg
uͤber die Deutſchen, deſſen er bey nahe ſchon verſichert geweſen waͤre, gebracht
haͤtten.
177. Der Sultan Muhaͤmmed, der wegen der vorigen Thaten Suͤlej-
man Paſchas eine allzu große Meinung von deſſen Klugheit und Tapferkeit gefaſ-
ſet hatte, glaubte die Sache gar leicht, wie er ihm dieſelbe vorſtellete. Er be-
klagte mit Threnen das Ungluͤck, das ihm und dem Weßire zugleich begegne;
und befahl demſelben, ſich zu verbergen, bis er von den Abſichten der Aufruͤhrer
gewiſſere Nachricht einziehen koͤnnte. Suͤlejman war durch dieſe Probe von des
Sultans Gewogenheit gegen ſich voͤllig uͤberzeuget, und flohe in das Haus eines
gewiſſen Griechen, mit Namen Manolaki
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, nicht weit von dem Palaſte, in der
Straße Kurutſcheſchme
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gelegen; da ſich derſelbe ſieben und zwanzig Tage lang
verborgen hielte, ſo daß kein Menſch darum wußte, ausgenommen der Sultan
und ſein hoͤchſtgetreuer Freund, der Kißlar Aga.
178. Als Sijawuſch Paſcha gewahr wurde, daß der Weßir die Flucht
genommen hatte: ſo berief er eine Rathsverſammlung von den Haͤuptern der
Aufruͤhrer zu Belgrad zuſammen, und vermochte dieſelben dahin, daß ſie den
Entſchluß faſſeten, den Sultan abzuſetzen und einige von den Großen ums Leben
zu brin-
⁸⁷ Manolaki] Ein ſehr reicher Grieche,
der zwar von geringem Herkommen und unge-
lehrt, dennoch aber ein großer Goͤnner und
Befoͤrderer der Gelehrtheit war. Er bauete
im Phanarium eine ſehr große Schule, von
der ich bereits in dem erſten Theile meiner
Geſchichte Nachricht gegeben habe. *
⁸⁸ Kurutſcheſchme] auf Deutſch, eine
trockene Quelle. Dieſes iſt der Name eines
Dorfes an dem thraciſchen Bosphor oder
Meere von Marmora, ungefaͤhr ſechs Mei-
len 2* von Conſtantinopel gelegen. Eigentlich
wird das Wort Kurukjesme geſchrieben, das
iſt, ein trockener Fels; weil daſelbſt ein rau-
her
* 143 S. 10 Anm.
2* 3½ deutſche Meilen.
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/656>, abgerufen am 22.11.2024.
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