"dene Stämme zertheilte, unter denen der Stamm der Ogußier einer war. "Von diesen wurde ihr Anführer Duzalpes geboren" (dieses ist eben der- selbe, der in den türkischen Jahrbüchern Kija Aleb genennet wird, Sülejmans Vater und Osmans Großvater), "ein Mann, der die Gerechtigkeit und "Billigkeit liebte. Von diesem Herrn finde ich, daß er wegen seiner Tapfer- "keit sehr gerühmet wird; imgleichen, daß er so gerecht gewesen ist, daß ihn "die streitenden Parteyen in allen Sachen zum Schiedsmanne erwählet und "beyde Theile sich seinem Ausspruche mit Freuden unterworfen haben. Als "die Ogußier die Billigkeit dieses Mannes sahen: so bewegten sie den König "desselben Landes durch wiederholtes Bitten dahin, daß er denselben zum "Richter über sie setzte." [Der Ausleger Chalkokondylas giebt fälschlicher Weise vor, daß dieser König Aeladdin der Sultan von Ikonien gewesen sey.] "Nach diesem übergaben sie sich Duzalpes freywillig, daß er mit ihnen "machen möchte, was er für die Ogußier am vorträglichsten erachtete. Als "nach der Zeit dessen Sohn Oguzalpes" [es wird sich gleich zeigen, daß dieser mit Sülejman Schah eine Person ist] "sich der Regierung über die "Ogußier anmaßete: so strebete derselbe nach der königlichen Gewalt, und "machte sich dadurch, daß er mit den Griechen Krieg führete, einen großen "Ruhm in Asien. Nachdem ferner dessen Sohn Orthogules" [hieraus ist deutlich zu ersehen, daß Oguzalpes unser Sülejman Schah, Fürst von Nere, ist] "sich durch seine Thaten in Asien ein Ansehen erworben hatte: so ließ "endlich Aladin denselben zu sich berufen und schätzte ihn sehr hoch." So weit Laonikus Chalkokondylas.
7.
Nach Laonikus stehet, wiewol mit nicht so bewährter Glaubwürdig- keit, Johann Gaudier, der kein unfleißiger Ausleger der türkischen Geschicht- bücher ist. Nichts desto weniger hat derselbe, meinem Bedünken nach, allzu- kühn dasjenige für eine gewisse Wahrheit ausgegeben, was er aus einigen türkischen Jahrbüchern von dem, was das osmanische Geschlecht betrifft, ge- nommen hat. Anfangs setzet er einige Namen sehr verderbt hin, manchmal auch nicht in ihrer gehörigen Ordnung, und mit vielen Fehlern, was die Zei-
ten,
Vorrede
“dene Staͤmme zertheilte, unter denen der Stamm der Ogußier einer war. “Von dieſen wurde ihr Anfuͤhrer Duzalpes geboren„ (dieſes iſt eben der- ſelbe, der in den tuͤrkiſchen Jahrbuͤchern Kija Aleb genennet wird, Suͤlejmans Vater und Osmans Großvater), “ein Mann, der die Gerechtigkeit und “Billigkeit liebte. Von dieſem Herrn finde ich, daß er wegen ſeiner Tapfer- “keit ſehr geruͤhmet wird; imgleichen, daß er ſo gerecht geweſen iſt, daß ihn “die ſtreitenden Parteyen in allen Sachen zum Schiedsmanne erwaͤhlet und “beyde Theile ſich ſeinem Ausſpruche mit Freuden unterworfen haben. Als “die Ogußier die Billigkeit dieſes Mannes ſahen: ſo bewegten ſie den Koͤnig “deſſelben Landes durch wiederholtes Bitten dahin, daß er denſelben zum “Richter uͤber ſie ſetzte.„ [Der Ausleger Chalkokondylas giebt faͤlſchlicher Weiſe vor, daß dieſer Koͤnig Aeladdin der Sultan von Ikonien geweſen ſey.] “Nach dieſem uͤbergaben ſie ſich Duzalpes freywillig, daß er mit ihnen “machen moͤchte, was er fuͤr die Ogußier am vortraͤglichſten erachtete. Als “nach der Zeit deſſen Sohn Oguzalpes„ [es wird ſich gleich zeigen, daß dieſer mit Suͤlejman Schah eine Perſon iſt] “ſich der Regierung uͤber die “Ogußier anmaßete: ſo ſtrebete derſelbe nach der koͤniglichen Gewalt, und “machte ſich dadurch, daß er mit den Griechen Krieg fuͤhrete, einen großen “Ruhm in Aſien. Nachdem ferner deſſen Sohn Orthogules„ [hieraus iſt deutlich zu erſehen, daß Oguzalpes unſer Suͤlejman Schah, Fuͤrſt von Nere, iſt] “ſich durch ſeine Thaten in Aſien ein Anſehen erworben hatte: ſo ließ “endlich Aladin denſelben zu ſich berufen und ſchaͤtzte ihn ſehr hoch.„ So weit Laonikus Chalkokondylas.
7.
Nach Laonikus ſtehet, wiewol mit nicht ſo bewaͤhrter Glaubwuͤrdig- keit, Johann Gaudier, der kein unfleißiger Ausleger der tuͤrkiſchen Geſchicht- buͤcher iſt. Nichts deſto weniger hat derſelbe, meinem Beduͤnken nach, allzu- kuͤhn dasjenige fuͤr eine gewiſſe Wahrheit ausgegeben, was er aus einigen tuͤrkiſchen Jahrbuͤchern von dem, was das osmaniſche Geſchlecht betrifft, ge- nommen hat. Anfangs ſetzet er einige Namen ſehr verderbt hin, manchmal auch nicht in ihrer gehoͤrigen Ordnung, und mit vielen Fehlern, was die Zei-
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[50/0056]
Vorrede
“dene Staͤmme zertheilte, unter denen der Stamm der Ogußier einer war.
“Von dieſen wurde ihr Anfuͤhrer Duzalpes geboren„ (dieſes iſt eben der-
ſelbe, der in den tuͤrkiſchen Jahrbuͤchern Kija Aleb genennet wird, Suͤlejmans
Vater und Osmans Großvater), “ein Mann, der die Gerechtigkeit und
“Billigkeit liebte. Von dieſem Herrn finde ich, daß er wegen ſeiner Tapfer-
“keit ſehr geruͤhmet wird; imgleichen, daß er ſo gerecht geweſen iſt, daß ihn
“die ſtreitenden Parteyen in allen Sachen zum Schiedsmanne erwaͤhlet und
“beyde Theile ſich ſeinem Ausſpruche mit Freuden unterworfen haben. Als
“die Ogußier die Billigkeit dieſes Mannes ſahen: ſo bewegten ſie den Koͤnig
“deſſelben Landes durch wiederholtes Bitten dahin, daß er denſelben zum
“Richter uͤber ſie ſetzte.„ [Der Ausleger Chalkokondylas giebt faͤlſchlicher
Weiſe vor, daß dieſer Koͤnig Aeladdin der Sultan von Ikonien geweſen ſey.]
“Nach dieſem uͤbergaben ſie ſich Duzalpes freywillig, daß er mit ihnen
“machen moͤchte, was er fuͤr die Ogußier am vortraͤglichſten erachtete. Als
“nach der Zeit deſſen Sohn Oguzalpes„ [es wird ſich gleich zeigen, daß
dieſer mit Suͤlejman Schah eine Perſon iſt] “ſich der Regierung uͤber die
“Ogußier anmaßete: ſo ſtrebete derſelbe nach der koͤniglichen Gewalt, und
“machte ſich dadurch, daß er mit den Griechen Krieg fuͤhrete, einen großen
“Ruhm in Aſien. Nachdem ferner deſſen Sohn Orthogules„ [hieraus
iſt deutlich zu erſehen, daß Oguzalpes unſer Suͤlejman Schah, Fuͤrſt von Nere,
iſt] “ſich durch ſeine Thaten in Aſien ein Anſehen erworben hatte: ſo ließ
“endlich Aladin denſelben zu ſich berufen und ſchaͤtzte ihn ſehr hoch.„ So
weit Laonikus Chalkokondylas.
7. Nach Laonikus ſtehet, wiewol mit nicht ſo bewaͤhrter Glaubwuͤrdig-
keit, Johann Gaudier, der kein unfleißiger Ausleger der tuͤrkiſchen Geſchicht-
buͤcher iſt. Nichts deſto weniger hat derſelbe, meinem Beduͤnken nach, allzu-
kuͤhn dasjenige fuͤr eine gewiſſe Wahrheit ausgegeben, was er aus einigen
tuͤrkiſchen Jahrbuͤchern von dem, was das osmaniſche Geſchlecht betrifft, ge-
nommen hat. Anfangs ſetzet er einige Namen ſehr verderbt hin, manchmal
auch nicht in ihrer gehoͤrigen Ordnung, und mit vielen Fehlern, was die Zei-
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/56>, abgerufen am 16.02.2025.
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