als die Ewrenesier, die Ebrenenser, die Turacamber oder Turacaner, die Michal- oglier und Malkotschoglier, u. s. w. Die vier ersten von diesen Namen haben ursprünglich nicht die geringste Bedeutung; und ich kann mich auch nicht entsinnen, daß ich dieselben in einem einzigen türkischen Geschichtschreiber gelesen hätte; ausgenommen Ewrenus, oder, wie ihrer viele lesen, Ornusbegj, der Feldherr unter Murad dem I, und der erste war, der den Titel eines Fürsten von Griechenland führete; wie aus den folgenden Geschichten wird zu ersehen seyn. Die Geschlechter der Mihalogli und Malkotschogli sind ganz richtig nur gemeine Geschlechter, und nicht gar alt; denn Michael Kjöse war der Stammvater des erstern. Dieser war mit dem komnenischen Hause dem Ge- blüte nach verwandt, schwur die christliche Religion ab und flohe zu den Tür- ken; wie ihre Geschichtschreiber melden. Er lebte unter dem Sultane Orchan. Dieses beweiset eine steinene Brücke zu Adrianopel, die von dessen Sohne oder Enkel über den Fluß Tundsche erbauet worden ist, und noch heutiges Tages den Namen Mihalogli Kjüprisi oder die Brücke Mihaloglis führet. Eben dergleichen Ursprung hat das Geschlecht der Malkotschogli, als dessen Stamm- vater, nach der gemeinen Meinung der Türken, von bulgarischer oder sirbi- scher 13 Abkunft war, der seine Religion änderte und zu ihnen überging. Den Namen Malkotschogli höret man auch nirgendswo anders, als in den Gesängen, darinnen die Türken die Thaten ihrer großen Männer zu preisen pflegen. Die Geschichte weis ganz und gar nichts von ihm. Er lebte unter dem Muhämmed, der Constantinopel einnahm.
4.
Ferner erdichten auch einige bey Anführung des ogußischen Geschlechts- registers solche unerhörten Namen, daß dieselben den Barbarn selbst mit Recht barbarisch vorkommen müssen; als Oguzalpis, der, wie sie sagen, Erdogruls Vater, und Duzalpis, der Oguzalpis Vater und Osmans Aeltervater gewesen seyn soll. Andere theilen dieses Geschlecht nach eben so barbarischer Weise in vier Linien: die Nambucer, Candelorer, Caramaner und Othmaner. [Spaltenumbruch]
13 aus Servien.
Unter
des Verfaſſers
als die Ewreneſier, die Ebrenenſer, die Turacamber oder Turacaner, die Michal- oglier und Malkotſchoglier, u. ſ. w. Die vier erſten von dieſen Namen haben urſpruͤnglich nicht die geringſte Bedeutung; und ich kann mich auch nicht entſinnen, daß ich dieſelben in einem einzigen tuͤrkiſchen Geſchichtſchreiber geleſen haͤtte; ausgenommen Ewrenus, oder, wie ihrer viele leſen, Ornusbegj, der Feldherr unter Murad dem I, und der erſte war, der den Titel eines Fuͤrſten von Griechenland fuͤhrete; wie aus den folgenden Geſchichten wird zu erſehen ſeyn. Die Geſchlechter der Mihalogli und Malkotſchogli ſind ganz richtig nur gemeine Geſchlechter, und nicht gar alt; denn Michael Kjoͤſe war der Stammvater des erſtern. Dieſer war mit dem komneniſchen Hauſe dem Ge- bluͤte nach verwandt, ſchwur die chriſtliche Religion ab und flohe zu den Tuͤr- ken; wie ihre Geſchichtſchreiber melden. Er lebte unter dem Sultane Orchan. Dieſes beweiſet eine ſteinene Bruͤcke zu Adrianopel, die von deſſen Sohne oder Enkel uͤber den Fluß Tundſche erbauet worden iſt, und noch heutiges Tages den Namen Mihalogli Kjuͤpriſi oder die Bruͤcke Mihaloglis fuͤhret. Eben dergleichen Urſprung hat das Geſchlecht der Malkotſchogli, als deſſen Stamm- vater, nach der gemeinen Meinung der Tuͤrken, von bulgariſcher oder ſirbi- ſcher 13 Abkunft war, der ſeine Religion aͤnderte und zu ihnen uͤberging. Den Namen Malkotſchogli hoͤret man auch nirgendswo anders, als in den Geſaͤngen, darinnen die Tuͤrken die Thaten ihrer großen Maͤnner zu preiſen pflegen. Die Geſchichte weis ganz und gar nichts von ihm. Er lebte unter dem Muhaͤmmed, der Conſtantinopel einnahm.
4.
Ferner erdichten auch einige bey Anfuͤhrung des ogußiſchen Geſchlechts- regiſters ſolche unerhoͤrten Namen, daß dieſelben den Barbarn ſelbſt mit Recht barbariſch vorkommen muͤſſen; als Oguzalpis, der, wie ſie ſagen, Erdogruls Vater, und Duzalpis, der Oguzalpis Vater und Osmans Aeltervater geweſen ſeyn ſoll. Andere theilen dieſes Geſchlecht nach eben ſo barbariſcher Weiſe in vier Linien: die Nambucer, Candelorer, Caramaner und Othmaner. [Spaltenumbruch]
13 aus Servien.
Unter
<TEI><text><front><divn="1"><divn="2"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0053"n="47"/><fwplace="top"type="header">des Verfaſſers</fw><lb/>
als die Ewreneſier, die Ebrenenſer, die Turacamber oder Turacaner, die Michal-<lb/>
oglier und Malkotſchoglier, u. ſ. w. Die vier erſten von dieſen Namen haben<lb/>
urſpruͤnglich nicht die geringſte Bedeutung; und ich kann mich auch nicht<lb/>
entſinnen, daß ich dieſelben in einem einzigen tuͤrkiſchen Geſchichtſchreiber geleſen<lb/>
haͤtte; ausgenommen Ewrenus, oder, wie ihrer viele leſen, Ornusbegj, der<lb/>
Feldherr unter Murad dem <hirendition="#aq">I</hi>, und der erſte war, der den Titel eines Fuͤrſten<lb/>
von Griechenland fuͤhrete; wie aus den folgenden Geſchichten wird zu erſehen<lb/>ſeyn. Die Geſchlechter der Mihalogli und Malkotſchogli ſind ganz richtig<lb/>
nur gemeine Geſchlechter, und nicht gar alt; denn Michael Kjoͤſe war der<lb/>
Stammvater des erſtern. Dieſer war mit dem komneniſchen Hauſe dem Ge-<lb/>
bluͤte nach verwandt, ſchwur die chriſtliche Religion ab und flohe zu den Tuͤr-<lb/>
ken; wie ihre Geſchichtſchreiber melden. Er lebte unter dem Sultane Orchan.<lb/>
Dieſes beweiſet eine ſteinene Bruͤcke zu Adrianopel, die von deſſen Sohne oder<lb/>
Enkel uͤber den Fluß Tundſche erbauet worden iſt, und noch heutiges Tages<lb/>
den Namen Mihalogli Kjuͤpriſi oder die Bruͤcke Mihaloglis fuͤhret. Eben<lb/>
dergleichen Urſprung hat das Geſchlecht der Malkotſchogli, als deſſen Stamm-<lb/>
vater, nach der gemeinen Meinung der Tuͤrken, von bulgariſcher oder ſirbi-<lb/>ſcher <noteplace="end"n="13"/> Abkunft war, der ſeine Religion aͤnderte und zu ihnen uͤberging.<lb/>
Den Namen Malkotſchogli hoͤret man auch nirgendswo anders, als in den<lb/>
Geſaͤngen, darinnen die Tuͤrken die Thaten ihrer großen Maͤnner zu preiſen<lb/>
pflegen. Die Geſchichte weis ganz und gar nichts von ihm. Er lebte unter<lb/>
dem Muhaͤmmed, der Conſtantinopel einnahm.</p></div><lb/><divn="3"><head>4.</head><p>Ferner erdichten auch einige bey Anfuͤhrung des ogußiſchen Geſchlechts-<lb/>
regiſters ſolche unerhoͤrten Namen, daß dieſelben den Barbarn ſelbſt mit Recht<lb/>
barbariſch vorkommen muͤſſen; als Oguzalpis, der, wie ſie ſagen, Erdogruls<lb/>
Vater, und Duzalpis, der Oguzalpis Vater und Osmans Aeltervater geweſen<lb/>ſeyn ſoll. Andere theilen dieſes Geſchlecht nach eben ſo barbariſcher Weiſe<lb/>
in vier Linien: die Nambucer, Candelorer, Caramaner und Othmaner.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Unter</fw><lb/><cbn="1"/><lb/><noteplace="end"n="13">aus Servien.</note><lb/></p></div></div></div></div></front></text></TEI>
[47/0053]
des Verfaſſers
als die Ewreneſier, die Ebrenenſer, die Turacamber oder Turacaner, die Michal-
oglier und Malkotſchoglier, u. ſ. w. Die vier erſten von dieſen Namen haben
urſpruͤnglich nicht die geringſte Bedeutung; und ich kann mich auch nicht
entſinnen, daß ich dieſelben in einem einzigen tuͤrkiſchen Geſchichtſchreiber geleſen
haͤtte; ausgenommen Ewrenus, oder, wie ihrer viele leſen, Ornusbegj, der
Feldherr unter Murad dem I, und der erſte war, der den Titel eines Fuͤrſten
von Griechenland fuͤhrete; wie aus den folgenden Geſchichten wird zu erſehen
ſeyn. Die Geſchlechter der Mihalogli und Malkotſchogli ſind ganz richtig
nur gemeine Geſchlechter, und nicht gar alt; denn Michael Kjoͤſe war der
Stammvater des erſtern. Dieſer war mit dem komneniſchen Hauſe dem Ge-
bluͤte nach verwandt, ſchwur die chriſtliche Religion ab und flohe zu den Tuͤr-
ken; wie ihre Geſchichtſchreiber melden. Er lebte unter dem Sultane Orchan.
Dieſes beweiſet eine ſteinene Bruͤcke zu Adrianopel, die von deſſen Sohne oder
Enkel uͤber den Fluß Tundſche erbauet worden iſt, und noch heutiges Tages
den Namen Mihalogli Kjuͤpriſi oder die Bruͤcke Mihaloglis fuͤhret. Eben
dergleichen Urſprung hat das Geſchlecht der Malkotſchogli, als deſſen Stamm-
vater, nach der gemeinen Meinung der Tuͤrken, von bulgariſcher oder ſirbi-
ſcher
¹³
Abkunft war, der ſeine Religion aͤnderte und zu ihnen uͤberging.
Den Namen Malkotſchogli hoͤret man auch nirgendswo anders, als in den
Geſaͤngen, darinnen die Tuͤrken die Thaten ihrer großen Maͤnner zu preiſen
pflegen. Die Geſchichte weis ganz und gar nichts von ihm. Er lebte unter
dem Muhaͤmmed, der Conſtantinopel einnahm.
4. Ferner erdichten auch einige bey Anfuͤhrung des ogußiſchen Geſchlechts-
regiſters ſolche unerhoͤrten Namen, daß dieſelben den Barbarn ſelbſt mit Recht
barbariſch vorkommen muͤſſen; als Oguzalpis, der, wie ſie ſagen, Erdogruls
Vater, und Duzalpis, der Oguzalpis Vater und Osmans Aeltervater geweſen
ſeyn ſoll. Andere theilen dieſes Geſchlecht nach eben ſo barbariſcher Weiſe
in vier Linien: die Nambucer, Candelorer, Caramaner und Othmaner.
Unter
¹³ aus Servien.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/53>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.