Geschichte der Regierung Aehmeds des I, vierzehenten Kaisers der Türken. Des dritten Buches achtes Hauptstück.
1.
Nachdem der Thron durch den Tod des Kaisers MuhämmedAehmed tritt die Regierung an. Egjres verlediget worden war: so wurde selbiger durch seinen Sohn Aehmed wieder besetzet, und dieses erfolgte am neunten des Monats Redscheb, im Jahre 1012, alsH. 1012. J. C. 1603. derselbe kaum funfzehen Jahre alt war; auf welche Weise es geschahe, was man zuvor noch niemals erlebet hatte, nämlich daß die Regie- rung einem jungen Herrn anvertrauet wurde. Dieses gab einem gewissen Poe- ten Gelegenheit zu folgenden Versen: "Ihm allein unter allen Nachkom- "men Osmans war es vergönnet, das Reich zu besitzen, ehe er noch eine "Standarte bekommen hatte 1."
2.
Es zeigete aber derselbe gleich in den ersten Jahren seiner Regierung,Zween Räuber machen demsel- ben Unruhe: daß es nicht ungeschickt gehandelt gewesen, daß man das Zepter einem jungen Herrn in die Hände gegeben hatte. Sein verstorbener Vater hatte durch seine Liebe zur Bequemlichkeit und Ruhe die asiatischen Soldaten, die sonst durch die persischen Kriege beständig in Geschäfften waren erhalten worden, dergestalt frech gemacht, daß sie sich einbildeten, es wäre ihnen erlaubet, nicht allein die [Spaltenumbruch]
1 Standarte] das ist, ehe er noch seine mannbaren Jahre erreichet hatte. Denn bis dahin wird nach der Gewohnheit der Tür- [Spaltenumbruch] ken niemals iemandem eine Sandschak oder Standarte, als das Zeichen der Gewalt, gegeben.
Reisen-
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Geſchichte der Regierung Aehmeds des I, vierzehenten Kaiſers der Tuͤrken. Des dritten Buches achtes Hauptſtuͤck.
1.
Nachdem der Thron durch den Tod des Kaiſers MuhaͤmmedAehmed tritt die Regierung an. Egjres verlediget worden war: ſo wurde ſelbiger durch ſeinen Sohn Aehmed wieder beſetzet, und dieſes erfolgte am neunten des Monats Redſcheb, im Jahre 1012, alsH. 1012. J. C. 1603. derſelbe kaum funfzehen Jahre alt war; auf welche Weiſe es geſchahe, was man zuvor noch niemals erlebet hatte, naͤmlich daß die Regie- rung einem jungen Herrn anvertrauet wurde. Dieſes gab einem gewiſſen Poe- ten Gelegenheit zu folgenden Verſen: “Ihm allein unter allen Nachkom- “men Osmans war es vergoͤnnet, das Reich zu beſitzen, ehe er noch eine “Standarte bekommen hatte 1.„
2.
Es zeigete aber derſelbe gleich in den erſten Jahren ſeiner Regierung,Zween Raͤuber machen demſel- ben Unruhe: daß es nicht ungeſchickt gehandelt geweſen, daß man das Zepter einem jungen Herrn in die Haͤnde gegeben hatte. Sein verſtorbener Vater hatte durch ſeine Liebe zur Bequemlichkeit und Ruhe die aſiatiſchen Soldaten, die ſonſt durch die perſiſchen Kriege beſtaͤndig in Geſchaͤfften waren erhalten worden, dergeſtalt frech gemacht, daß ſie ſich einbildeten, es waͤre ihnen erlaubet, nicht allein die [Spaltenumbruch]
1 Standarte] das iſt, ehe er noch ſeine mannbaren Jahre erreichet hatte. Denn bis dahin wird nach der Gewohnheit der Tuͤr- [Spaltenumbruch] ken niemals iemandem eine Sandſchak oder Standarte, als das Zeichen der Gewalt, gegeben.
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Geſchichte
der Regierung Aehmeds des I,
vierzehenten Kaiſers der Tuͤrken.
Des dritten Buches achtes Hauptſtuͤck.
1.
Nachdem der Thron durch den Tod des Kaiſers Muhaͤmmed
Egjres verlediget worden war: ſo wurde ſelbiger durch
ſeinen Sohn Aehmed wieder beſetzet, und dieſes erfolgte
am neunten des Monats Redſcheb, im Jahre 1012, als
derſelbe kaum funfzehen Jahre alt war; auf welche Weiſe
es geſchahe, was man zuvor noch niemals erlebet hatte, naͤmlich daß die Regie-
rung einem jungen Herrn anvertrauet wurde. Dieſes gab einem gewiſſen Poe-
ten Gelegenheit zu folgenden Verſen: “Ihm allein unter allen Nachkom-
“men Osmans war es vergoͤnnet, das Reich zu beſitzen, ehe er noch eine
“Standarte bekommen hatte
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Aehmed tritt
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2. Es zeigete aber derſelbe gleich in den erſten Jahren ſeiner Regierung,
daß es nicht ungeſchickt gehandelt geweſen, daß man das Zepter einem jungen
Herrn in die Haͤnde gegeben hatte. Sein verſtorbener Vater hatte durch ſeine
Liebe zur Bequemlichkeit und Ruhe die aſiatiſchen Soldaten, die ſonſt durch die
perſiſchen Kriege beſtaͤndig in Geſchaͤfften waren erhalten worden, dergeſtalt
frech gemacht, daß ſie ſich einbildeten, es waͤre ihnen erlaubet, nicht allein die
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¹ Standarte] das iſt, ehe er noch ſeine
mannbaren Jahre erreichet hatte. Denn
bis dahin wird nach der Gewohnheit der Tuͤr-
ken niemals iemandem eine Sandſchak oder
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/455>, abgerufen am 23.11.2024.
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