nige Zeit hernach zu dem muhämmedischen Glauben: darauf derselbe zur Be- lohnung dessen die Sandschakschaft von Achiska 5 erhielte, und zum Begjlerbegj von dem letzteroberten Tiflis gemacht wurde.
Osman Pascha wird von den Persern geschla-gen;
5.
Nach Mustäfas Abreise wurde der Winter so strenge, daß die osma- nischen Soldaten, die der Kälte nicht gewohnt waren, täglich in ihrem Lager dahin starben. Weil nun solchergestalt das ganze Kriegesheer in Gefahr kam: so schickte Oeßdemir Ogli Osman Pascha seine Truppen in das Winterlager, in einiger Entfernung von einander, indem in der dasigen Wüste und den verherten Ländern keine Stadt zu finden war, die das gesammte Heer hätte aufnehmen können. Hievon hatte der persische Feldhauptmann, Ewris Chan, kaum Nachricht bekommen: so überfiel er die solchergestalt zerstreueten Osmanen un- versehens, und richtete eine große Niederlage unter ihnen an.
die aber kurz her- nach eine gänzli- che Niederlageleiden.
6.
Osman Pascha, der sonst ein geschickter Feldherr war, wurde über diesem Unglücke nicht wenig bestürzt, weil er befürchtete, es möchte dasselbe sei- ner Nachlässigkeit beygemessen werden. Er ließ daher, in der Absicht, sich ent- weder zu rächen, oder auch diesen Schimpf durch einen ehrlichen Tod auszutil- gen, sein Kriegesheer mitten im Winter zusammen kommen, und hielte mit den Persern über zwanzigmal an verschiedenen Orten Scharmützel, mit zweifelhaf- tem Glücke. Endlich griffen die Feinde, dreyßig tausend Mann stark, die durch den letzten Sieg Muth bekommen hatten, die Osmanen, unter Anführung Imam Ewli, mit der größten Wut an. Das Treffen währete vier Tage lang; zuletzt aber wurden die Perser durch die Tapferkeit der Osmanen zurück getrie- ben, und fast allesammt erschlagen. Oeßdemir Ogli, der wohl sahe, daß seine Truppen durch so viele Schlachten und Scharmützel geschwächet worden waren, ließ hierauf die Mauren von Schemachije ausbessern, und legte Dschäfer Pascha mit einem guten Theile des Heeres zur Besatzung hinein; er selbst aber reisete indessen nach Europa, um allda von seinen bisherigen Verrichtungen Rechen- schaft abzulegen.
Mustäfa däm- pfet einen Auf- ruhr in der kri- mischen Tata-rey.
7.
Indem solchergestalt der beste Theil der türkischen Kriegesmacht sich in Persien aufhalten mußte: so versuchte der Chan der krimischen Tatarn, das osmanische Joch abzuschütteln. Daher gab Murad Mustäfa Pascha Befehl, sich in die Krim zu verfügen, und diese Flamme in ihren ersten Funken zu er- sticken. Mustäfa leistete auch dem kaiserlichen Befehle ungesäumt Folge, und nahm seinen Weg über den Berg Kaukasus, bey dem engen Passe Demir Ka-
9 Achiska] Eine Sandschakschaft in Kleinasien.
pu,
Osmaniſche Geſchichte
nige Zeit hernach zu dem muhaͤmmediſchen Glauben: darauf derſelbe zur Be- lohnung deſſen die Sandſchakſchaft von Achiska 5 erhielte, und zum Begjlerbegj von dem letzteroberten Tiflis gemacht wurde.
Osman Paſcha wird von den Perſern geſchla-gen;
5.
Nach Muſtaͤfas Abreiſe wurde der Winter ſo ſtrenge, daß die osma- niſchen Soldaten, die der Kaͤlte nicht gewohnt waren, taͤglich in ihrem Lager dahin ſtarben. Weil nun ſolchergeſtalt das ganze Kriegesheer in Gefahr kam: ſo ſchickte Oeßdemir Ogli Osman Paſcha ſeine Truppen in das Winterlager, in einiger Entfernung von einander, indem in der daſigen Wuͤſte und den verherten Laͤndern keine Stadt zu finden war, die das geſammte Heer haͤtte aufnehmen koͤnnen. Hievon hatte der perſiſche Feldhauptmann, Ewris Chan, kaum Nachricht bekommen: ſo uͤberfiel er die ſolchergeſtalt zerſtreueten Osmanen un- verſehens, und richtete eine große Niederlage unter ihnen an.
die aber kurz her- nach eine gaͤnzli- che Niederlageleiden.
6.
Osman Paſcha, der ſonſt ein geſchickter Feldherr war, wurde uͤber dieſem Ungluͤcke nicht wenig beſtuͤrzt, weil er befuͤrchtete, es moͤchte daſſelbe ſei- ner Nachlaͤſſigkeit beygemeſſen werden. Er ließ daher, in der Abſicht, ſich ent- weder zu raͤchen, oder auch dieſen Schimpf durch einen ehrlichen Tod auszutil- gen, ſein Kriegesheer mitten im Winter zuſammen kommen, und hielte mit den Perſern uͤber zwanzigmal an verſchiedenen Orten Scharmuͤtzel, mit zweifelhaf- tem Gluͤcke. Endlich griffen die Feinde, dreyßig tauſend Mann ſtark, die durch den letzten Sieg Muth bekommen hatten, die Osmanen, unter Anfuͤhrung Imam Ewli, mit der groͤßten Wut an. Das Treffen waͤhrete vier Tage lang; zuletzt aber wurden die Perſer durch die Tapferkeit der Osmanen zuruͤck getrie- ben, und faſt alleſammt erſchlagen. Oeßdemir Ogli, der wohl ſahe, daß ſeine Truppen durch ſo viele Schlachten und Scharmuͤtzel geſchwaͤchet worden waren, ließ hierauf die Mauren von Schemachije ausbeſſern, und legte Dſchaͤfer Paſcha mit einem guten Theile des Heeres zur Beſatzung hinein; er ſelbſt aber reiſete indeſſen nach Europa, um allda von ſeinen bisherigen Verrichtungen Rechen- ſchaft abzulegen.
Muſtaͤfa daͤm- pfet einen Auf- ruhr in der kri- miſchen Tata-rey.
7.
Indem ſolchergeſtalt der beſte Theil der tuͤrkiſchen Kriegesmacht ſich in Perſien aufhalten mußte: ſo verſuchte der Chan der krimiſchen Tatarn, das osmaniſche Joch abzuſchuͤtteln. Daher gab Murad Muſtaͤfa Paſcha Befehl, ſich in die Krim zu verfuͤgen, und dieſe Flamme in ihren erſten Funken zu er- ſticken. Muſtaͤfa leiſtete auch dem kaiſerlichen Befehle ungeſaͤumt Folge, und nahm ſeinen Weg uͤber den Berg Kaukaſus, bey dem engen Paſſe Demir Ka-
9 Achiska] Eine Sandſchakſchaft in Kleinaſien.
pu,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0442"n="348"/><fwplace="top"type="header">Osmaniſche Geſchichte</fw><lb/>
nige Zeit hernach zu dem muhaͤmmediſchen Glauben: darauf derſelbe zur Be-<lb/>
lohnung deſſen die Sandſchakſchaft von Achiska <noteplace="end"n="5"/> erhielte, und zum Begjlerbegj<lb/>
von dem letzteroberten Tiflis gemacht wurde.</p><lb/><noteplace="left">Osman Paſcha<lb/>
wird von den<lb/>
Perſern geſchla-gen;</note></div><lb/><divn="3"><head>5.</head><p>Nach Muſtaͤfas Abreiſe wurde der Winter ſo ſtrenge, daß die osma-<lb/>
niſchen Soldaten, die der Kaͤlte nicht gewohnt waren, taͤglich in ihrem Lager<lb/>
dahin ſtarben. Weil nun ſolchergeſtalt das ganze Kriegesheer in Gefahr kam:<lb/>ſo ſchickte Oeßdemir Ogli Osman Paſcha ſeine Truppen in das Winterlager,<lb/>
in einiger Entfernung von einander, indem in der daſigen Wuͤſte und den verherten<lb/>
Laͤndern keine Stadt zu finden war, die das geſammte Heer haͤtte aufnehmen<lb/>
koͤnnen. Hievon hatte der perſiſche Feldhauptmann, Ewris Chan, kaum<lb/>
Nachricht bekommen: ſo uͤberfiel er die ſolchergeſtalt zerſtreueten Osmanen un-<lb/>
verſehens, und richtete eine große Niederlage unter ihnen an.</p><lb/><noteplace="left">die aber kurz her-<lb/>
nach eine gaͤnzli-<lb/>
che Niederlageleiden.</note></div><lb/><divn="3"><head>6.</head><p>Osman Paſcha, der ſonſt ein geſchickter Feldherr war, wurde uͤber<lb/>
dieſem Ungluͤcke nicht wenig beſtuͤrzt, weil er befuͤrchtete, es moͤchte daſſelbe ſei-<lb/>
ner Nachlaͤſſigkeit beygemeſſen werden. Er ließ daher, in der Abſicht, ſich ent-<lb/>
weder zu raͤchen, oder auch dieſen Schimpf durch einen ehrlichen Tod auszutil-<lb/>
gen, ſein Kriegesheer mitten im Winter zuſammen kommen, und hielte mit den<lb/>
Perſern uͤber zwanzigmal an verſchiedenen Orten Scharmuͤtzel, mit zweifelhaf-<lb/>
tem Gluͤcke. Endlich griffen die Feinde, dreyßig tauſend Mann ſtark, die durch<lb/>
den letzten Sieg Muth bekommen hatten, die Osmanen, unter Anfuͤhrung<lb/>
Imam Ewli, mit der groͤßten Wut an. Das Treffen waͤhrete vier Tage lang;<lb/>
zuletzt aber wurden die Perſer durch die Tapferkeit der Osmanen zuruͤck getrie-<lb/>
ben, und faſt alleſammt erſchlagen. Oeßdemir Ogli, der wohl ſahe, daß ſeine<lb/>
Truppen durch ſo viele Schlachten und Scharmuͤtzel geſchwaͤchet worden waren,<lb/>
ließ hierauf die Mauren von Schemachije ausbeſſern, und legte Dſchaͤfer Paſcha<lb/>
mit einem guten Theile des Heeres zur Beſatzung hinein; er ſelbſt aber reiſete<lb/>
indeſſen nach Europa, um allda von ſeinen bisherigen Verrichtungen Rechen-<lb/>ſchaft abzulegen.</p><lb/><noteplace="left">Muſtaͤfa daͤm-<lb/>
pfet einen Auf-<lb/>
ruhr in der kri-<lb/>
miſchen Tata-rey.</note></div><lb/><divn="3"><head>7.</head><p>Indem ſolchergeſtalt der beſte Theil der tuͤrkiſchen Kriegesmacht ſich<lb/>
in Perſien aufhalten mußte: ſo verſuchte der Chan der krimiſchen Tatarn, das<lb/>
osmaniſche Joch abzuſchuͤtteln. Daher gab Murad Muſtaͤfa Paſcha Befehl,<lb/>ſich in die Krim zu verfuͤgen, und dieſe Flamme in ihren erſten Funken zu er-<lb/>ſticken. Muſtaͤfa leiſtete auch dem kaiſerlichen Befehle ungeſaͤumt Folge, und<lb/>
nahm ſeinen Weg uͤber den Berg Kaukaſus, bey dem engen Paſſe Demir Ka-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">pu,</fw><lb/><noteplace="end"n="9">Achiska] Eine Sandſchakſchaft in Kleinaſien.</note><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[348/0442]
Osmaniſche Geſchichte
nige Zeit hernach zu dem muhaͤmmediſchen Glauben: darauf derſelbe zur Be-
lohnung deſſen die Sandſchakſchaft von Achiska
⁵
erhielte, und zum Begjlerbegj
von dem letzteroberten Tiflis gemacht wurde.
5. Nach Muſtaͤfas Abreiſe wurde der Winter ſo ſtrenge, daß die osma-
niſchen Soldaten, die der Kaͤlte nicht gewohnt waren, taͤglich in ihrem Lager
dahin ſtarben. Weil nun ſolchergeſtalt das ganze Kriegesheer in Gefahr kam:
ſo ſchickte Oeßdemir Ogli Osman Paſcha ſeine Truppen in das Winterlager,
in einiger Entfernung von einander, indem in der daſigen Wuͤſte und den verherten
Laͤndern keine Stadt zu finden war, die das geſammte Heer haͤtte aufnehmen
koͤnnen. Hievon hatte der perſiſche Feldhauptmann, Ewris Chan, kaum
Nachricht bekommen: ſo uͤberfiel er die ſolchergeſtalt zerſtreueten Osmanen un-
verſehens, und richtete eine große Niederlage unter ihnen an.
6. Osman Paſcha, der ſonſt ein geſchickter Feldherr war, wurde uͤber
dieſem Ungluͤcke nicht wenig beſtuͤrzt, weil er befuͤrchtete, es moͤchte daſſelbe ſei-
ner Nachlaͤſſigkeit beygemeſſen werden. Er ließ daher, in der Abſicht, ſich ent-
weder zu raͤchen, oder auch dieſen Schimpf durch einen ehrlichen Tod auszutil-
gen, ſein Kriegesheer mitten im Winter zuſammen kommen, und hielte mit den
Perſern uͤber zwanzigmal an verſchiedenen Orten Scharmuͤtzel, mit zweifelhaf-
tem Gluͤcke. Endlich griffen die Feinde, dreyßig tauſend Mann ſtark, die durch
den letzten Sieg Muth bekommen hatten, die Osmanen, unter Anfuͤhrung
Imam Ewli, mit der groͤßten Wut an. Das Treffen waͤhrete vier Tage lang;
zuletzt aber wurden die Perſer durch die Tapferkeit der Osmanen zuruͤck getrie-
ben, und faſt alleſammt erſchlagen. Oeßdemir Ogli, der wohl ſahe, daß ſeine
Truppen durch ſo viele Schlachten und Scharmuͤtzel geſchwaͤchet worden waren,
ließ hierauf die Mauren von Schemachije ausbeſſern, und legte Dſchaͤfer Paſcha
mit einem guten Theile des Heeres zur Beſatzung hinein; er ſelbſt aber reiſete
indeſſen nach Europa, um allda von ſeinen bisherigen Verrichtungen Rechen-
ſchaft abzulegen.
7. Indem ſolchergeſtalt der beſte Theil der tuͤrkiſchen Kriegesmacht ſich
in Perſien aufhalten mußte: ſo verſuchte der Chan der krimiſchen Tatarn, das
osmaniſche Joch abzuſchuͤtteln. Daher gab Murad Muſtaͤfa Paſcha Befehl,
ſich in die Krim zu verfuͤgen, und dieſe Flamme in ihren erſten Funken zu er-
ſticken. Muſtaͤfa leiſtete auch dem kaiſerlichen Befehle ungeſaͤumt Folge, und
nahm ſeinen Weg uͤber den Berg Kaukaſus, bey dem engen Paſſe Demir Ka-
pu,
⁹ Achiska] Eine Sandſchakſchaft in Kleinaſien.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/442>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.