Im Jahre 947 spann sich ein neuer Krieg in Ungarn an. DerDie Deutschen werden vor Ofen weggejaget. König in Ungarn, Johann von Sapol, der unter Sülejmans Schutze seine Sachen wohl geführet und dabey guten Fortgang gehabt hatte, ging aus derH. 947. J. C. 1540. Welt, und hinterließ einen kleinen Sohn, Namens Istifan*, als Erben des Reichs. Der König in Deutschland 74 glaubet, es sey eine leichte Sache, ein Kind vom Throne zu stoßen, und belagert daher Ofen mit einem Heere von acht- zig tausend Mann auserlesener Leute. Königs Johanns Witwe giebt Sülej- man, den man zum Vormunde des jungen Prinzen erbeten hatte, von diesem unvermutheten Einfalle sogleich Nachricht, und rufet denselben um seinen Bey- stand an. Sülejman schicket daher seinen Weßir Sofi 75 Mehemmed Pascha mit einem guten Kriegesheere voraus, und sendet ein Schreiben an die Köni- ginn ab, darinnen er derselben einen Muth einredet, und ihr verspricht, in eige- ner Person mit aller seiner Macht ihr zu Hülfe zu kommen. Mehemmed Pa- scha beschleuniget, seinem erhaltenen Befehle gemäß, den Zug nach Ofen auf das beste. Ob er nun gleich hier die Feinde hinter starken Verschanzungen antrifft: so lässet er sich dennoch durch diese Hinderniß nicht abschrecken; sondern befiehlet seinen Leuten, dieselben anzugreifen. Weil der König der Deutschen durch seine ausgeschickten Parteyen erfahren hatte, daß die Türken nicht sehr zahlreich seyen: so theilte er sein Heer in zweene Haufen, und führete mit dem einen die Belagerung fort, mit dem andern aber widersetzte er sich den Bestürmungen der Osmanen. Solchergestalt waren gegen das Ende des Jahres dreyßig Tage lang beständige Scharmützel, mit so zweifelhaftem Erfolge, daß kein Theil sich eines Vortheils rühmen konnte. Sülejman merket, daß die Stadt auf diese Weise nicht entsetzet werden könne, sondern vielmehr in Gefahr sey erobert zu werden, weil die Deutschen die Festungswerke bereits zu Grunde gerichtet hat- [Spaltenumbruch]
land war; sondern sein Bruder Ferdinand, römischer und in Böhmen König, der wegen seiner Anverwandschaft (denn er hatte Wla- dislaws des VI Tochter Anne geheiratet, Ludwigs des II, der bey Mohatsch ums Le- ben kam, Schwester) glaubte, einen Anspruch an das Königreich Ungarn zu haben. Als er aber sahe, daß er mit Gewalt nichts ausrich- ten konnte: so verglich er sich mit Johann von Sapol dahin, daß dieser das Königreich Zeit Lebens behalten, nach seinem Tode aber [Spaltenumbruch] Ferdinand überlassen sollte.
75 Sofi] Sofi heißen bey den Türken diejenigen, die die Gesetze genauer als andere beobachten: solche aber, welche diese Beobach- tung bis zur Uebermaße treiben, werden Ssa- hid oder Heuchler genennet. Inzwischen scheinet doch das Wort von dem griechischen [fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt] herzukommen; wie dann das Wort [fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt] bey ihnen Fejlesuf ausgesprochen wird.
ten:
* Stephan.
2 Q 2
10. Suͤlejman der I
38.
Im Jahre 947 ſpann ſich ein neuer Krieg in Ungarn an. DerDie Deutſchen werden vor Ofen weggejaget. Koͤnig in Ungarn, Johann von Sapol, der unter Suͤlejmans Schutze ſeine Sachen wohl gefuͤhret und dabey guten Fortgang gehabt hatte, ging aus derH. 947. J. C. 1540. Welt, und hinterließ einen kleinen Sohn, Namens Iſtifan*, als Erben des Reichs. Der Koͤnig in Deutſchland 74 glaubet, es ſey eine leichte Sache, ein Kind vom Throne zu ſtoßen, und belagert daher Ofen mit einem Heere von acht- zig tauſend Mann auserleſener Leute. Koͤnigs Johanns Witwe giebt Suͤlej- man, den man zum Vormunde des jungen Prinzen erbeten hatte, von dieſem unvermutheten Einfalle ſogleich Nachricht, und rufet denſelben um ſeinen Bey- ſtand an. Suͤlejman ſchicket daher ſeinen Weßir Sofi 75 Mehemmed Paſcha mit einem guten Kriegesheere voraus, und ſendet ein Schreiben an die Koͤni- ginn ab, darinnen er derſelben einen Muth einredet, und ihr verſpricht, in eige- ner Perſon mit aller ſeiner Macht ihr zu Huͤlfe zu kommen. Mehemmed Pa- ſcha beſchleuniget, ſeinem erhaltenen Befehle gemaͤß, den Zug nach Ofen auf das beſte. Ob er nun gleich hier die Feinde hinter ſtarken Verſchanzungen antrifft: ſo laͤſſet er ſich dennoch durch dieſe Hinderniß nicht abſchrecken; ſondern befiehlet ſeinen Leuten, dieſelben anzugreifen. Weil der Koͤnig der Deutſchen durch ſeine ausgeſchickten Parteyen erfahren hatte, daß die Tuͤrken nicht ſehr zahlreich ſeyen: ſo theilte er ſein Heer in zweene Haufen, und fuͤhrete mit dem einen die Belagerung fort, mit dem andern aber widerſetzte er ſich den Beſtuͤrmungen der Osmanen. Solchergeſtalt waren gegen das Ende des Jahres dreyßig Tage lang beſtaͤndige Scharmuͤtzel, mit ſo zweifelhaftem Erfolge, daß kein Theil ſich eines Vortheils ruͤhmen konnte. Suͤlejman merket, daß die Stadt auf dieſe Weiſe nicht entſetzet werden koͤnne, ſondern vielmehr in Gefahr ſey erobert zu werden, weil die Deutſchen die Feſtungswerke bereits zu Grunde gerichtet hat- [Spaltenumbruch]
land war; ſondern ſein Bruder Ferdinand, roͤmiſcher und in Boͤhmen Koͤnig, der wegen ſeiner Anverwandſchaft (denn er hatte Wla- diſlaws des VI Tochter Anne geheiratet, Ludwigs des II‚ der bey Mohatſch ums Le- ben kam, Schweſter) glaubte, einen Anſpruch an das Koͤnigreich Ungarn zu haben. Als er aber ſahe, daß er mit Gewalt nichts ausrich- ten konnte: ſo verglich er ſich mit Johann von Sapol dahin, daß dieſer das Koͤnigreich Zeit Lebens behalten, nach ſeinem Tode aber [Spaltenumbruch] Ferdinand uͤberlaſſen ſollte.
75 Sofi] Sofi heißen bey den Tuͤrken diejenigen, die die Geſetze genauer als andere beobachten: ſolche aber, welche dieſe Beobach- tung bis zur Uebermaße treiben, werden Sſa- hid oder Heuchler genennet. Inzwiſchen ſcheinet doch das Wort von dem griechiſchen [fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt] herzukommen; wie dann das Wort [fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt] bey ihnen Fejleſuf ausgeſprochen wird.
ten:
* Stephan.
2 Q 2
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10. Suͤlejman der I
38. Im Jahre 947 ſpann ſich ein neuer Krieg in Ungarn an. Der
Koͤnig in Ungarn, Johann von Sapol, der unter Suͤlejmans Schutze ſeine
Sachen wohl gefuͤhret und dabey guten Fortgang gehabt hatte, ging aus der
Welt, und hinterließ einen kleinen Sohn, Namens Iſtifan *, als Erben des
Reichs. Der Koͤnig in Deutſchland
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glaubet, es ſey eine leichte Sache, ein
Kind vom Throne zu ſtoßen, und belagert daher Ofen mit einem Heere von acht-
zig tauſend Mann auserleſener Leute. Koͤnigs Johanns Witwe giebt Suͤlej-
man, den man zum Vormunde des jungen Prinzen erbeten hatte, von dieſem
unvermutheten Einfalle ſogleich Nachricht, und rufet denſelben um ſeinen Bey-
ſtand an. Suͤlejman ſchicket daher ſeinen Weßir Sofi
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Mehemmed Paſcha
mit einem guten Kriegesheere voraus, und ſendet ein Schreiben an die Koͤni-
ginn ab, darinnen er derſelben einen Muth einredet, und ihr verſpricht, in eige-
ner Perſon mit aller ſeiner Macht ihr zu Huͤlfe zu kommen. Mehemmed Pa-
ſcha beſchleuniget, ſeinem erhaltenen Befehle gemaͤß, den Zug nach Ofen auf das
beſte. Ob er nun gleich hier die Feinde hinter ſtarken Verſchanzungen antrifft:
ſo laͤſſet er ſich dennoch durch dieſe Hinderniß nicht abſchrecken; ſondern befiehlet
ſeinen Leuten, dieſelben anzugreifen. Weil der Koͤnig der Deutſchen durch
ſeine ausgeſchickten Parteyen erfahren hatte, daß die Tuͤrken nicht ſehr zahlreich
ſeyen: ſo theilte er ſein Heer in zweene Haufen, und fuͤhrete mit dem einen die
Belagerung fort, mit dem andern aber widerſetzte er ſich den Beſtuͤrmungen
der Osmanen. Solchergeſtalt waren gegen das Ende des Jahres dreyßig Tage
lang beſtaͤndige Scharmuͤtzel, mit ſo zweifelhaftem Erfolge, daß kein Theil ſich
eines Vortheils ruͤhmen konnte. Suͤlejman merket, daß die Stadt auf dieſe
Weiſe nicht entſetzet werden koͤnne, ſondern vielmehr in Gefahr ſey erobert zu
werden, weil die Deutſchen die Feſtungswerke bereits zu Grunde gerichtet hat-
ten:
land war; ſondern ſein Bruder Ferdinand,
roͤmiſcher und in Boͤhmen Koͤnig, der wegen
ſeiner Anverwandſchaft (denn er hatte Wla-
diſlaws des VI Tochter Anne geheiratet,
Ludwigs des II‚ der bey Mohatſch ums Le-
ben kam, Schweſter) glaubte, einen Anſpruch
an das Koͤnigreich Ungarn zu haben. Als er
aber ſahe, daß er mit Gewalt nichts ausrich-
ten konnte: ſo verglich er ſich mit Johann
von Sapol dahin, daß dieſer das Koͤnigreich
Zeit Lebens behalten, nach ſeinem Tode aber
Ferdinand uͤberlaſſen ſollte.
⁷⁵ Sofi] Sofi heißen bey den Tuͤrken
diejenigen, die die Geſetze genauer als andere
beobachten: ſolche aber, welche dieſe Beobach-
tung bis zur Uebermaße treiben, werden Sſa-
hid oder Heuchler genennet. Inzwiſchen
ſcheinet doch das Wort von dem griechiſchen
_ herzukommen; wie dann das Wort
_ bey ihnen Fejleſuf ausgeſprochen
wird.
Die Deutſchen
werden vor Ofen
weggejaget.
H. 947.
J. C. 1540.
* Stephan.
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/397>, abgerufen am 22.11.2024.
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