Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.10. Sülejman der I von Moldau, dem Sultane beyde Moldau 30 unter rühmlichen Bedingungenanzutragen; vornehmlich sollte ihre Religion ungekränkt gelassen werden, und [Spaltenumbruch] "rühmliche Bedingungen, unter dem Titel "eines Lebens, Frieden erhalten könnet; so "waget es lieber auf seine Gnade, als auf "sein Schwert. Wenn er euch aber andere "Bedingungen vorschreiben will: so wird es "für euch alle besser seyn, durch des Feindes "Hand zu sterben, als bey der Entheiligung "eurer Religion und dem Elende eures Lan- "des müßige Zuschauer zu seyn. Der Gott "aber eurer Väter, der allein Wunder thut, "wird dereinst seine unerschöpfliche Gnade "über euch ausgießen, und sich durch die "Threnen seiner Knechte bewegen lassen, "iemanden zu erwecken, der euren Nachkom- "men wieder zu ihrer vorigen Macht und "Freyheit verhelfen wird." Zufolge die- ses letzten Willens seines Vaters schickte Bog- dan im siebenten Jahre seiner Regierung Ge- sandten an Sülejman, und unterwarf dem- selben Moldau zuerst mit dem Titel eines Le- hens. Itzo aber, leider! ist, wie ich glaube, kein Gelehrter, dem die bejammernswürdige Tiranney, darunter Moldau seufzet, unbe- kannt seyn sollte. 30 beyde Moldau] Die Moldau wird eingetheilet in die obere und niedere Moldau. Die niedere Moldau erstrecket sich von Jassij, dem gegenwärtigen Sitze des Fürsten, ost- wärts bis nach Bender, das bey den Mol- dauern Tigine heißet. Gegen Süden grenzet sie bey Galatsch an die Donau: gegen We- sten an die Walachey und die siebenbürgischen Gebirge, die längst der Straße, Tetras ge- nennet, hinlaufen, und den Moldauern, nicht aber den Siebenbürgern, zugehören. Die [Spaltenumbruch] obere Moldau gehet bey Jassij an, und hat gegen Osten mit der niedern einerley Grenzen: gegen Westen aber grenzet sie mittelst der sie- benbürgischen oder karpatischen Gebirge an Snyatin, eine Stadt in Podolien. Zu der niedern Moldau gehörete vor diesem auch ganz Bessarabien, von den Tatarn Budschak genennet, darinnen gelegen sind die zwo be- rühmten Städte, Akkjirman (das bey Hero- dotus [fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt], bey den Moldauern Tschetate alba, bey den Römern Iulia alba heißet, und wegen Ovids Verweisung berühmt ist: wie dann noch heutiges Tages nicht weit davon ein See zu sehen ist, den die Moldauer Lakül Owidulü oder Ovids See nennen) und Kilia*, vor Alters Lykostomos genennet, nahe an dem Ausflusse der Donau, wo dieselbe in das schwarze Meer fället. Außer diesen Städten in Niedermoldau, wie sie gegenwärtig dem moldanischen Fürsten unterworfen ist, gehö- reten vor diesem auch noch dazu die befestig- ten Städte, Tigine, an dem Ufer des Tyras oder Njesters (die von einem gewissen mol- dauischen Fürsten, Hero, schändlicher Weise den Türken übergeben, und von ihnen mit dem Namen Bender2* beleget worden), und Gjergina an dem Siretus, nicht weit von Galatsch, unter deren verfallenen Mauren man einige alte Münzen findet. Daß diese Stadt von dem Kaiser Trajan erbauet worden, das ist aus einem Marmorsteine zu ersehen, der zu meiner Zeit ausgegraben worden und folgende Inschrift führet. Imp. Caesari, Diu. filio Neruae Traiano, Augusto, Ger. Dacico, Pont. Max. Fel. B. dict. XVI. Imp. VI. Cons. VII. PP. Calpurnio, das * 1[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]4 S. 2* auf deutsch, ein Paß. 2 N
10. Suͤlejman der I von Moldau, dem Sultane beyde Moldau 30 unter ruͤhmlichen Bedingungenanzutragen; vornehmlich ſollte ihre Religion ungekraͤnkt gelaſſen werden, und [Spaltenumbruch] “ruͤhmliche Bedingungen, unter dem Titel “eines Lebens, Frieden erhalten koͤnnet; ſo “waget es lieber auf ſeine Gnade, als auf “ſein Schwert. Wenn er euch aber andere “Bedingungen vorſchreiben will: ſo wird es “fuͤr euch alle beſſer ſeyn, durch des Feindes “Hand zu ſterben, als bey der Entheiligung “eurer Religion und dem Elende eures Lan- “des muͤßige Zuſchauer zu ſeyn. Der Gott “aber eurer Vaͤter, der allein Wunder thut, “wird dereinſt ſeine unerſchoͤpfliche Gnade “uͤber euch ausgießen, und ſich durch die “Threnen ſeiner Knechte bewegen laſſen, “iemanden zu erwecken, der euren Nachkom- “men wieder zu ihrer vorigen Macht und “Freyheit verhelfen wird.„ Zufolge die- ſes letzten Willens ſeines Vaters ſchickte Bog- dan im ſiebenten Jahre ſeiner Regierung Ge- ſandten an Suͤlejman, und unterwarf dem- ſelben Moldau zuerſt mit dem Titel eines Le- hens. Itzo aber, leider! iſt, wie ich glaube, kein Gelehrter, dem die bejammernswuͤrdige Tiranney, darunter Moldau ſeufzet, unbe- kannt ſeyn ſollte. 30 beyde Moldau] Die Moldau wird eingetheilet in die obere und niedere Moldau. Die niedere Moldau erſtrecket ſich von Jaſſij, dem gegenwaͤrtigen Sitze des Fuͤrſten, oſt- waͤrts bis nach Bender, das bey den Mol- dauern Tigine heißet. Gegen Suͤden grenzet ſie bey Galatſch an die Donau: gegen We- ſten an die Walachey und die ſiebenbuͤrgiſchen Gebirge, die laͤngſt der Straße, Tetras ge- nennet, hinlaufen, und den Moldauern, nicht aber den Siebenbuͤrgern, zugehoͤren. Die [Spaltenumbruch] obere Moldau gehet bey Jaſſij an, und hat gegen Oſten mit der niedern einerley Grenzen: gegen Weſten aber grenzet ſie mittelſt der ſie- benbuͤrgiſchen oder karpatiſchen Gebirge an Snyatin, eine Stadt in Podolien. Zu der niedern Moldau gehoͤrete vor dieſem auch ganz Beſſarabien, von den Tatarn Budſchak genennet, darinnen gelegen ſind die zwo be- ruͤhmten Staͤdte, Akkjirman (das bey Hero- dotus [fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt], bey den Moldauern Tſchetate alba, bey den Roͤmern Iulia alba heißet, und wegen Ovids Verweiſung beruͤhmt iſt: wie dann noch heutiges Tages nicht weit davon ein See zu ſehen iſt, den die Moldauer Lakuͤl Owiduluͤ oder Ovids See nennen) und Kilia*, vor Alters Lykoſtomos genennet, nahe an dem Ausfluſſe der Donau, wo dieſelbe in das ſchwarze Meer faͤllet. Außer dieſen Staͤdten in Niedermoldau, wie ſie gegenwaͤrtig dem moldaniſchen Fuͤrſten unterworfen iſt, gehoͤ- reten vor dieſem auch noch dazu die befeſtig- ten Staͤdte, Tigine, an dem Ufer des Tyras oder Njeſters (die von einem gewiſſen mol- dauiſchen Fuͤrſten, Hero, ſchaͤndlicher Weiſe den Tuͤrken uͤbergeben, und von ihnen mit dem Namen Bender2* beleget worden), und Gjergina an dem Siretus, nicht weit von Galatſch, unter deren verfallenen Mauren man einige alte Muͤnzen findet. Daß dieſe Stadt von dem Kaiſer Trajan erbauet worden, das iſt aus einem Marmorſteine zu erſehen, der zu meiner Zeit ausgegraben worden und folgende Inſchrift fuͤhret. Imp. Caeſari, Diu. filio Neruae Traiano, Auguſto, Ger. Dacico, Pont. Max. Fel. B. dict. XVI. Imp. VI. Conſ. VII. PP. Calpurnio, das * 1[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]4 S. 2* auf deutſch, ein Paß. 2 N
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10. Suͤlejman der I
von Moldau, dem Sultane beyde Moldau
³⁰
unter ruͤhmlichen Bedingungen
anzutragen; vornehmlich ſollte ihre Religion ungekraͤnkt gelaſſen werden, und
das
“ruͤhmliche Bedingungen, unter dem Titel
“eines Lebens, Frieden erhalten koͤnnet; ſo
“waget es lieber auf ſeine Gnade, als auf
“ſein Schwert. Wenn er euch aber andere
“Bedingungen vorſchreiben will: ſo wird es
“fuͤr euch alle beſſer ſeyn, durch des Feindes
“Hand zu ſterben, als bey der Entheiligung
“eurer Religion und dem Elende eures Lan-
“des muͤßige Zuſchauer zu ſeyn. Der Gott
“aber eurer Vaͤter, der allein Wunder thut,
“wird dereinſt ſeine unerſchoͤpfliche Gnade
“uͤber euch ausgießen, und ſich durch die
“Threnen ſeiner Knechte bewegen laſſen,
“iemanden zu erwecken, der euren Nachkom-
“men wieder zu ihrer vorigen Macht und
“Freyheit verhelfen wird.„ Zufolge die-
ſes letzten Willens ſeines Vaters ſchickte Bog-
dan im ſiebenten Jahre ſeiner Regierung Ge-
ſandten an Suͤlejman, und unterwarf dem-
ſelben Moldau zuerſt mit dem Titel eines Le-
hens. Itzo aber, leider! iſt, wie ich glaube,
kein Gelehrter, dem die bejammernswuͤrdige
Tiranney, darunter Moldau ſeufzet, unbe-
kannt ſeyn ſollte.
³⁰ beyde Moldau] Die Moldau wird
eingetheilet in die obere und niedere Moldau.
Die niedere Moldau erſtrecket ſich von Jaſſij,
dem gegenwaͤrtigen Sitze des Fuͤrſten, oſt-
waͤrts bis nach Bender, das bey den Mol-
dauern Tigine heißet. Gegen Suͤden grenzet
ſie bey Galatſch an die Donau: gegen We-
ſten an die Walachey und die ſiebenbuͤrgiſchen
Gebirge, die laͤngſt der Straße, Tetras ge-
nennet, hinlaufen, und den Moldauern, nicht
aber den Siebenbuͤrgern, zugehoͤren. Die
obere Moldau gehet bey Jaſſij an, und hat
gegen Oſten mit der niedern einerley Grenzen:
gegen Weſten aber grenzet ſie mittelſt der ſie-
benbuͤrgiſchen oder karpatiſchen Gebirge an
Snyatin, eine Stadt in Podolien. Zu der
niedern Moldau gehoͤrete vor dieſem auch
ganz Beſſarabien, von den Tatarn Budſchak
genennet, darinnen gelegen ſind die zwo be-
ruͤhmten Staͤdte, Akkjirman (das bey Hero-
dotus _ , bey den Moldauern Tſchetate
alba, bey den Roͤmern Iulia alba heißet, und
wegen Ovids Verweiſung beruͤhmt iſt: wie
dann noch heutiges Tages nicht weit davon
ein See zu ſehen iſt, den die Moldauer Lakuͤl
Owiduluͤ oder Ovids See nennen) und Kilia *,
vor Alters Lykoſtomos genennet, nahe an
dem Ausfluſſe der Donau, wo dieſelbe in das
ſchwarze Meer faͤllet. Außer dieſen Staͤdten
in Niedermoldau, wie ſie gegenwaͤrtig dem
moldaniſchen Fuͤrſten unterworfen iſt, gehoͤ-
reten vor dieſem auch noch dazu die befeſtig-
ten Staͤdte, Tigine, an dem Ufer des Tyras
oder Njeſters (die von einem gewiſſen mol-
dauiſchen Fuͤrſten, Hero, ſchaͤndlicher Weiſe
den Tuͤrken uͤbergeben, und von ihnen mit
dem Namen Bender 2* beleget worden), und
Gjergina an dem Siretus, nicht weit von
Galatſch, unter deren verfallenen Mauren
man einige alte Muͤnzen findet. Daß dieſe
Stadt von dem Kaiſer Trajan erbauet worden,
das iſt aus einem Marmorſteine zu erſehen,
der zu meiner Zeit ausgegraben worden und
folgende Inſchrift fuͤhret. Imp. Caeſari,
Diu. filio Neruae Traiano, Auguſto, Ger.
Dacico, Pont. Max. Fel. B. dict. XVI.
Imp. VI. Conſ. VII. PP. Calpurnio,
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