waren, und zog weiter fort. Als die Leute zu Gäßße dieses sehen, und sich ein- bilden, der Kaiser werde nimmermehr wieder kommen, sondern nebst seinem ge- sammten Heere von den Tscherkassiern niedergehauen werden: so bringen sie die Kranken sammt ihren Aerzten, die man ihnen anvertrauet hatte, ums Leben.
überwindet dieTscherkassier:
22.
Die neuen Bemühungen der Tscherkassier, ihr Königreich zu verthei- digen, hatten vielleicht die Einwohner zu Gäßße zum Aufruhre veranlasset. Denn so bald diejenigen, die aus der vorigen Schlacht entronnen waren, nach Kahire kommen: so berufen sie eine Rathsversammlung zusammen, machen darinnen Tumanbaj, der aus einem ihrer edelsten Geschlechter entsprossen war, zu ihrem Könige, und geben demselben bey der Einsetzung den Titel Mülükj Eschref 41: verbinden sich auch zugleich mit einem Eide, entweder das Reich gegen Selims ungerechte Tiranney zu vertheidigen, oder mit dem Säbel in der Faust zu ster- ben, und ihr Leben und weitläuftiges Gebiet so theuer, als möglich, zu verkau- fen. Unter diesem Feldherrn versammeln sie alle die übergebliebenen Tscherkas- sier, zu denen noch Hülfsvölker von den herumwandernden Arabern stoßen, ver- sehen sich mit großen Stücken und andern Kriegswerkzeugen, und setzen sich mit einem auserlesenen Kriegsheere an einem Orte, Ridanije genennet, in ein Lager zusammen. In diesem befestigen sie sich durch mancherley Kriegeslist, in Er- wartung, daß Selim, als der durch sein voriges Glück hochmüthig geworden [Spaltenumbruch]
gen barbarischen Namen versteckt worden sind, hätte entdecken können.
41 Mülükj Eschref] das ist, allerhei- ligster, oder allerglücklichster.
42 Dschebeli Mäktab] Ich halte da- für, es müsse nicht Mäktab, sondern Mäch- tab heißen, das einen Hügel oder Berg bedeu- tet, darauf die Grabmäler der Alten und die berühmten Piramiden stehen.
43 ersten Tagen u. s. w.] Die Türken pflegen in ihren Briefen, und sonderlich in den kaiserlichen Befehlen, manchmal die Tage des ganzen Monats zu unterschreiben, manch- mal aber den Monat in drey Zehenten zu thei- len. Wenn nun etwas in den ersten zehen [Spaltenumbruch] Tagen gegeben ist; so schreiben sie, Ewailinde (in den ersten Tagen): geschiehet es in dem andern Zehenten; so setzen sie, Ewasitinde (in den mittlern Tagen): und ist es in dem dritten Zehenten; Ewochirinde (in den letzten Tagen des Monats). Also heißet Dschema- ßiül ewweli Ewailinde, in den ersten Tagen des Monats Dschemaßiül ewwel: das ist, an einem Tage dieses Monats, zwischen dem er- sten und zehenten. Und so auch in den übri- gen Fällen.
44 Schejch Aereb u. s. w.] Dieses scheinet einer von den arabischen Schejchen oder Prälaten gewesen zu seyn, die mehr mit Kirchensachen, als mit weltlichen Regierungs- geschäfften zu thun haben, und rechtmäßige Nachfolger Muhämmeds seyn wollen. Es
wäre,
Osmaniſche Geſchichte
waren, und zog weiter fort. Als die Leute zu Gaͤßße dieſes ſehen, und ſich ein- bilden, der Kaiſer werde nimmermehr wieder kommen, ſondern nebſt ſeinem ge- ſammten Heere von den Tſcherkaſſiern niedergehauen werden: ſo bringen ſie die Kranken ſammt ihren Aerzten, die man ihnen anvertrauet hatte, ums Leben.
uͤberwindet dieTſcherkaſſier:
22.
Die neuen Bemuͤhungen der Tſcherkaſſier, ihr Koͤnigreich zu verthei- digen, hatten vielleicht die Einwohner zu Gaͤßße zum Aufruhre veranlaſſet. Denn ſo bald diejenigen, die aus der vorigen Schlacht entronnen waren, nach Kahire kommen: ſo berufen ſie eine Rathsverſammlung zuſammen, machen darinnen Tumanbaj, der aus einem ihrer edelſten Geſchlechter entſproſſen war, zu ihrem Koͤnige, und geben demſelben bey der Einſetzung den Titel Muͤluͤkj Eſchref 41: verbinden ſich auch zugleich mit einem Eide, entweder das Reich gegen Selims ungerechte Tiranney zu vertheidigen, oder mit dem Saͤbel in der Fauſt zu ſter- ben, und ihr Leben und weitlaͤuftiges Gebiet ſo theuer, als moͤglich, zu verkau- fen. Unter dieſem Feldherrn verſammeln ſie alle die uͤbergebliebenen Tſcherkaſ- ſier, zu denen noch Huͤlfsvoͤlker von den herumwandernden Arabern ſtoßen, ver- ſehen ſich mit großen Stuͤcken und andern Kriegswerkzeugen, und ſetzen ſich mit einem auserleſenen Kriegsheere an einem Orte, Ridanije genennet, in ein Lager zuſammen. In dieſem befeſtigen ſie ſich durch mancherley Kriegesliſt, in Er- wartung, daß Selim, als der durch ſein voriges Gluͤck hochmuͤthig geworden [Spaltenumbruch]
gen barbariſchen Namen verſteckt worden ſind, haͤtte entdecken koͤnnen.
41 Muͤluͤkj Eſchref] das iſt, allerhei- ligſter, oder allergluͤcklichſter.
42 Dſchebeli Maͤktab] Ich halte da- fuͤr, es muͤſſe nicht Maͤktab, ſondern Maͤch- tab heißen, das einen Huͤgel oder Berg bedeu- tet, darauf die Grabmaͤler der Alten und die beruͤhmten Piramiden ſtehen.
43 erſten Tagen u. ſ. w.] Die Tuͤrken pflegen in ihren Briefen, und ſonderlich in den kaiſerlichen Befehlen, manchmal die Tage des ganzen Monats zu unterſchreiben, manch- mal aber den Monat in drey Zehenten zu thei- len. Wenn nun etwas in den erſten zehen [Spaltenumbruch] Tagen gegeben iſt; ſo ſchreiben ſie, Ewailinde (in den erſten Tagen): geſchiehet es in dem andern Zehenten; ſo ſetzen ſie, Ewaſitinde (in den mittlern Tagen): und iſt es in dem dritten Zehenten; Ewochirinde (in den letzten Tagen des Monats). Alſo heißet Dſchema- ßiuͤl ewweli Ewailinde, in den erſten Tagen des Monats Dſchemaßiuͤl ewwel: das iſt, an einem Tage dieſes Monats, zwiſchen dem er- ſten und zehenten. Und ſo auch in den uͤbri- gen Faͤllen.
44 Schejch Aereb u. ſ. w.] Dieſes ſcheinet einer von den arabiſchen Schejchen oder Praͤlaten geweſen zu ſeyn, die mehr mit Kirchenſachen, als mit weltlichen Regierungs- geſchaͤfften zu thun haben, und rechtmaͤßige Nachfolger Muhaͤmmeds ſeyn wollen. Es
waͤre,
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Osmaniſche Geſchichte
waren, und zog weiter fort. Als die Leute zu Gaͤßße dieſes ſehen, und ſich ein-
bilden, der Kaiſer werde nimmermehr wieder kommen, ſondern nebſt ſeinem ge-
ſammten Heere von den Tſcherkaſſiern niedergehauen werden: ſo bringen ſie die
Kranken ſammt ihren Aerzten, die man ihnen anvertrauet hatte, ums Leben.
22. Die neuen Bemuͤhungen der Tſcherkaſſier, ihr Koͤnigreich zu verthei-
digen, hatten vielleicht die Einwohner zu Gaͤßße zum Aufruhre veranlaſſet. Denn
ſo bald diejenigen, die aus der vorigen Schlacht entronnen waren, nach Kahire
kommen: ſo berufen ſie eine Rathsverſammlung zuſammen, machen darinnen
Tumanbaj, der aus einem ihrer edelſten Geſchlechter entſproſſen war, zu ihrem
Koͤnige, und geben demſelben bey der Einſetzung den Titel Muͤluͤkj Eſchref
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verbinden ſich auch zugleich mit einem Eide, entweder das Reich gegen Selims
ungerechte Tiranney zu vertheidigen, oder mit dem Saͤbel in der Fauſt zu ſter-
ben, und ihr Leben und weitlaͤuftiges Gebiet ſo theuer, als moͤglich, zu verkau-
fen. Unter dieſem Feldherrn verſammeln ſie alle die uͤbergebliebenen Tſcherkaſ-
ſier, zu denen noch Huͤlfsvoͤlker von den herumwandernden Arabern ſtoßen, ver-
ſehen ſich mit großen Stuͤcken und andern Kriegswerkzeugen, und ſetzen ſich mit
einem auserleſenen Kriegsheere an einem Orte, Ridanije genennet, in ein Lager
zuſammen. In dieſem befeſtigen ſie ſich durch mancherley Kriegesliſt, in Er-
wartung, daß Selim, als der durch ſein voriges Gluͤck hochmuͤthig geworden
waͤre,
gen barbariſchen Namen verſteckt worden ſind,
haͤtte entdecken koͤnnen.
⁴¹ Muͤluͤkj Eſchref] das iſt, allerhei-
ligſter, oder allergluͤcklichſter.
⁴² Dſchebeli Maͤktab] Ich halte da-
fuͤr, es muͤſſe nicht Maͤktab, ſondern Maͤch-
tab heißen, das einen Huͤgel oder Berg bedeu-
tet, darauf die Grabmaͤler der Alten und die
beruͤhmten Piramiden ſtehen.
⁴³ erſten Tagen u. ſ. w.] Die Tuͤrken
pflegen in ihren Briefen, und ſonderlich in
den kaiſerlichen Befehlen, manchmal die Tage
des ganzen Monats zu unterſchreiben, manch-
mal aber den Monat in drey Zehenten zu thei-
len. Wenn nun etwas in den erſten zehen
Tagen gegeben iſt; ſo ſchreiben ſie, Ewailinde
(in den erſten Tagen): geſchiehet es in dem
andern Zehenten; ſo ſetzen ſie, Ewaſitinde
(in den mittlern Tagen): und iſt es in dem
dritten Zehenten; Ewochirinde (in den letzten
Tagen des Monats). Alſo heißet Dſchema-
ßiuͤl ewweli Ewailinde, in den erſten Tagen
des Monats Dſchemaßiuͤl ewwel: das iſt, an
einem Tage dieſes Monats, zwiſchen dem er-
ſten und zehenten. Und ſo auch in den uͤbri-
gen Faͤllen.
⁴⁴ Schejch Aereb u. ſ. w.] Dieſes
ſcheinet einer von den arabiſchen Schejchen
oder Praͤlaten geweſen zu ſeyn, die mehr mit
Kirchenſachen, als mit weltlichen Regierungs-
geſchaͤfften zu thun haben, und rechtmaͤßige
Nachfolger Muhaͤmmeds ſeyn wollen. Es
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/332>, abgerufen am 22.07.2024.
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