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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
schwemmete das ganze Land, führete eine große Menge Gefangenen hinweg,
und versperrete die Eingänge in die Gebirge 33, damit dasselbe umringet ist,
durch angelegte Schlösser, so daß die Einwohner ganz und gar verschlossen wur-
den und nicht mehr heraus kommen konnten. Nachdem die Pflanzschule der
Soldaten solchergestalt zugestopfet war: so soll Kajetbaj, der seine Kräfte täg-
lich abnehmen und seines Feindes Macht dagegen zunehmen sahe, wie man saget,
aus Bekümmerniß darüber krank geworden und kurz darauf gestorben seyn.

andere Krieges-
verrichtungendesselben.
17.

In demselben Jahre nahm Bajeßids Sohn, Aebdüllah, Fürst von
Ikonien, durch den Tod aus der Welt Abschied. Im Jahre 890 schickte er
H. 890.



J. C. 1485.ein Kriegesheer in die Moldau, von dem die Einwohner eine große Niederlage
erlitten, und im nächstfolgenden Jahre brachte er das aufrührische Land War-
sak wieder unter seinen Gehorsam.

Bajeßid stehet
den Mauren inSpanien bey;
18.

Indem solchergestalt die osmanischen Sachen in Osten sich in blü-
hendem Zustande befinden: so leidet die muhämmedische Religion in dem Kö-
nigreiche Endelos 34 einen heftigen Stoß. Nach verschiedenen Niederlagen
werden die Müsülmanen daselbst allenthalben vertrieben, gemartert, und ge-
zwungen ihre Religion abzuschweren. In diesem Jammer schicken sie Gesand-
[Spaltenumbruch]

33 in die Gebirge] Heutiges Tages die
Gebirge von Erßirum, Demirkapu und Der-
bend genennet: das ist, das eiserne Thor oder
Paß, in welchen die scythische Königinn To-
myris den König Cyrus in Persien gelocket,
und, wie man saget, mit seinem ganzen Heere
niedergehauen hat.
34 Endelos] Andalusien. Mit diesem
Namen wird bey den alten Türken ganz Spa-
nien benennet, welches unter die Botmäßig-
keit der Mauren gerieth, vermuthlich von der
ersten Landschaft, deren sie sich bemächtigten.
Heut zu Tage aber theilen die Türken, eben
wie wir, Spanien in zweene Theile, nämlich
in Spanien und Lusitanien, das bey ihnen
ebenfals Portugal genennet wird.
35 Dscheneral Jami] Dieses ist der
[Spaltenumbruch]
sehr berühmte Graf Johann Torquat, dessen
Schicksal die christlichen und türkischen
Schriftsteller auf so verschiedene Weise erzäh-
len. Die erstern sagen: er sey in dem ge-
genwärtigen Treffen mitten unter dem dicksten
Haufen der Feinde gestorben; aber nicht als
ein Ueberwundener, sondern aus Ermüdung
von dem Siege. Die letztern hingegen be-
haupten, er sey lebendig gefangen worden.
Welchen von beyden ich nun glauben soll,
das weis ich selbst nicht.
36 Aehmed Mirßa] Daß dieser ent-
weder ein Anverwandter des Königes zu Ti-
bris, oder doch sonst von hoher Abkunft ge-
wesen sey, das lässet sich gar deutlich aus dem
Beynamen Mirßa erkennen. Denn obzwar
der Ursprung dieses Wortes unbekannt ist*

ten
* [D'Herbelot saget, Mirßa sey ein zusammengezogenes Wort aus Emir Ssadeh, das in der persischen
Sprache

Osmaniſche Geſchichte
ſchwemmete das ganze Land, fuͤhrete eine große Menge Gefangenen hinweg,
und verſperrete die Eingaͤnge in die Gebirge 33, damit daſſelbe umringet iſt,
durch angelegte Schloͤſſer, ſo daß die Einwohner ganz und gar verſchloſſen wur-
den und nicht mehr heraus kommen konnten. Nachdem die Pflanzſchule der
Soldaten ſolchergeſtalt zugeſtopfet war: ſo ſoll Kajetbaj, der ſeine Kraͤfte taͤg-
lich abnehmen und ſeines Feindes Macht dagegen zunehmen ſahe, wie man ſaget,
aus Bekuͤmmerniß daruͤber krank geworden und kurz darauf geſtorben ſeyn.

andere Krieges-
verrichtungendeſſelben.
17.

In demſelben Jahre nahm Bajeßids Sohn, Aebduͤllah, Fuͤrſt von
Ikonien, durch den Tod aus der Welt Abſchied. Im Jahre 890 ſchickte er
H. 890.



J. C. 1485.ein Kriegesheer in die Moldau, von dem die Einwohner eine große Niederlage
erlitten, und im naͤchſtfolgenden Jahre brachte er das aufruͤhriſche Land War-
ſak wieder unter ſeinen Gehorſam.

Bajeßid ſtehet
den Mauren inSpanien bey;
18.

Indem ſolchergeſtalt die osmaniſchen Sachen in Oſten ſich in bluͤ-
hendem Zuſtande befinden: ſo leidet die muhaͤmmediſche Religion in dem Koͤ-
nigreiche Endelos 34 einen heftigen Stoß. Nach verſchiedenen Niederlagen
werden die Muͤſuͤlmanen daſelbſt allenthalben vertrieben, gemartert, und ge-
zwungen ihre Religion abzuſchweren. In dieſem Jammer ſchicken ſie Geſand-
[Spaltenumbruch]

33 in die Gebirge] Heutiges Tages die
Gebirge von Erßirum, Demirkapu und Der-
bend genennet: das iſt, das eiſerne Thor oder
Paß, in welchen die ſcythiſche Koͤniginn To-
myris den Koͤnig Cyrus in Perſien gelocket,
und, wie man ſaget, mit ſeinem ganzen Heere
niedergehauen hat.
34 Endelos] Andaluſien. Mit dieſem
Namen wird bey den alten Tuͤrken ganz Spa-
nien benennet, welches unter die Botmaͤßig-
keit der Mauren gerieth, vermuthlich von der
erſten Landſchaft, deren ſie ſich bemaͤchtigten.
Heut zu Tage aber theilen die Tuͤrken, eben
wie wir, Spanien in zweene Theile, naͤmlich
in Spanien und Luſitanien, das bey ihnen
ebenfals Portugal genennet wird.
35 Dſcheneral Jami] Dieſes iſt der
[Spaltenumbruch]
ſehr beruͤhmte Graf Johann Torquat, deſſen
Schickſal die chriſtlichen und tuͤrkiſchen
Schriftſteller auf ſo verſchiedene Weiſe erzaͤh-
len. Die erſtern ſagen: er ſey in dem ge-
genwaͤrtigen Treffen mitten unter dem dickſten
Haufen der Feinde geſtorben; aber nicht als
ein Ueberwundener, ſondern aus Ermuͤdung
von dem Siege. Die letztern hingegen be-
haupten, er ſey lebendig gefangen worden.
Welchen von beyden ich nun glauben ſoll,
das weis ich ſelbſt nicht.
36 Aehmed Mirßa] Daß dieſer ent-
weder ein Anverwandter des Koͤniges zu Ti-
bris, oder doch ſonſt von hoher Abkunft ge-
weſen ſey, das laͤſſet ſich gar deutlich aus dem
Beynamen Mirßa erkennen. Denn obzwar
der Urſprung dieſes Wortes unbekannt iſt*

ten
* [D'Herbelot ſaget, Mirßa ſey ein zuſammengezogenes Wort aus Emir Sſadeh, das in der perſiſchen
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[192/0278] Osmaniſche Geſchichte ſchwemmete das ganze Land, fuͤhrete eine große Menge Gefangenen hinweg, und verſperrete die Eingaͤnge in die Gebirge ³³ , damit daſſelbe umringet iſt, durch angelegte Schloͤſſer, ſo daß die Einwohner ganz und gar verſchloſſen wur- den und nicht mehr heraus kommen konnten. Nachdem die Pflanzſchule der Soldaten ſolchergeſtalt zugeſtopfet war: ſo ſoll Kajetbaj, der ſeine Kraͤfte taͤg- lich abnehmen und ſeines Feindes Macht dagegen zunehmen ſahe, wie man ſaget, aus Bekuͤmmerniß daruͤber krank geworden und kurz darauf geſtorben ſeyn. 17. In demſelben Jahre nahm Bajeßids Sohn, Aebduͤllah, Fuͤrſt von Ikonien, durch den Tod aus der Welt Abſchied. Im Jahre 890 ſchickte er ein Kriegesheer in die Moldau, von dem die Einwohner eine große Niederlage erlitten, und im naͤchſtfolgenden Jahre brachte er das aufruͤhriſche Land War- ſak wieder unter ſeinen Gehorſam. H. 890. J. C. 1485. 18. Indem ſolchergeſtalt die osmaniſchen Sachen in Oſten ſich in bluͤ- hendem Zuſtande befinden: ſo leidet die muhaͤmmediſche Religion in dem Koͤ- nigreiche Endelos ³⁴ einen heftigen Stoß. Nach verſchiedenen Niederlagen werden die Muͤſuͤlmanen daſelbſt allenthalben vertrieben, gemartert, und ge- zwungen ihre Religion abzuſchweren. In dieſem Jammer ſchicken ſie Geſand- ten ³³ in die Gebirge] Heutiges Tages die Gebirge von Erßirum, Demirkapu und Der- bend genennet: das iſt, das eiſerne Thor oder Paß, in welchen die ſcythiſche Koͤniginn To- myris den Koͤnig Cyrus in Perſien gelocket, und, wie man ſaget, mit ſeinem ganzen Heere niedergehauen hat. ³⁴ Endelos] Andaluſien. Mit dieſem Namen wird bey den alten Tuͤrken ganz Spa- nien benennet, welches unter die Botmaͤßig- keit der Mauren gerieth, vermuthlich von der erſten Landſchaft, deren ſie ſich bemaͤchtigten. Heut zu Tage aber theilen die Tuͤrken, eben wie wir, Spanien in zweene Theile, naͤmlich in Spanien und Luſitanien, das bey ihnen ebenfals Portugal genennet wird. ³⁵ Dſcheneral Jami] Dieſes iſt der ſehr beruͤhmte Graf Johann Torquat, deſſen Schickſal die chriſtlichen und tuͤrkiſchen Schriftſteller auf ſo verſchiedene Weiſe erzaͤh- len. Die erſtern ſagen: er ſey in dem ge- genwaͤrtigen Treffen mitten unter dem dickſten Haufen der Feinde geſtorben; aber nicht als ein Ueberwundener, ſondern aus Ermuͤdung von dem Siege. Die letztern hingegen be- haupten, er ſey lebendig gefangen worden. Welchen von beyden ich nun glauben ſoll, das weis ich ſelbſt nicht. ³⁶ Aehmed Mirßa] Daß dieſer ent- weder ein Anverwandter des Koͤniges zu Ti- bris, oder doch ſonſt von hoher Abkunft ge- weſen ſey, das laͤſſet ſich gar deutlich aus dem Beynamen Mirßa erkennen. Denn obzwar der Urſprung dieſes Wortes unbekannt iſt * (es * [D'Herbelot ſaget, Mirßa ſey ein zuſammengezogenes Wort aus Emir Sſadeh, das in der perſiſchen Sprache

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/278>, abgerufen am 22.11.2024.