"und dem gemeinen Besten von ihm war unternommen worden. Ich habe "dieses gethan, weil ich dem Befehle eines Vaters nicht ungehorsam seyn "wollte: da er aber itzo zurück gekommen ist; so mag derselbe sein eigenthüm- "liches Reich einnehmen, und ich will das Zepter niederlegen, und mich selbst "auf ewig für seinen Sohn und Unterthanen erkennen."
5.
Wenige Tage hernach, als er von seines Vaters Annäherung Nach-und tritt seinem Vater den Thron ab. richt erhält, gehet er über den constantinopelischen Kanal, in Begleitung aller seiner Weßire und der übrigen bürgerlichen und Kriegsbedienten, und trifft ihn nicht weit von Nicäa an. Er bezeiget demselben gleich seine Unterthänigkeit, und befiehlet den übrigen, seinem Beyspiele zu folgen: giebt auch Befehl, den Mimber 4 aufzurichten. Als dieses geschehen ist: so nimmt Korkud selbst seinen Vater bey der Hand und führet ihn auf den Thron: wendet sich hierauf gegen die Zuschauer und saget; "Dieses ist zwar mein Vater und Herr, aber auch "zugleich der Regent und Kaiser der Osmanen. Ich bin bisher sein Schat- "ten gewesen: nunmehr, da das Licht angekommen ist, verschwindet der "Schatten. Erzeiget daher ihm allein Gehorsam und Ehrerbietung." Nach- dem er diese Worte gesaget hat: so kehret er wieder nach Constantinopel, seinen Vater allda zu erwarten. Bajeßid kommt hieselbst an, am 29 Tage des Mo- nats Dschemaßiül ochir, im Jahre 886, und wird sogleich durch Aufsetzung derH. 886. J. C. 1481. Krone als Kaiser eingeweihet.
6.
Allein, diese Sache kam Dschem 5 sehr hart vor; denn er hatte wegenDschem empöret sich: Korkuds junger Jahre große Hoffnung geschöpfet, sich des Reiches zu bemäch- tigen: da aber Bajeßid den Thron bestieg; so sahe er sich in seiner Erwartung gänzlich betrogen. Er gab vor, die Krone gehöre ihm zu, weil Bajeßid gebo- ren sey, ehe sein Vater Muhämmed noch Sultan geworden, und erklärete es für schimpflich, daß das Reich dem Sohne eines gemeinen Mannes, zum Nach- theile der kaiserlichen Nachkommenschaft, gegeben werden sollte. Er beschul- digte seines Vaters hinterlassenen Willen einer Verfälschung, weil derselbe nicht [Spaltenumbruch]
Salomons oder Alexanders des Großen; als Chatemi Dschemm, Salomons Siegel oder Petschaftring: Dschami Dschemm, der Spie- gel Salomons oder Alexanders, der in einer andern griechischen Fabel Leo dem Weisen, Basilius aus Macedonien Sohne und Kaiser in Griechenland, zugeschrieben wird. Von welcher unter diesen beyden Bedeutungen aber [Spaltenumbruch] dieser Sultan seinen Namen bekommen habe, das kann ich nicht sagen. Inzwischen habe ich doch niemals gelesen oder gehöret, daß einiger anderer Türk diesen Namen geführet hätte. Die christlichen Schriftsteller haben ohne Zweifel ihre Wörter Zemes und Zizim daher genommen, die sonsten ursprünglicher Weise gar nichts bedeuten.
schriftlich
8. Bajeßid der II
“und dem gemeinen Beſten von ihm war unternommen worden. Ich habe “dieſes gethan, weil ich dem Befehle eines Vaters nicht ungehorſam ſeyn “wollte: da er aber itzo zuruͤck gekommen iſt; ſo mag derſelbe ſein eigenthuͤm- “liches Reich einnehmen, und ich will das Zepter niederlegen, und mich ſelbſt “auf ewig fuͤr ſeinen Sohn und Unterthanen erkennen.„
5.
Wenige Tage hernach, als er von ſeines Vaters Annaͤherung Nach-und tritt ſeinem Vater den Thron ab. richt erhaͤlt, gehet er uͤber den conſtantinopeliſchen Kanal, in Begleitung aller ſeiner Weßire und der uͤbrigen buͤrgerlichen und Kriegsbedienten, und trifft ihn nicht weit von Nicaͤa an. Er bezeiget demſelben gleich ſeine Unterthaͤnigkeit, und befiehlet den uͤbrigen, ſeinem Beyſpiele zu folgen: giebt auch Befehl, den Mimber 4 aufzurichten. Als dieſes geſchehen iſt: ſo nimmt Korkud ſelbſt ſeinen Vater bey der Hand und fuͤhret ihn auf den Thron: wendet ſich hierauf gegen die Zuſchauer und ſaget; “Dieſes iſt zwar mein Vater und Herr, aber auch “zugleich der Regent und Kaiſer der Osmanen. Ich bin bisher ſein Schat- “ten geweſen: nunmehr, da das Licht angekommen iſt, verſchwindet der “Schatten. Erzeiget daher ihm allein Gehorſam und Ehrerbietung.„ Nach- dem er dieſe Worte geſaget hat: ſo kehret er wieder nach Conſtantinopel, ſeinen Vater allda zu erwarten. Bajeßid kommt hieſelbſt an, am 29 Tage des Mo- nats Dſchemaßiuͤl ochir, im Jahre 886, und wird ſogleich durch Aufſetzung derH. 886. J. C. 1481. Krone als Kaiſer eingeweihet.
6.
Allein, dieſe Sache kam Dſchem 5 ſehr hart vor; denn er hatte wegenDſchem empoͤret ſich: Korkuds junger Jahre große Hoffnung geſchoͤpfet, ſich des Reiches zu bemaͤch- tigen: da aber Bajeßid den Thron beſtieg; ſo ſahe er ſich in ſeiner Erwartung gaͤnzlich betrogen. Er gab vor, die Krone gehoͤre ihm zu, weil Bajeßid gebo- ren ſey, ehe ſein Vater Muhaͤmmed noch Sultan geworden, und erklaͤrete es fuͤr ſchimpflich, daß das Reich dem Sohne eines gemeinen Mannes, zum Nach- theile der kaiſerlichen Nachkommenſchaft, gegeben werden ſollte. Er beſchul- digte ſeines Vaters hinterlaſſenen Willen einer Verfaͤlſchung, weil derſelbe nicht [Spaltenumbruch]
Salomons oder Alexanders des Großen; als Chatemi Dſchemm, Salomons Siegel oder Petſchaftring: Dſchami Dſchemm, der Spie- gel Salomons oder Alexanders, der in einer andern griechiſchen Fabel Leo dem Weiſen, Baſilius aus Macedonien Sohne und Kaiſer in Griechenland, zugeſchrieben wird. Von welcher unter dieſen beyden Bedeutungen aber [Spaltenumbruch] dieſer Sultan ſeinen Namen bekommen habe, das kann ich nicht ſagen. Inzwiſchen habe ich doch niemals geleſen oder gehoͤret, daß einiger anderer Tuͤrk dieſen Namen gefuͤhret haͤtte. Die chriſtlichen Schriftſteller haben ohne Zweifel ihre Woͤrter Zemes und Zizim daher genommen, die ſonſten urſpruͤnglicher Weiſe gar nichts bedeuten.
ſchriftlich
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8. Bajeßid der II
“und dem gemeinen Beſten von ihm war unternommen worden. Ich habe
“dieſes gethan, weil ich dem Befehle eines Vaters nicht ungehorſam ſeyn
“wollte: da er aber itzo zuruͤck gekommen iſt; ſo mag derſelbe ſein eigenthuͤm-
“liches Reich einnehmen, und ich will das Zepter niederlegen, und mich ſelbſt
“auf ewig fuͤr ſeinen Sohn und Unterthanen erkennen.„
5. Wenige Tage hernach, als er von ſeines Vaters Annaͤherung Nach-
richt erhaͤlt, gehet er uͤber den conſtantinopeliſchen Kanal, in Begleitung aller
ſeiner Weßire und der uͤbrigen buͤrgerlichen und Kriegsbedienten, und trifft ihn
nicht weit von Nicaͤa an. Er bezeiget demſelben gleich ſeine Unterthaͤnigkeit,
und befiehlet den uͤbrigen, ſeinem Beyſpiele zu folgen: giebt auch Befehl, den
Mimber
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aufzurichten. Als dieſes geſchehen iſt: ſo nimmt Korkud ſelbſt ſeinen
Vater bey der Hand und fuͤhret ihn auf den Thron: wendet ſich hierauf gegen
die Zuſchauer und ſaget; “Dieſes iſt zwar mein Vater und Herr, aber auch
“zugleich der Regent und Kaiſer der Osmanen. Ich bin bisher ſein Schat-
“ten geweſen: nunmehr, da das Licht angekommen iſt, verſchwindet der
“Schatten. Erzeiget daher ihm allein Gehorſam und Ehrerbietung.„ Nach-
dem er dieſe Worte geſaget hat: ſo kehret er wieder nach Conſtantinopel, ſeinen
Vater allda zu erwarten. Bajeßid kommt hieſelbſt an, am 29 Tage des Mo-
nats Dſchemaßiuͤl ochir, im Jahre 886, und wird ſogleich durch Aufſetzung der
Krone als Kaiſer eingeweihet.
und tritt ſeinem
Vater den
Thron ab.
H. 886.
J. C. 1481.
6. Allein, dieſe Sache kam Dſchem
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ſehr hart vor; denn er hatte wegen
Korkuds junger Jahre große Hoffnung geſchoͤpfet, ſich des Reiches zu bemaͤch-
tigen: da aber Bajeßid den Thron beſtieg; ſo ſahe er ſich in ſeiner Erwartung
gaͤnzlich betrogen. Er gab vor, die Krone gehoͤre ihm zu, weil Bajeßid gebo-
ren ſey, ehe ſein Vater Muhaͤmmed noch Sultan geworden, und erklaͤrete es
fuͤr ſchimpflich, daß das Reich dem Sohne eines gemeinen Mannes, zum Nach-
theile der kaiſerlichen Nachkommenſchaft, gegeben werden ſollte. Er beſchul-
digte ſeines Vaters hinterlaſſenen Willen einer Verfaͤlſchung, weil derſelbe nicht
ſchriftlich
Salomons oder Alexanders des Großen; als
Chatemi Dſchemm, Salomons Siegel oder
Petſchaftring: Dſchami Dſchemm, der Spie-
gel Salomons oder Alexanders, der in einer
andern griechiſchen Fabel Leo dem Weiſen,
Baſilius aus Macedonien Sohne und Kaiſer
in Griechenland, zugeſchrieben wird. Von
welcher unter dieſen beyden Bedeutungen aber
dieſer Sultan ſeinen Namen bekommen habe,
das kann ich nicht ſagen. Inzwiſchen habe
ich doch niemals geleſen oder gehoͤret, daß
einiger anderer Tuͤrk dieſen Namen gefuͤhret
haͤtte. Die chriſtlichen Schriftſteller haben
ohne Zweifel ihre Woͤrter Zemes und Zizim
daher genommen, die ſonſten urſpruͤnglicher
Weiſe gar nichts bedeuten.
Dſchem empoͤret
ſich:
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/261>, abgerufen am 25.11.2024.
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