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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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3. Murad der I
4.

Das Jahr 763 ist merkwürdig, wegen Aufrichtung des Soldatenor-Aufrichtung der
Jeng-itscheri.

dens der Jeng-itscheri*. Der Begjlerbegj von Rumili, Ornus, hatte nun-
mehr Ipsala und Malgara eingenommen, die benachbarten Länder mit FeuerH. 763.



J. C. 1362.
und Schwerte verwüstet, und eine unzählige Menge Gefangenen aus denselben
weggeführet. Der oberste Weßir, Kara Halil Pascha 10, nimmt daher Gele-
genheit, folgenden Einfall zur Kurzweile vorzubringen. "Man pfleget zwar
"insgemein unter uns zu sagen, alle Beute gehöre dem Kaiser: wann aber
"die Anzahl der Gefangenen gleich noch so groß ist; so werden sie doch alle
"von andern Personen aufgekaufet, und der Kaiser bekommt keine davon.
"Ich dächte also, es wäre nicht nur recht, sondern auch vortheilhaft, daß man
"einige von des Kaisers getreuen Aegäwat 11 an die Meerenge von Kallipolis
[Spaltenumbruch]
9 Muradije3*] das ist, Murads Tem-
pel: gleichwie Sülejmanije, Sülejmans Tem-
pel; Muhämmedije, Muhämmeds Tempel;
u. s. w. Es ist ein besonderer Vorzug, den
der Kaiser allein besitzet, daß er einen Dscha-
mi nach seinem eigenen Namen nennen kann:
da sonst dem obersten Weßire selbst, wenn er
auch noch so einen großen Dschami bauete,
nicht erlaubet ist, denselben nach seinem Namen
zu nennen, zum Beyspiele Mustäfije, Mu-
stäfas Tempel. Inzwischen giebt es doch
einige, welche bis auf den heutigen Tag den
Namen ihrer Stifter behalten: als Dawud
Pascha Dschamisi, und Ali Pascha Dschamisi.
Allein, bey allen diesen muß das Wort Dscha-
misi dazu gesetzt werden, das bey den Sela-
tin oder kaiserlichen insgemein wegbleibet.
Es ist auch nicht erlaubt, daß die Kaiser ei-
nigem andern Gebäude, außer einem Dschami,
ihren Namen beylegen. Daher kommt es,
daß keine Stadt, so viel ich mich erinnern
kann, den Namen ihres Anbauers behalten
hat: ausgenommen diejenige, die Osman,
der erste Kaiser der Türken, erbauete, und
[Spaltenumbruch]
die noch itzo Osmandschik heißet. Es wird
derselben weiter unten gedacht werden.
10 Kara Halil Pascha] Halil ist der
eigene Name dieses Pascha. Kara heißet
schwarz. Denn diejenigen, die schwärzer im
Angesichte sind, als andere, haben gemeinig-
lich die Gewohnheit, dieses Wort ihren Na-
men beyzufügen: als Kara Muhämmed,
Kara Häsen, Kara Mustäfa Pascha, u. s. w.
Dieser Halil scheinet eben derjenige zu seyn,
der bey den christlichen Schriftstellern Chäjr-
üddin und Caratinus heißet: denn es ist
sonst kein anderer dieses Namens bey den
Türken berufen, ausgenommen Sülejmans
berühmter Seeherr, den die Christen insge-
mein Hariadenus Barbarossa nennen.
11 Aegäwat] insgemein Agalar, ist die
mehrere Zahl (im Arabischen) von der ein-
fachen, Aga, das eigentlich einen Herrn be-
deutet, wie man eine iede Person aus Ehrer-
bietigkeit zu nennen pfleget. Es wird aber
dieses Wort niemals gegen Gott gebrauchet,

hin
Gott und den Kaiser, oder der rechte Glaube. Davon kommt Müslim, ein Rechtglaubiger, und in
der mehreren Zahl auf Arabisch Müslimin, und auf Persisch Müsliman. Hieraus ist durch eine Ver-
derbung Müsülman entstanden.
* Janitscharen.
3* mit dem Tone auf dem e.
G 3
3. Murad der I
4.

Das Jahr 763 iſt merkwuͤrdig, wegen Aufrichtung des Soldatenor-Aufrichtung der
Jeng-itſcheri.

dens der Jeng-itſcheri*. Der Begjlerbegj von Rumili, Ornus, hatte nun-
mehr Ipſala und Malgara eingenommen, die benachbarten Laͤnder mit FeuerH. 763.



J. C. 1362.
und Schwerte verwuͤſtet, und eine unzaͤhlige Menge Gefangenen aus denſelben
weggefuͤhret. Der oberſte Weßir, Kara Halil Paſcha 10, nimmt daher Gele-
genheit, folgenden Einfall zur Kurzweile vorzubringen. “Man pfleget zwar
“insgemein unter uns zu ſagen, alle Beute gehoͤre dem Kaiſer: wann aber
“die Anzahl der Gefangenen gleich noch ſo groß iſt; ſo werden ſie doch alle
“von andern Perſonen aufgekaufet, und der Kaiſer bekommt keine davon.
“Ich daͤchte alſo, es waͤre nicht nur recht, ſondern auch vortheilhaft, daß man
“einige von des Kaiſers getreuen Aegaͤwat 11 an die Meerenge von Kallipolis
[Spaltenumbruch]
9 Muradije3*] das iſt, Murads Tem-
pel: gleichwie Suͤlejmanije, Suͤlejmans Tem-
pel; Muhaͤmmedije, Muhaͤmmeds Tempel;
u. ſ. w. Es iſt ein beſonderer Vorzug, den
der Kaiſer allein beſitzet, daß er einen Dſcha-
mi nach ſeinem eigenen Namen nennen kann:
da ſonſt dem oberſten Weßire ſelbſt, wenn er
auch noch ſo einen großen Dſchami bauete,
nicht erlaubet iſt, denſelben nach ſeinem Namen
zu nennen, zum Beyſpiele Muſtaͤfije, Mu-
ſtaͤfas Tempel. Inzwiſchen giebt es doch
einige, welche bis auf den heutigen Tag den
Namen ihrer Stifter behalten: als Dawud
Paſcha Dſchamiſi, und Ali Paſcha Dſchamiſi.
Allein, bey allen dieſen muß das Wort Dſcha-
miſi dazu geſetzt werden, das bey den Sela-
tin oder kaiſerlichen insgemein wegbleibet.
Es iſt auch nicht erlaubt, daß die Kaiſer ei-
nigem andern Gebaͤude, außer einem Dſchami,
ihren Namen beylegen. Daher kommt es,
daß keine Stadt, ſo viel ich mich erinnern
kann, den Namen ihres Anbauers behalten
hat: ausgenommen diejenige, die Osman,
der erſte Kaiſer der Tuͤrken, erbauete, und
[Spaltenumbruch]
die noch itzo Osmandſchik heißet. Es wird
derſelben weiter unten gedacht werden.
10 Kara Halil Paſcha] Halil iſt der
eigene Name dieſes Paſcha. Kara heißet
ſchwarz. Denn diejenigen, die ſchwaͤrzer im
Angeſichte ſind, als andere, haben gemeinig-
lich die Gewohnheit, dieſes Wort ihren Na-
men beyzufuͤgen: als Kara Muhaͤmmed,
Kara Haͤſen, Kara Muſtaͤfa Paſcha, u. ſ. w.
Dieſer Halil ſcheinet eben derjenige zu ſeyn,
der bey den chriſtlichen Schriftſtellern Chaͤjr-
uͤddin und Caratinus heißet: denn es iſt
ſonſt kein anderer dieſes Namens bey den
Tuͤrken berufen, ausgenommen Suͤlejmans
beruͤhmter Seeherr, den die Chriſten insge-
mein Hariadenus Barbaroſſa nennen.
11 Aegaͤwat] insgemein Agalar, iſt die
mehrere Zahl (im Arabiſchen) von der ein-
fachen, Aga, das eigentlich einen Herrn be-
deutet, wie man eine iede Perſon aus Ehrer-
bietigkeit zu nennen pfleget. Es wird aber
dieſes Wort niemals gegen Gott gebrauchet,

hin
Gott und den Kaiſer, oder der rechte Glaube. Davon kommt Muͤslim, ein Rechtglaubiger, und in
der mehreren Zahl auf Arabiſch Muͤslimin, und auf Perſiſch Muͤsliman. Hieraus iſt durch eine Ver-
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* Janitſcharen.
3* mit dem Tone auf dem e.
G 3
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[53/0129] 3. Murad der I 4. Das Jahr 763 iſt merkwuͤrdig, wegen Aufrichtung des Soldatenor- dens der Jeng-itſcheri *. Der Begjlerbegj von Rumili, Ornus, hatte nun- mehr Ipſala und Malgara eingenommen, die benachbarten Laͤnder mit Feuer und Schwerte verwuͤſtet, und eine unzaͤhlige Menge Gefangenen aus denſelben weggefuͤhret. Der oberſte Weßir, Kara Halil Paſcha ¹⁰ , nimmt daher Gele- genheit, folgenden Einfall zur Kurzweile vorzubringen. “Man pfleget zwar “insgemein unter uns zu ſagen, alle Beute gehoͤre dem Kaiſer: wann aber “die Anzahl der Gefangenen gleich noch ſo groß iſt; ſo werden ſie doch alle “von andern Perſonen aufgekaufet, und der Kaiſer bekommt keine davon. “Ich daͤchte alſo, es waͤre nicht nur recht, ſondern auch vortheilhaft, daß man “einige von des Kaiſers getreuen Aegaͤwat ¹¹ an die Meerenge von Kallipolis hin ⁹ Muradije 3*] das iſt, Murads Tem- pel: gleichwie Suͤlejmanije, Suͤlejmans Tem- pel; Muhaͤmmedije, Muhaͤmmeds Tempel; u. ſ. w. Es iſt ein beſonderer Vorzug, den der Kaiſer allein beſitzet, daß er einen Dſcha- mi nach ſeinem eigenen Namen nennen kann: da ſonſt dem oberſten Weßire ſelbſt, wenn er auch noch ſo einen großen Dſchami bauete, nicht erlaubet iſt, denſelben nach ſeinem Namen zu nennen, zum Beyſpiele Muſtaͤfije, Mu- ſtaͤfas Tempel. Inzwiſchen giebt es doch einige, welche bis auf den heutigen Tag den Namen ihrer Stifter behalten: als Dawud Paſcha Dſchamiſi, und Ali Paſcha Dſchamiſi. Allein, bey allen dieſen muß das Wort Dſcha- miſi dazu geſetzt werden, das bey den Sela- tin oder kaiſerlichen insgemein wegbleibet. Es iſt auch nicht erlaubt, daß die Kaiſer ei- nigem andern Gebaͤude, außer einem Dſchami, ihren Namen beylegen. Daher kommt es, daß keine Stadt, ſo viel ich mich erinnern kann, den Namen ihres Anbauers behalten hat: ausgenommen diejenige, die Osman, der erſte Kaiſer der Tuͤrken, erbauete, und die noch itzo Osmandſchik heißet. Es wird derſelben weiter unten gedacht werden. ¹⁰ Kara Halil Paſcha] Halil iſt der eigene Name dieſes Paſcha. Kara heißet ſchwarz. Denn diejenigen, die ſchwaͤrzer im Angeſichte ſind, als andere, haben gemeinig- lich die Gewohnheit, dieſes Wort ihren Na- men beyzufuͤgen: als Kara Muhaͤmmed, Kara Haͤſen, Kara Muſtaͤfa Paſcha, u. ſ. w. Dieſer Halil ſcheinet eben derjenige zu ſeyn, der bey den chriſtlichen Schriftſtellern Chaͤjr- uͤddin und Caratinus heißet: denn es iſt ſonſt kein anderer dieſes Namens bey den Tuͤrken berufen, ausgenommen Suͤlejmans beruͤhmter Seeherr, den die Chriſten insge- mein Hariadenus Barbaroſſa nennen. ¹¹ Aegaͤwat] insgemein Agalar, iſt die mehrere Zahl (im Arabiſchen) von der ein- fachen, Aga, das eigentlich einen Herrn be- deutet, wie man eine iede Perſon aus Ehrer- bietigkeit zu nennen pfleget. Es wird aber dieſes Wort niemals gegen Gott gebrauchet, ſondern 2* Aufrichtung der Jeng-itſcheri. H. 763. J. C. 1362. * Janitſcharen. 3* mit dem Tone auf dem e. 2* Gott und den Kaiſer, oder der rechte Glaube. Davon kommt Muͤslim, ein Rechtglaubiger, und in der mehreren Zahl auf Arabiſch Muͤslimin, und auf Perſiſch Muͤsliman. Hieraus iſt durch eine Ver- derbung Muͤſuͤlman entſtanden. G 3

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/129>, abgerufen am 27.11.2024.