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[Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700.

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2.
Solt' ich dich noch überleben/
Der ich mehr als mir ergeben/
Die ich in mein Hertz gedrückt;
Dich/ die du mich so beglückt/
Daß die Welt mit Cron und Reichen
Mich zu keinem Neid gebracht/
Weil ich sie/ dir zu vergleichen/
Niemahls groß genug geacht?
3.
Doris kanst du mich betrüben?
Wo ist deine Treu geblieben/
Die an meiner Lust und Graam
Immer gleichen Antheil nahm?
Du eylst zur bestirnten Strassen/
Und hast nun zum ersten mahl
Mich und unsern Bund verlassen;
Deine Wonne schafft mir Quaal!
4.
Was für Wellen und für Flammen
Schlagen über mich zusammen!
Unaussprechlicher Verlust/
Wie beklemmst du meine Brust!
Und wie kommts? da ich mich kräncke/
Werd ich gleichsam wie ergetzt/
Wenn ich nur an die gedencke/
Die mich in das Leid gesetzt.
5.
Möchte mir ein Lied gelingen/
Sie nach Würden zu besingen!
Doch ein untermengtes Ach
Macht mir Hand und Stimme schwach;
Worte werden mir zu Thränen/
Und so muß ich mir allein/
In dem allergrößten Sehnen/
Der betrübte Zeuge seyn.
6. Ihr
2.
Solt’ ich dich noch uͤberleben/
Der ich mehr als mir ergeben/
Die ich in mein Hertz gedruͤckt;
Dich/ die du mich ſo begluͤckt/
Daß die Welt mit Cron und Reichen
Mich zu keinem Neid gebracht/
Weil ich ſie/ dir zu vergleichen/
Niemahls groß genug geacht?
3.
Doris kanſt du mich betruͤben?
Wo iſt deine Treu geblieben/
Die an meiner Luſt und Graam
Immer gleichen Antheil nahm?
Du eylſt zur beſtirnten Straſſen/
Und haſt nun zum erſten mahl
Mich und unſern Bund verlaſſen;
Deine Wonne ſchafft mir Quaal!
4.
Was fuͤr Wellen und fuͤr Flammen
Schlagen uͤber mich zuſammen!
Unausſprechlicher Verluſt/
Wie beklemmſt du meine Bruſt!
Und wie kom̃ts? da ich mich kraͤncke/
Werd ich gleichſam wie ergetzt/
Wenn ich nur an die gedencke/
Die mich in das Leid geſetzt.
5.
Moͤchte mir ein Lied gelingen/
Sie nach Wuͤrden zu beſingen!
Doch ein untermengtes Ach
Macht mir Hand und Stimme ſchwach;
Worte werden mir zu Thraͤnen/
Und ſo muß ich mir allein/
In dem allergroͤßten Sehnen/
Der betruͤbte Zeuge ſeyn.
6. Ihr
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[84/0097] 2. Solt’ ich dich noch uͤberleben/ Der ich mehr als mir ergeben/ Die ich in mein Hertz gedruͤckt; Dich/ die du mich ſo begluͤckt/ Daß die Welt mit Cron und Reichen Mich zu keinem Neid gebracht/ Weil ich ſie/ dir zu vergleichen/ Niemahls groß genug geacht? 3. Doris kanſt du mich betruͤben? Wo iſt deine Treu geblieben/ Die an meiner Luſt und Graam Immer gleichen Antheil nahm? Du eylſt zur beſtirnten Straſſen/ Und haſt nun zum erſten mahl Mich und unſern Bund verlaſſen; Deine Wonne ſchafft mir Quaal! 4. Was fuͤr Wellen und fuͤr Flammen Schlagen uͤber mich zuſammen! Unausſprechlicher Verluſt/ Wie beklemmſt du meine Bruſt! Und wie kom̃ts? da ich mich kraͤncke/ Werd ich gleichſam wie ergetzt/ Wenn ich nur an die gedencke/ Die mich in das Leid geſetzt. 5. Moͤchte mir ein Lied gelingen/ Sie nach Wuͤrden zu beſingen! Doch ein untermengtes Ach Macht mir Hand und Stimme ſchwach; Worte werden mir zu Thraͤnen/ Und ſo muß ich mir allein/ In dem allergroͤßten Sehnen/ Der betruͤbte Zeuge ſeyn. 6. Ihr

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Zitationshilfe: [Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/canitz_gedichte_1700/97>, abgerufen am 07.05.2024.