Der zweete Tittel von der unterirdischen Lage, und Beschaffenheit der Werke zu St. Andreasberg.
§. 25.
Es bestehen auch diese Werke aus Gängen, die in einem sehr festen Gestein liegen. Man trift also auch hier nur drei Minerallagen an, nämlich das Hangende, den Gang selbst, und das Liegende. So wol das Hangende, als das Liegende ist ein schwarz- graues festes schieferiches Gestein, das ein grobes und splitteriches Gewebe hat. Die Gänge sühren, an statt des Ganggebirges, Quarz und Spaht, und 1, 2, und 3 fin- germächtige Rothgüldenerze, die eingesprengt sind. Sie hengen meisten Teils mit dem Hangenden und dem Liegenden zusammen, und darum führen sie kein Saalband, son- dern sie sind angewachsen. Bei denen, worauf zugleich Kupfererze brechen, muß man iedoch eine Ausnahme machen: Denn diese führen ein Saalband, von dem man ie zuweiln in der Sprache der Bergleute saaet, der Gang führet einen Harnisch, wann er eine feine und glatte Ablöfung hat. Bei denen Gängen, die Roth- und Weisgül- denerz führen, ist die Mächtigkeit nicht gros: Denn sie sind öfters nur 1/8 Lachter und 12 Zoll mächtig. Die Mächtigkeit der Gänge, auf welchen Kupfererze brechen, erstrek- ket sich hingegen auf etliche Lachter (§. 24. 2te Anm.). Sie streichen bei 1000 Lachter in das Feld, und sezzen 100, 200, 300, und wer weis es genau, wie viel Lachter tief in die Erde. Jhr Fallen ist inzwischen sehr seiger: Denn sie fallen mehrenteils 70 und 80-, der Gang auf dem Jacobsglük aber nicht viel über 45 Grad. Einige unter die- sen Gängen sezzen mit einem braunen Mulm, der Silber hält, und mit Spaht zu Tag aus, andere aber nehmen erst in der Erde ihren Anfang. Man bemerkt dieses als etwas besonderes, daß diese Gänge da an dem edelsten sind, wo ein Geschiebe mit einem glat- ten Saalband von der Seite zu ihnen komt. Uiber dis spühret man aber auch ferner, daß die Erze da reicher sind, wo die Gänge drusigt werden.
Anmerkung.
Der alte St. Andreasschacht war ehemals der tiefste unter den Schächten an diesem Ort. Er hatte eine Teufe von 270 Lachter erlanget, aus der man die Erze nicht mehr durch Künste mit Vorteil herausschaffen konte. Er blieb daher, zumal da er mehrenteils ausgehauen ware, liegen. Vielleicht geschiehet es, daß die Wasser die zurükgelassene Höhlungen wieder mit Erz aufüllen, weil sie geschikt genug sind Metallteilchen in ihren Zwischenräumgern zu beherbergen.
§. 26.
Jch will die besondere Umstände, die bei diesem oder ienem Gang in Erwegung kommen, nunmehr auch erzählen. So wol der Gang auf dem Samsohner- und dem Catharinaneufanger-, als dem Gnadegottesschacht streicht gegen Morgen, und wirft seine Doniege, die schiefe Abweichung von dem Horizont, nach Mitternacht. Ein eben dergleichen Streichen und Fallen haben aber auch die Gänge auf dem Andreaskreuz,
dem
Das neunte Stuͤk
Der zweete Tittel von der unterirdiſchen Lage, und Beſchaffenheit der Werke zu St. Andreasberg.
§. 25.
Es beſtehen auch dieſe Werke aus Gaͤngen, die in einem ſehr feſten Geſtein liegen. Man trift alſo auch hier nur drei Minerallagen an, naͤmlich das Hangende, den Gang ſelbſt, und das Liegende. So wol das Hangende, als das Liegende iſt ein ſchwarz- graues feſtes ſchieferiches Geſtein, das ein grobes und ſplitteriches Gewebe hat. Die Gaͤnge ſuͤhren, an ſtatt des Ganggebirges, Quarz und Spaht, und 1, 2, und 3 fin- germaͤchtige Rothguͤldenerze, die eingeſprengt ſind. Sie hengen meiſten Teils mit dem Hangenden und dem Liegenden zuſammen, und darum fuͤhren ſie kein Saalband, ſon- dern ſie ſind angewachſen. Bei denen, worauf zugleich Kupfererze brechen, muß man iedoch eine Ausnahme machen: Denn dieſe fuͤhren ein Saalband, von dem man ie zuweiln in der Sprache der Bergleute ſaaet, der Gang fuͤhret einen Harniſch, wann er eine feine und glatte Abloͤfung hat. Bei denen Gaͤngen, die Roth- und Weisguͤl- denerz fuͤhren, iſt die Maͤchtigkeit nicht gros: Denn ſie ſind oͤfters nur ⅛ Lachter und 12 Zoll maͤchtig. Die Maͤchtigkeit der Gaͤnge, auf welchen Kupfererze brechen, erſtrek- ket ſich hingegen auf etliche Lachter (§. 24. 2te Anm.). Sie ſtreichen bei 1000 Lachter in das Feld, und ſezzen 100, 200, 300, und wer weis es genau, wie viel Lachter tief in die Erde. Jhr Fallen iſt inzwiſchen ſehr ſeiger: Denn ſie fallen mehrenteils 70 und 80-, der Gang auf dem Jacobsgluͤk aber nicht viel uͤber 45 Grad. Einige unter die- ſen Gaͤngen ſezzen mit einem braunen Mulm, der Silber haͤlt, und mit Spaht zu Tag aus, andere aber nehmen erſt in der Erde ihren Anfang. Man bemerkt dieſes als etwas beſonderes, daß dieſe Gaͤnge da an dem edelſten ſind, wo ein Geſchiebe mit einem glat- ten Saalband von der Seite zu ihnen komt. Uiber dis ſpuͤhret man aber auch ferner, daß die Erze da reicher ſind, wo die Gaͤnge druſigt werden.
Anmerkung.
Der alte St. Andreasſchacht war ehemals der tiefſte unter den Schaͤchten an dieſem Ort. Er hatte eine Teufe von 270 Lachter erlanget, aus der man die Erze nicht mehr durch Kuͤnſte mit Vorteil herausſchaffen konte. Er blieb daher, zumal da er mehrenteils ausgehauen ware, liegen. Vielleicht geſchiehet es, daß die Waſſer die zuruͤkgelaſſene Hoͤhlungen wieder mit Erz aufuͤllen, weil ſie geſchikt genug ſind Metallteilchen in ihren Zwiſchenraͤumgern zu beherbergen.
§. 26.
Jch will die beſondere Umſtaͤnde, die bei dieſem oder ienem Gang in Erwegung kommen, nunmehr auch erzaͤhlen. So wol der Gang auf dem Samſohner- und dem Catharinaneufanger-, als dem Gnadegottesſchacht ſtreicht gegen Morgen, und wirft ſeine Doniege, die ſchiefe Abweichung von dem Horizont, nach Mitternacht. Ein eben dergleichen Streichen und Fallen haben aber auch die Gaͤnge auf dem Andreaskreuz,
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Das neunte Stuͤk
Der zweete Tittel
von der unterirdiſchen Lage, und Beſchaffenheit der Werke
zu St. Andreasberg.
§. 25.
Es beſtehen auch dieſe Werke aus Gaͤngen, die in einem ſehr feſten Geſtein liegen.
Man trift alſo auch hier nur drei Minerallagen an, naͤmlich das Hangende, den
Gang ſelbſt, und das Liegende. So wol das Hangende, als das Liegende iſt ein ſchwarz-
graues feſtes ſchieferiches Geſtein, das ein grobes und ſplitteriches Gewebe hat. Die
Gaͤnge ſuͤhren, an ſtatt des Ganggebirges, Quarz und Spaht, und 1, 2, und 3 fin-
germaͤchtige Rothguͤldenerze, die eingeſprengt ſind. Sie hengen meiſten Teils mit dem
Hangenden und dem Liegenden zuſammen, und darum fuͤhren ſie kein Saalband, ſon-
dern ſie ſind angewachſen. Bei denen, worauf zugleich Kupfererze brechen, muß man
iedoch eine Ausnahme machen: Denn dieſe fuͤhren ein Saalband, von dem man ie
zuweiln in der Sprache der Bergleute ſaaet, der Gang fuͤhret einen Harniſch, wann
er eine feine und glatte Abloͤfung hat. Bei denen Gaͤngen, die Roth- und Weisguͤl-
denerz fuͤhren, iſt die Maͤchtigkeit nicht gros: Denn ſie ſind oͤfters nur ⅛ Lachter und
12 Zoll maͤchtig. Die Maͤchtigkeit der Gaͤnge, auf welchen Kupfererze brechen, erſtrek-
ket ſich hingegen auf etliche Lachter (§. 24. 2te Anm.). Sie ſtreichen bei 1000 Lachter
in das Feld, und ſezzen 100, 200, 300, und wer weis es genau, wie viel Lachter tief
in die Erde. Jhr Fallen iſt inzwiſchen ſehr ſeiger: Denn ſie fallen mehrenteils 70 und
80-, der Gang auf dem Jacobsgluͤk aber nicht viel uͤber 45 Grad. Einige unter die-
ſen Gaͤngen ſezzen mit einem braunen Mulm, der Silber haͤlt, und mit Spaht zu Tag
aus, andere aber nehmen erſt in der Erde ihren Anfang. Man bemerkt dieſes als etwas
beſonderes, daß dieſe Gaͤnge da an dem edelſten ſind, wo ein Geſchiebe mit einem glat-
ten Saalband von der Seite zu ihnen komt. Uiber dis ſpuͤhret man aber auch ferner,
daß die Erze da reicher ſind, wo die Gaͤnge druſigt werden.
Anmerkung.
Der alte St. Andreasſchacht war ehemals der tiefſte unter den Schaͤchten an dieſem Ort.
Er hatte eine Teufe von 270 Lachter erlanget, aus der man die Erze nicht mehr durch Kuͤnſte mit
Vorteil herausſchaffen konte. Er blieb daher, zumal da er mehrenteils ausgehauen ware, liegen.
Vielleicht geſchiehet es, daß die Waſſer die zuruͤkgelaſſene Hoͤhlungen wieder mit Erz aufuͤllen, weil
ſie geſchikt genug ſind Metallteilchen in ihren Zwiſchenraͤumgern zu beherbergen.
§. 26.
Jch will die beſondere Umſtaͤnde, die bei dieſem oder ienem Gang in Erwegung
kommen, nunmehr auch erzaͤhlen. So wol der Gang auf dem Samſohner- und dem
Catharinaneufanger-, als dem Gnadegottesſchacht ſtreicht gegen Morgen, und wirft
ſeine Doniege, die ſchiefe Abweichung von dem Horizont, nach Mitternacht. Ein eben
dergleichen Streichen und Fallen haben aber auch die Gaͤnge auf dem Andreaskreuz,
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Cancrin, Franz Ludwig von: Beschreibung der vorzüglichsten Bergwerke. Frankfurt (Main), 1767, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cancrin_beschreibung_1767/174>, abgerufen am 06.07.2024.
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