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Cancrin, Franz Ludwig von: Beschreibung der vorzüglichsten Bergwerke. Frankfurt (Main), 1767.

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von dem rammelsberger Silber-Kupfer- u. Bleibergwerk bei Gosl. etc.
sungen, und daher sagt man, daß er angewachsen sei. Es sind schon 136 Lachter,
bei guten Anbrüchen, auf ihm abgesunken, und man weis noch nicht, wie tief er nieder-
sezzen wird. An dem Tag gehet er zwar aus, die Erze sind aber hier grau und unedel.
Die Erze, welche er in der Tiefe führet, bestehen aus Silber-Kupfer-Blei- und Schwe-
felerzen, und aus Atramentstein, wovon der grüne Vitriol gemacht wird. Jn der
zwoten Abhandlung werde ich Gelegenheit finden, diese Mineralien genauer zu beschreiben.

§. 11.

Das in dem Rammelsberg befindliche Wasser, das ich als ein flüssiges Mineral
betrachte, ist von einer besondern Eigenschaft. Es hat einen zusammen ziehenden Ge-
schmak, und ist sehr vitrilisch. Es bewahret das in die Gruben gebrachte Holz vor
der Fäulnis. Das Merkwürdigste bei ihm ist dieses: Daß das Eisen, über wel-
ches es flieset, zu Kupfer wird, ohnerachtet es so hell ist, daß man gar keine
feste Teilchen in ihm wahrnehmen, oder vermuthen kan.
Es hat diese Begeben-
heit keine wirkliche Verwandlung des einen Metalles in das andere zum Grund, wie
einige davor halten, die weniger auf die Natur aufmerksam gewesen sind. Die Vi-
triolsäure löset nur das Eisen auf, und indem sie dieses zernaget, und in die Zwischen-
räume desselben eindringet, und dadurch die in den vitrilischen Wassern befindliche Ku-
pferteilchen, die sich niederschlagen, gefället werden: So sezzen sich dieselbe in die Oerter
der aufgelösten Eisenteilchen an, wodurch dann nach und nach ein solches Stük Kupfer er-
zeugt wird, wie das Eisen beschaffen gewesen ist, das in dieses Wasser gelegt worden.
Daß dieses die richtigste Erklärung von dem zu Eisen werdenden Kupfer sei, das siehet
man daran gar deutlich, weiln in dem Jnnern eines in Kupfer verwandelten Eisens
noch Eisen ist, wann dasselbe zu frühzeitig aus dem Wasser genommen wird. Man
weis sich diese seltsame Wirkung der Natur an dem Rammelsberg gar artig zu Nuz
zu machen. Man leget in die Stollen, wodurch dieses Wasser flieset, altes Eisen,
damit man ihm die Kupferteilchen abnehmen möge. Nach dem Verlauf dreier Jahre
wird dieses Eisen wieder heraus genommen, da man dann bei 36 Centner gediegen
Kupfer vor das in das Wasser gelegte Eisen bekomt. Auch die in dem Rammelsberg
herunter tröpfelnde vitrilische Wasser machen das unter sie gelegte Eisen zu Kupfer, und
darum wird unter sie altes Eisen geleget, damit man das in ihnen befindliche Kupfer
erhalten möge. Die an diesen Oertern befindliche Stükker Eisen werden aber viel eher
zu Kupfer, als das, was man in die Stollen leget. Sie bleiben mehrenteils ganz, und
haben eine schöne rothe Farbe, die man da am mehresten gewahr wird, wo die Tro-
pfen auffallen. Dasienige Cementkupfer, welches sich an das Eisen ansezzet, und noch
nicht fest ist, wird abgeschrappet, und Kupferschlieg genennet. Bei alle diesem muß
man die Vorsicht gebrauchen, daß man das Eisen, ehe man es in die Cementirung brin-
det, erst glüet, und wieder in sich erkalten lässet, damit die Zwischenräume desselben
erweitert, und den vitrilischen Wassern ein besserer Eingang in dasselbe verstattet wer-
den möge. Bei der Tröpflung merket man dieses, als etwas besonderes an: Daß sie
bei nasser Witterung viel stärker und besser ist, als wie bei trokkener. Wer ein wenig
nachdenket, der wird auch die Ursache darinnen sezzen, daß ein gröserer Teil vitrilischer

Wasser
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von dem rammelsberger Silber-Kupfer- u. Bleibergwerk bei Gosl. ꝛc.
ſungen, und daher ſagt man, daß er angewachſen ſei. Es ſind ſchon 136 Lachter,
bei guten Anbruͤchen, auf ihm abgeſunken, und man weis noch nicht, wie tief er nieder-
ſezzen wird. An dem Tag gehet er zwar aus, die Erze ſind aber hier grau und unedel.
Die Erze, welche er in der Tiefe fuͤhret, beſtehen aus Silber-Kupfer-Blei- und Schwe-
felerzen, und aus Atramentſtein, wovon der gruͤne Vitriol gemacht wird. Jn der
zwoten Abhandlung werde ich Gelegenheit finden, dieſe Mineralien genauer zu beſchreiben.

§. 11.

Das in dem Rammelsberg befindliche Waſſer, das ich als ein fluͤſſiges Mineral
betrachte, iſt von einer beſondern Eigenſchaft. Es hat einen zuſammen ziehenden Ge-
ſchmak, und iſt ſehr vitriliſch. Es bewahret das in die Gruben gebrachte Holz vor
der Faͤulnis. Das Merkwuͤrdigſte bei ihm iſt dieſes: Daß das Eiſen, uͤber wel-
ches es flieſet, zu Kupfer wird, ohnerachtet es ſo hell iſt, daß man gar keine
feſte Teilchen in ihm wahrnehmen, oder vermuthen kan.
Es hat dieſe Begeben-
heit keine wirkliche Verwandlung des einen Metalles in das andere zum Grund, wie
einige davor halten, die weniger auf die Natur aufmerkſam geweſen ſind. Die Vi-
triolſaͤure loͤſet nur das Eiſen auf, und indem ſie dieſes zernaget, und in die Zwiſchen-
raͤume deſſelben eindringet, und dadurch die in den vitriliſchen Waſſern befindliche Ku-
pferteilchen, die ſich niederſchlagen, gefaͤllet werden: So ſezzen ſich dieſelbe in die Oerter
der aufgeloͤſten Eiſenteilchen an, wodurch dann nach und nach ein ſolches Stuͤk Kupfer er-
zeugt wird, wie das Eiſen beſchaffen geweſen iſt, das in dieſes Waſſer gelegt worden.
Daß dieſes die richtigſte Erklaͤrung von dem zu Eiſen werdenden Kupfer ſei, das ſiehet
man daran gar deutlich, weiln in dem Jnnern eines in Kupfer verwandelten Eiſens
noch Eiſen iſt, wann daſſelbe zu fruͤhzeitig aus dem Waſſer genommen wird. Man
weis ſich dieſe ſeltſame Wirkung der Natur an dem Rammelsberg gar artig zu Nuz
zu machen. Man leget in die Stollen, wodurch dieſes Waſſer flieſet, altes Eiſen,
damit man ihm die Kupferteilchen abnehmen moͤge. Nach dem Verlauf dreier Jahre
wird dieſes Eiſen wieder heraus genommen, da man dann bei 36 Centner gediegen
Kupfer vor das in das Waſſer gelegte Eiſen bekomt. Auch die in dem Rammelsberg
herunter troͤpfelnde vitriliſche Waſſer machen das unter ſie gelegte Eiſen zu Kupfer, und
darum wird unter ſie altes Eiſen geleget, damit man das in ihnen befindliche Kupfer
erhalten moͤge. Die an dieſen Oertern befindliche Stuͤkker Eiſen werden aber viel eher
zu Kupfer, als das, was man in die Stollen leget. Sie bleiben mehrenteils ganz, und
haben eine ſchoͤne rothe Farbe, die man da am mehreſten gewahr wird, wo die Tro-
pfen auffallen. Dasienige Cementkupfer, welches ſich an das Eiſen anſezzet, und noch
nicht feſt iſt, wird abgeſchrappet, und Kupferſchlieg genennet. Bei alle dieſem muß
man die Vorſicht gebrauchen, daß man das Eiſen, ehe man es in die Cementirung brin-
det, erſt gluͤet, und wieder in ſich erkalten laͤſſet, damit die Zwiſchenraͤume deſſelben
erweitert, und den vitriliſchen Waſſern ein beſſerer Eingang in daſſelbe verſtattet wer-
den moͤge. Bei der Troͤpflung merket man dieſes, als etwas beſonderes an: Daß ſie
bei naſſer Witterung viel ſtaͤrker und beſſer iſt, als wie bei trokkener. Wer ein wenig
nachdenket, der wird auch die Urſache darinnen ſezzen, daß ein groͤſerer Teil vitriliſcher

Waſſer
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[91/0111] von dem rammelsberger Silber-Kupfer- u. Bleibergwerk bei Gosl. ꝛc. ſungen, und daher ſagt man, daß er angewachſen ſei. Es ſind ſchon 136 Lachter, bei guten Anbruͤchen, auf ihm abgeſunken, und man weis noch nicht, wie tief er nieder- ſezzen wird. An dem Tag gehet er zwar aus, die Erze ſind aber hier grau und unedel. Die Erze, welche er in der Tiefe fuͤhret, beſtehen aus Silber-Kupfer-Blei- und Schwe- felerzen, und aus Atramentſtein, wovon der gruͤne Vitriol gemacht wird. Jn der zwoten Abhandlung werde ich Gelegenheit finden, dieſe Mineralien genauer zu beſchreiben. §. 11. Das in dem Rammelsberg befindliche Waſſer, das ich als ein fluͤſſiges Mineral betrachte, iſt von einer beſondern Eigenſchaft. Es hat einen zuſammen ziehenden Ge- ſchmak, und iſt ſehr vitriliſch. Es bewahret das in die Gruben gebrachte Holz vor der Faͤulnis. Das Merkwuͤrdigſte bei ihm iſt dieſes: Daß das Eiſen, uͤber wel- ches es flieſet, zu Kupfer wird, ohnerachtet es ſo hell iſt, daß man gar keine feſte Teilchen in ihm wahrnehmen, oder vermuthen kan. Es hat dieſe Begeben- heit keine wirkliche Verwandlung des einen Metalles in das andere zum Grund, wie einige davor halten, die weniger auf die Natur aufmerkſam geweſen ſind. Die Vi- triolſaͤure loͤſet nur das Eiſen auf, und indem ſie dieſes zernaget, und in die Zwiſchen- raͤume deſſelben eindringet, und dadurch die in den vitriliſchen Waſſern befindliche Ku- pferteilchen, die ſich niederſchlagen, gefaͤllet werden: So ſezzen ſich dieſelbe in die Oerter der aufgeloͤſten Eiſenteilchen an, wodurch dann nach und nach ein ſolches Stuͤk Kupfer er- zeugt wird, wie das Eiſen beſchaffen geweſen iſt, das in dieſes Waſſer gelegt worden. Daß dieſes die richtigſte Erklaͤrung von dem zu Eiſen werdenden Kupfer ſei, das ſiehet man daran gar deutlich, weiln in dem Jnnern eines in Kupfer verwandelten Eiſens noch Eiſen iſt, wann daſſelbe zu fruͤhzeitig aus dem Waſſer genommen wird. Man weis ſich dieſe ſeltſame Wirkung der Natur an dem Rammelsberg gar artig zu Nuz zu machen. Man leget in die Stollen, wodurch dieſes Waſſer flieſet, altes Eiſen, damit man ihm die Kupferteilchen abnehmen moͤge. Nach dem Verlauf dreier Jahre wird dieſes Eiſen wieder heraus genommen, da man dann bei 36 Centner gediegen Kupfer vor das in das Waſſer gelegte Eiſen bekomt. Auch die in dem Rammelsberg herunter troͤpfelnde vitriliſche Waſſer machen das unter ſie gelegte Eiſen zu Kupfer, und darum wird unter ſie altes Eiſen geleget, damit man das in ihnen befindliche Kupfer erhalten moͤge. Die an dieſen Oertern befindliche Stuͤkker Eiſen werden aber viel eher zu Kupfer, als das, was man in die Stollen leget. Sie bleiben mehrenteils ganz, und haben eine ſchoͤne rothe Farbe, die man da am mehreſten gewahr wird, wo die Tro- pfen auffallen. Dasienige Cementkupfer, welches ſich an das Eiſen anſezzet, und noch nicht feſt iſt, wird abgeſchrappet, und Kupferſchlieg genennet. Bei alle dieſem muß man die Vorſicht gebrauchen, daß man das Eiſen, ehe man es in die Cementirung brin- det, erſt gluͤet, und wieder in ſich erkalten laͤſſet, damit die Zwiſchenraͤume deſſelben erweitert, und den vitriliſchen Waſſern ein beſſerer Eingang in daſſelbe verſtattet wer- den moͤge. Bei der Troͤpflung merket man dieſes, als etwas beſonderes an: Daß ſie bei naſſer Witterung viel ſtaͤrker und beſſer iſt, als wie bei trokkener. Wer ein wenig nachdenket, der wird auch die Urſache darinnen ſezzen, daß ein groͤſerer Teil vitriliſcher Waſſer M 2

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Zitationshilfe: Cancrin, Franz Ludwig von: Beschreibung der vorzüglichsten Bergwerke. Frankfurt (Main), 1767, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cancrin_beschreibung_1767/111>, abgerufen am 23.11.2024.