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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.

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(Tausend kleine Dinge, die sich nicht beson-
ders erklären lassen, treffen zusammen, um die
Grazien, das ich weis nicht was auszumachen,
das allezeit gefält. Schöne Gestalt, artige Be-
wegung, ein gehöriger Grad von Kleidung, eine
harmonische Stimme, etwas offenes und heiteres
in der Miene, deutliche und gehörig abgewechselte
Art der Aussprache; diese und viele andere Dinge
sind nothwendige Theile von dem zusammengesezten
ich weis nicht was, das jederman fühlt, nie-
mand aber beschreiben kan.)

(Beobachte daher sorgfältig, was dir an an-
dern gefält oder misfält, und glaube fest, daß
überhaupt die nemlichen Dinge an dir auch ihnen
gefallen oder misfallen werden!)

(Große Geistesgaben und große Tugenden
werden dir, wenn du anders welche hast, der
Menschen Ehrerbietung und Bewunderung zu-
wege bringen. Allein die kleinern Gaben, die
Tugenden von der mildern Art, müssen dir ihre
Liebe erwerben. Erhalten die ersten nicht von
den lezten Beistand und Zierde, so werden sie
zwar Lob abnöthigen, zugleich aber Furcht und

Neid

(Tauſend kleine Dinge, die ſich nicht beſon-
ders erklaͤren laſſen, treffen zuſammen, um die
Grazien, das ich weis nicht was auszumachen,
das allezeit gefaͤlt. Schoͤne Geſtalt, artige Be-
wegung, ein gehoͤriger Grad von Kleidung, eine
harmoniſche Stimme, etwas offenes und heiteres
in der Miene, deutliche und gehoͤrig abgewechſelte
Art der Ausſprache; dieſe und viele andere Dinge
ſind nothwendige Theile von dem zuſammengeſezten
ich weis nicht was, das jederman fuͤhlt, nie-
mand aber beſchreiben kan.)

(Beobachte daher ſorgfaͤltig, was dir an an-
dern gefaͤlt oder misfaͤlt, und glaube feſt, daß
uͤberhaupt die nemlichen Dinge an dir auch ihnen
gefallen oder misfallen werden!)

(Große Geiſtesgaben und große Tugenden
werden dir, wenn du anders welche haſt, der
Menſchen Ehrerbietung und Bewunderung zu-
wege bringen. Allein die kleinern Gaben, die
Tugenden von der mildern Art, muͤſſen dir ihre
Liebe erwerben. Erhalten die erſten nicht von
den lezten Beiſtand und Zierde, ſo werden ſie
zwar Lob abnoͤthigen, zugleich aber Furcht und

Neid
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[66/0072] (Tauſend kleine Dinge, die ſich nicht beſon- ders erklaͤren laſſen, treffen zuſammen, um die Grazien, das ich weis nicht was auszumachen, das allezeit gefaͤlt. Schoͤne Geſtalt, artige Be- wegung, ein gehoͤriger Grad von Kleidung, eine harmoniſche Stimme, etwas offenes und heiteres in der Miene, deutliche und gehoͤrig abgewechſelte Art der Ausſprache; dieſe und viele andere Dinge ſind nothwendige Theile von dem zuſammengeſezten ich weis nicht was, das jederman fuͤhlt, nie- mand aber beſchreiben kan.) (Beobachte daher ſorgfaͤltig, was dir an an- dern gefaͤlt oder misfaͤlt, und glaube feſt, daß uͤberhaupt die nemlichen Dinge an dir auch ihnen gefallen oder misfallen werden!) (Große Geiſtesgaben und große Tugenden werden dir, wenn du anders welche haſt, der Menſchen Ehrerbietung und Bewunderung zu- wege bringen. Allein die kleinern Gaben, die Tugenden von der mildern Art, muͤſſen dir ihre Liebe erwerben. Erhalten die erſten nicht von den lezten Beiſtand und Zierde, ſo werden ſie zwar Lob abnoͤthigen, zugleich aber Furcht und Neid

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/72>, abgerufen am 30.11.2024.