als du fandest. So oft du also an dir selbst merkst, daß du auf dem Wege bist, mürrisch, widersprechend und starköpfig zu werden, so versuche ja nicht, dich ausser deinen vier Wänden davon zu heilen: denn das würde vergeblich sein. Bleib zu Hause, laß deine böse Laune ausgähren und sich durcharbeiten. Fröhlichkeit und gute Laune sind unter allen Eigenschaften eines guten Gesel- schafters die beliebtesten; denn, ob sie gleich nicht immer Gutmüthigkeit und feine Lebensart zu Ge- fährten haben, so reichen sie doch hin, die Rolle der leztern recht gut zu spielen, und das ist alles, was in vermischter Geselschaft verlangt wird. Mit dieser Fröhlichkeit und guten Laune meine ich aber nicht etwa die lärmende Lustigkeit und das schallende Gelächter, woran man allemahl den Pöbel und schlecht erzogne Leute sicher erkent; denn die Fröhlichkeit dieser Art Menschen gleicht einem Sturm. Merke dir, mein Lieber, der Pöbel lacht oft überlaut, lächelt aber niemahls, indes wohl- erzogne Leute oft lächeln, aber seltener aus vollen Bakken lachen. Ein wiziger Einfal erregt nie über- lautes Lachen; er gefält der Sele, aber er verzert
keine
D 5
als du fandeſt. So oft du alſo an dir ſelbſt merkſt, daß du auf dem Wege biſt, muͤrriſch, widerſprechend und ſtarkoͤpfig zu werden, ſo verſuche ja nicht, dich auſſer deinen vier Waͤnden davon zu heilen: denn das wuͤrde vergeblich ſein. Bleib zu Hauſe, laß deine boͤſe Laune ausgaͤhren und ſich durcharbeiten. Froͤhlichkeit und gute Laune ſind unter allen Eigenſchaften eines guten Geſel- ſchafters die beliebteſten; denn, ob ſie gleich nicht immer Gutmuͤthigkeit und feine Lebensart zu Ge- faͤhrten haben, ſo reichen ſie doch hin, die Rolle der leztern recht gut zu ſpielen, und das iſt alles, was in vermiſchter Geſelſchaft verlangt wird. Mit dieſer Froͤhlichkeit und guten Laune meine ich aber nicht etwa die laͤrmende Luſtigkeit und das ſchallende Gelaͤchter, woran man allemahl den Poͤbel und ſchlecht erzogne Leute ſicher erkent; denn die Froͤhlichkeit dieſer Art Menſchen gleicht einem Sturm. Merke dir, mein Lieber, der Poͤbel lacht oft uͤberlaut, laͤchelt aber niemahls, indes wohl- erzogne Leute oft laͤcheln, aber ſeltener aus vollen Bakken lachen. Ein wiziger Einfal erregt nie uͤber- lautes Lachen; er gefaͤlt der Sele, aber er verzert
keine
D 5
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0063"n="57"/>
als du fandeſt. So oft du alſo an dir ſelbſt<lb/>
merkſt, daß du auf dem Wege biſt, muͤrriſch,<lb/>
widerſprechend und ſtarkoͤpfig zu werden, ſo<lb/>
verſuche ja nicht, dich auſſer deinen vier Waͤnden<lb/>
davon zu heilen: denn das wuͤrde vergeblich ſein.<lb/>
Bleib zu Hauſe, laß deine boͤſe Laune ausgaͤhren<lb/>
und ſich durcharbeiten. Froͤhlichkeit und gute Laune<lb/>ſind unter allen Eigenſchaften eines guten Geſel-<lb/>ſchafters die beliebteſten; denn, ob ſie gleich nicht<lb/>
immer Gutmuͤthigkeit und feine Lebensart zu Ge-<lb/>
faͤhrten haben, ſo reichen ſie doch hin, die Rolle<lb/>
der leztern recht gut zu ſpielen, und das iſt alles,<lb/>
was in vermiſchter Geſelſchaft verlangt wird.<lb/>
Mit dieſer Froͤhlichkeit und guten Laune meine<lb/>
ich aber nicht etwa die laͤrmende Luſtigkeit und<lb/>
das ſchallende Gelaͤchter, woran man allemahl<lb/>
den Poͤbel und ſchlecht erzogne Leute ſicher erkent;<lb/>
denn die Froͤhlichkeit dieſer Art Menſchen gleicht<lb/>
einem Sturm. Merke dir, mein Lieber, der Poͤbel<lb/>
lacht oft uͤberlaut, laͤchelt aber niemahls, indes wohl-<lb/>
erzogne Leute oft laͤcheln, aber ſeltener aus vollen<lb/>
Bakken lachen. Ein wiziger Einfal erregt nie uͤber-<lb/>
lautes Lachen; er gefaͤlt der Sele, aber er verzert<lb/><fwplace="bottom"type="sig">D 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">keine</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[57/0063]
als du fandeſt. So oft du alſo an dir ſelbſt
merkſt, daß du auf dem Wege biſt, muͤrriſch,
widerſprechend und ſtarkoͤpfig zu werden, ſo
verſuche ja nicht, dich auſſer deinen vier Waͤnden
davon zu heilen: denn das wuͤrde vergeblich ſein.
Bleib zu Hauſe, laß deine boͤſe Laune ausgaͤhren
und ſich durcharbeiten. Froͤhlichkeit und gute Laune
ſind unter allen Eigenſchaften eines guten Geſel-
ſchafters die beliebteſten; denn, ob ſie gleich nicht
immer Gutmuͤthigkeit und feine Lebensart zu Ge-
faͤhrten haben, ſo reichen ſie doch hin, die Rolle
der leztern recht gut zu ſpielen, und das iſt alles,
was in vermiſchter Geſelſchaft verlangt wird.
Mit dieſer Froͤhlichkeit und guten Laune meine
ich aber nicht etwa die laͤrmende Luſtigkeit und
das ſchallende Gelaͤchter, woran man allemahl
den Poͤbel und ſchlecht erzogne Leute ſicher erkent;
denn die Froͤhlichkeit dieſer Art Menſchen gleicht
einem Sturm. Merke dir, mein Lieber, der Poͤbel
lacht oft uͤberlaut, laͤchelt aber niemahls, indes wohl-
erzogne Leute oft laͤcheln, aber ſeltener aus vollen
Bakken lachen. Ein wiziger Einfal erregt nie uͤber-
lautes Lachen; er gefaͤlt der Sele, aber er verzert
keine
D 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/63>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.