in Geselschaft sagen hörst, deinen Beifal gebest. Ein solcher Beifal würde niederträchtig, und in einigen Fällen ein Verbrechen sein. Tadle also mit Nachsicht, und belehre mit Sanftmuth. Es ist unmöglich, daß ein Man von Verstande den Narren nicht verachte, und daß ein Man von Ehre den Schurken nicht verabscheue; aber so viel mußt du über dich selbst erhalten, daß du weder das eine noch das andere in seinem vollen Maaße äußerst. Ich besorge, es sind ihrer zu viel, als daß mans mit ihnen aufnehmen könte; ihre An- zahl macht, daß man sie fürchten muß, obgleich man sie nie ehren kan. Sie hängen gewöhnlich an einander, weil sie einer des andern zu sehr bedürfen. Sei höflich, aber zurückhaltend gegen sie; thue übrigens, als wenn sie gar nicht da wä- ren. Wage es nicht, einen Narren ablaufen zu lassen, wie seinwollende Wizlinge gemeiniglich thun, und stoß nicht den Schurken unnöthiger weise vor den Kopf; sondern habe lieber mit bei- den so wenig zu schaffen, als möglich, und denke immer daran, daß derjenige, welcher mit einem Schurken oder Narren Freundschaft macht, gewiß
etwas
in Geſelſchaft ſagen hoͤrſt, deinen Beifal gebeſt. Ein ſolcher Beifal wuͤrde niedertraͤchtig, und in einigen Faͤllen ein Verbrechen ſein. Tadle alſo mit Nachſicht, und belehre mit Sanftmuth. Es iſt unmoͤglich, daß ein Man von Verſtande den Narren nicht verachte, und daß ein Man von Ehre den Schurken nicht verabſcheue; aber ſo viel mußt du uͤber dich ſelbſt erhalten, daß du weder das eine noch das andere in ſeinem vollen Maaße aͤußerſt. Ich beſorge, es ſind ihrer zu viel, als daß mans mit ihnen aufnehmen koͤnte; ihre An- zahl macht, daß man ſie fuͤrchten muß, obgleich man ſie nie ehren kan. Sie haͤngen gewoͤhnlich an einander, weil ſie einer des andern zu ſehr beduͤrfen. Sei hoͤflich, aber zuruͤckhaltend gegen ſie; thue uͤbrigens, als wenn ſie gar nicht da waͤ- ren. Wage es nicht, einen Narren ablaufen zu laſſen, wie ſeinwollende Wizlinge gemeiniglich thun, und ſtoß nicht den Schurken unnoͤthiger weiſe vor den Kopf; ſondern habe lieber mit bei- den ſo wenig zu ſchaffen, als moͤglich, und denke immer daran, daß derjenige, welcher mit einem Schurken oder Narren Freundſchaft macht, gewiß
etwas
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in Geſelſchaft ſagen hoͤrſt, deinen Beifal gebeſt.
Ein ſolcher Beifal wuͤrde niedertraͤchtig, und in
einigen Faͤllen ein Verbrechen ſein. Tadle alſo
mit Nachſicht, und belehre mit Sanftmuth. Es
iſt unmoͤglich, daß ein Man von Verſtande den
Narren nicht verachte, und daß ein Man von Ehre
den Schurken nicht verabſcheue; aber ſo viel mußt
du uͤber dich ſelbſt erhalten, daß du weder das
eine noch das andere in ſeinem vollen Maaße
aͤußerſt. Ich beſorge, es ſind ihrer zu viel, als
daß mans mit ihnen aufnehmen koͤnte; ihre An-
zahl macht, daß man ſie fuͤrchten muß, obgleich
man ſie nie ehren kan. Sie haͤngen gewoͤhnlich
an einander, weil ſie einer des andern zu ſehr
beduͤrfen. Sei hoͤflich, aber zuruͤckhaltend gegen
ſie; thue uͤbrigens, als wenn ſie gar nicht da waͤ-
ren. Wage es nicht, einen Narren ablaufen zu
laſſen, wie ſeinwollende Wizlinge gemeiniglich
thun, und ſtoß nicht den Schurken unnoͤthiger
weiſe vor den Kopf; ſondern habe lieber mit bei-
den ſo wenig zu ſchaffen, als moͤglich, und denke
immer daran, daß derjenige, welcher mit einem
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/35>, abgerufen am 16.07.2024.
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