Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Ruf der Freigebigkeit muß wohlfeil er-
kauft werden. Er hängt nicht so sehr von eines
Menschen Aufwande im Ganzen ab, als davon,
daß er da, wo er geben muß, mit guter Art gibt.
Wer, zum Beispiel, in Hamburg den Bedienten
des Hauses, worin man ihn zu Tisch geladen,
vierzehn Schillinge gäbe, der würde für geizig, und
wer ihnen zwanzig gäbe, der würde für freigebig
gehalten werden; daß also der Unterschied dieser
beiden entgegengesezten Benennungen auf sechs
Schillingen beruht. *) Eines Mannes Ruf in die-
sem Stükke hängt großentheils von der Aussage
seiner eignen und anderer Bedienten ab. Eine bloße
Kleinigkeit über den gewöhnlichen Lohn macht
diese Aussage zur günstigen.

Trage Sorge, deine Einrichtung in Ansehung
deiner Einnahme und Ausgabe allezeit so gut zu
treffen, daß du immer etwas für unerwartete
Vorfälle und zu einer klugen Freigebigkeit übrig
habest. Kaum vergeht im menschlichen Leben ein
Jahr, da nicht eine kleine Summe baares Geld
zu großem Vortheile angelegt werden kan.


*) 3 ggr. schwer Geld.

Der Ruf der Freigebigkeit muß wohlfeil er-
kauft werden. Er haͤngt nicht ſo ſehr von eines
Menſchen Aufwande im Ganzen ab, als davon,
daß er da, wo er geben muß, mit guter Art gibt.
Wer, zum Beiſpiel, in Hamburg den Bedienten
des Hauſes, worin man ihn zu Tiſch geladen,
vierzehn Schillinge gaͤbe, der wuͤrde fuͤr geizig, und
wer ihnen zwanzig gaͤbe, der wuͤrde fuͤr freigebig
gehalten werden; daß alſo der Unterſchied dieſer
beiden entgegengeſezten Benennungen auf ſechs
Schillingen beruht. *) Eines Mannes Ruf in die-
ſem Stuͤkke haͤngt großentheils von der Ausſage
ſeiner eignen und anderer Bedienten ab. Eine bloße
Kleinigkeit uͤber den gewoͤhnlichen Lohn macht
dieſe Ausſage zur guͤnſtigen.

Trage Sorge, deine Einrichtung in Anſehung
deiner Einnahme und Ausgabe allezeit ſo gut zu
treffen, daß du immer etwas fuͤr unerwartete
Vorfaͤlle und zu einer klugen Freigebigkeit uͤbrig
habeſt. Kaum vergeht im menſchlichen Leben ein
Jahr, da nicht eine kleine Summe baares Geld
zu großem Vortheile angelegt werden kan.


*) 3 ggr. ſchwer Geld.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0198" n="192"/>
        <p>Der Ruf der Freigebigkeit muß wohlfeil er-<lb/>
kauft werden. Er ha&#x0364;ngt nicht &#x017F;o &#x017F;ehr von eines<lb/>
Men&#x017F;chen Aufwande im Ganzen ab, als davon,<lb/>
daß er da, wo er geben muß, mit guter Art gibt.<lb/>
Wer, zum Bei&#x017F;piel, in Hamburg den Bedienten<lb/>
des Hau&#x017F;es, worin man ihn zu Ti&#x017F;ch geladen,<lb/>
vierzehn Schillinge ga&#x0364;be, der wu&#x0364;rde fu&#x0364;r geizig, und<lb/>
wer ihnen zwanzig ga&#x0364;be, der wu&#x0364;rde fu&#x0364;r freigebig<lb/>
gehalten werden; daß al&#x017F;o der Unter&#x017F;chied die&#x017F;er<lb/>
beiden entgegenge&#x017F;ezten Benennungen auf &#x017F;echs<lb/>
Schillingen beruht. <note place="foot" n="*)">3 ggr. &#x017F;chwer Geld.</note> Eines Mannes Ruf in die-<lb/>
&#x017F;em Stu&#x0364;kke ha&#x0364;ngt großentheils von der Aus&#x017F;age<lb/>
&#x017F;einer eignen und anderer Bedienten ab. Eine bloße<lb/>
Kleinigkeit u&#x0364;ber den gewo&#x0364;hnlichen Lohn macht<lb/>
die&#x017F;e Aus&#x017F;age zur gu&#x0364;n&#x017F;tigen.</p><lb/>
        <p>Trage Sorge, deine Einrichtung in An&#x017F;ehung<lb/>
deiner Einnahme und Ausgabe allezeit &#x017F;o gut zu<lb/>
treffen, daß du immer etwas fu&#x0364;r unerwartete<lb/>
Vorfa&#x0364;lle und zu einer klugen Freigebigkeit u&#x0364;brig<lb/>
habe&#x017F;t. Kaum vergeht im men&#x017F;chlichen Leben ein<lb/>
Jahr, da nicht eine kleine Summe baares Geld<lb/>
zu großem Vortheile angelegt werden kan.</p><lb/>
      </div>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
    <back>
</back>
  </text>
</TEI>
[192/0198] Der Ruf der Freigebigkeit muß wohlfeil er- kauft werden. Er haͤngt nicht ſo ſehr von eines Menſchen Aufwande im Ganzen ab, als davon, daß er da, wo er geben muß, mit guter Art gibt. Wer, zum Beiſpiel, in Hamburg den Bedienten des Hauſes, worin man ihn zu Tiſch geladen, vierzehn Schillinge gaͤbe, der wuͤrde fuͤr geizig, und wer ihnen zwanzig gaͤbe, der wuͤrde fuͤr freigebig gehalten werden; daß alſo der Unterſchied dieſer beiden entgegengeſezten Benennungen auf ſechs Schillingen beruht. *) Eines Mannes Ruf in die- ſem Stuͤkke haͤngt großentheils von der Ausſage ſeiner eignen und anderer Bedienten ab. Eine bloße Kleinigkeit uͤber den gewoͤhnlichen Lohn macht dieſe Ausſage zur guͤnſtigen. Trage Sorge, deine Einrichtung in Anſehung deiner Einnahme und Ausgabe allezeit ſo gut zu treffen, daß du immer etwas fuͤr unerwartete Vorfaͤlle und zu einer klugen Freigebigkeit uͤbrig habeſt. Kaum vergeht im menſchlichen Leben ein Jahr, da nicht eine kleine Summe baares Geld zu großem Vortheile angelegt werden kan. *) 3 ggr. ſchwer Geld.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/198
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/198>, abgerufen am 07.05.2024.