Ich schließe diesen weitläuftigen Unterricht mit einer Betrachtung, welche dich ermuntern wird, jede Vorschrift, die ich dir gegeben habe, nach deinem besten Vermögen in Ausübung zu bringen.
Bei allen Lehrgebäuden, es sei in der Religion, Staatskunst, Sittenlehre, oder in irgend einer andern Wissenschaft, ist allezeit Volkommenheit der vorgesezte, wiewohl möglicher Weise nie zu errei- chende Endzwek. Bis jezt wenigstens hat derselbe noch von keinem Sterblichen erreicht werden kön- nen. Allein diejenigen, welche nach diesem Ziele eifrig streben, werden ihm ohnstreitig näher kom- men, als die, welche aus Muthlosigkeit, Nach- läßigkeit und Trägheit, das, was durch Geschik- lichkeit auszurichten wäre, lieber dem Zufalle überlassen wollen.
Dieser Saz läßt sich füglich auch auf das ge- meine Leben anwenden. Diejenigen, welche nach Volkommenheit trachten, werden ihr unendlich näher kommen, als die verzagten, muthlosen Se- len, die alberner Weise bei sich selbst denken: "volkommen ist ja nun einmahl niemand; Vol-
"kommen-
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Ich ſchließe dieſen weitlaͤuftigen Unterricht mit einer Betrachtung, welche dich ermuntern wird, jede Vorſchrift, die ich dir gegeben habe, nach deinem beſten Vermoͤgen in Ausuͤbung zu bringen.
Bei allen Lehrgebaͤuden, es ſei in der Religion, Staatskunſt, Sittenlehre, oder in irgend einer andern Wiſſenſchaft, iſt allezeit Volkommenheit der vorgeſezte, wiewohl moͤglicher Weiſe nie zu errei- chende Endzwek. Bis jezt wenigſtens hat derſelbe noch von keinem Sterblichen erreicht werden koͤn- nen. Allein diejenigen, welche nach dieſem Ziele eifrig ſtreben, werden ihm ohnſtreitig naͤher kom- men, als die, welche aus Muthloſigkeit, Nach- laͤßigkeit und Traͤgheit, das, was durch Geſchik- lichkeit auszurichten waͤre, lieber dem Zufalle uͤberlaſſen wollen.
Dieſer Saz laͤßt ſich fuͤglich auch auf das ge- meine Leben anwenden. Diejenigen, welche nach Volkommenheit trachten, werden ihr unendlich naͤher kommen, als die verzagten, muthloſen Se- len, die alberner Weiſe bei ſich ſelbſt denken: “volkommen iſt ja nun einmahl niemand; Vol-
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Ich ſchließe dieſen weitlaͤuftigen Unterricht
mit einer Betrachtung, welche dich ermuntern
wird, jede Vorſchrift, die ich dir gegeben habe,
nach deinem beſten Vermoͤgen in Ausuͤbung zu
bringen.
Bei allen Lehrgebaͤuden, es ſei in der Religion,
Staatskunſt, Sittenlehre, oder in irgend einer
andern Wiſſenſchaft, iſt allezeit Volkommenheit der
vorgeſezte, wiewohl moͤglicher Weiſe nie zu errei-
chende Endzwek. Bis jezt wenigſtens hat derſelbe
noch von keinem Sterblichen erreicht werden koͤn-
nen. Allein diejenigen, welche nach dieſem Ziele
eifrig ſtreben, werden ihm ohnſtreitig naͤher kom-
men, als die, welche aus Muthloſigkeit, Nach-
laͤßigkeit und Traͤgheit, das, was durch Geſchik-
lichkeit auszurichten waͤre, lieber dem Zufalle
uͤberlaſſen wollen.
Dieſer Saz laͤßt ſich fuͤglich auch auf das ge-
meine Leben anwenden. Diejenigen, welche nach
Volkommenheit trachten, werden ihr unendlich
naͤher kommen, als die verzagten, muthloſen Se-
len, die alberner Weiſe bei ſich ſelbſt denken:
“volkommen iſt ja nun einmahl niemand; Vol-
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/189>, abgerufen am 27.07.2024.
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