Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.Die Vorschriften und das Beispiel einiger der *) Die Zunft dieser angeblichen Sittenlehrer,
welche damahls, da dieser Aufsaz zum ersten- mahl gedrukt ward, so großes Geräusch machte, hat ihre kurze Rolle seitdem schon ausgespielt und ist wieder abgetreten. Die Vorſchriften und das Beiſpiel einiger der *) Die Zunft dieſer angeblichen Sittenlehrer,
welche damahls, da dieſer Aufſaz zum erſten- mahl gedrukt ward, ſo großes Geraͤuſch machte, hat ihre kurze Rolle ſeitdem ſchon ausgeſpielt und iſt wieder abgetreten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0094" n="64"/> <p>Die Vorſchriften und das Beiſpiel einiger<lb/> unſerer neueſten Sittenlehrer <note place="foot" n="*)">Die Zunft dieſer angeblichen Sittenlehrer,<lb/> welche damahls, da dieſer Aufſaz zum erſten-<lb/> mahl gedrukt ward, ſo großes Geraͤuſch machte,<lb/> hat ihre kurze Rolle ſeitdem ſchon ausgeſpielt<lb/> und iſt wieder abgetreten.</note> ſind dieſem mei-<lb/> nem Rathe freilich grad entgegengeſezt; und das<lb/> darf ich dir nicht verſchweigen, damit du, wenn<lb/> du einſt in ihre Sphaͤre kommen ſolteſt, dich<lb/> durch dieſen Widerſpruch nicht irre machen laſſeſt.<lb/> “Thue, werden dir dieſe ſagen, wenn deine Selbſt-<lb/> ſtaͤndigkeit dir lieb iſt, zu jeder Zeit nur grade<lb/> das, wobei dir wohl iſt, wozu du jedesmahl<lb/> einen innern unwiderſtehlichen Drang des Herzens<lb/> bei dir verſpuͤrſt. Iſt dieſer Antrieb befriedigt<lb/> und wil’s dich weiter nicht behagen, in demſelben<lb/> Geſchaͤfte fortzufahren: ſo laß es liegen, und<lb/> bringe deine Zeit lieber mit Nichtsthun, oder mit<lb/> Schlafen hin, als daß du, ohne einen innern<lb/> Beruf dazu zu haben, und wider deine Neigung<lb/> arbeiten ſolteſt!„ — — In der That, eine gar<lb/> bequeme Sittenlehre fuͤr den Guͤnſtling des Gluͤks,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [64/0094]
Die Vorſchriften und das Beiſpiel einiger
unſerer neueſten Sittenlehrer *) ſind dieſem mei-
nem Rathe freilich grad entgegengeſezt; und das
darf ich dir nicht verſchweigen, damit du, wenn
du einſt in ihre Sphaͤre kommen ſolteſt, dich
durch dieſen Widerſpruch nicht irre machen laſſeſt.
“Thue, werden dir dieſe ſagen, wenn deine Selbſt-
ſtaͤndigkeit dir lieb iſt, zu jeder Zeit nur grade
das, wobei dir wohl iſt, wozu du jedesmahl
einen innern unwiderſtehlichen Drang des Herzens
bei dir verſpuͤrſt. Iſt dieſer Antrieb befriedigt
und wil’s dich weiter nicht behagen, in demſelben
Geſchaͤfte fortzufahren: ſo laß es liegen, und
bringe deine Zeit lieber mit Nichtsthun, oder mit
Schlafen hin, als daß du, ohne einen innern
Beruf dazu zu haben, und wider deine Neigung
arbeiten ſolteſt!„ — — In der That, eine gar
bequeme Sittenlehre fuͤr den Guͤnſtling des Gluͤks,
der
*) Die Zunft dieſer angeblichen Sittenlehrer,
welche damahls, da dieſer Aufſaz zum erſten-
mahl gedrukt ward, ſo großes Geraͤuſch machte,
hat ihre kurze Rolle ſeitdem ſchon ausgeſpielt
und iſt wieder abgetreten.
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