gut, einen Nothpfennig für unvorhergesehene, gewiß nicht ausbleibende Nothfälle zu haben! Es ist endlich auch gut, Ueberfluß zu besizen, um den Hungrigen speisen, den Nakten kleiden, dem Sinkenden unter die Arme greifen, dem empor- strebenden Anfänger die Hand bieten, und hundert gute gemeinnüzige Sachen unternehmen zu kön- nen, zu deren Ausführung Geld erfodert wird. Sei also sparsam und haushälterisch, aber ohne Knikkerei; erwerbsam und spekulativ, aber ohne gierige Habsucht, Kniffe und Ungerechtigkeit, freigebig ohne Verschwendung, großmüthig ohne Pralerei!
Nichts sei dir wichtiger, als deinen Kredit in Geldsachen zu erhalten: denn es komt die Zeit, da du seiner bedarfst; und käme sie auch nie, so ist doch dein moralischer Kredit so genau damit verbunden, daß er allemahl mit jenem steigt und fält. Für den größten Haufen der Menschen ist man schon ein braver Man, wenn man nur ein richtiger Zahler ist, und alle andere Tugenden, verbunden mit allen möglichen
Talenten,
gut, einen Nothpfennig fuͤr unvorhergeſehene, gewiß nicht ausbleibende Nothfaͤlle zu haben! Es iſt endlich auch gut, Ueberfluß zu beſizen, um den Hungrigen ſpeiſen, den Nakten kleiden, dem Sinkenden unter die Arme greifen, dem empor- ſtrebenden Anfaͤnger die Hand bieten, und hundert gute gemeinnuͤzige Sachen unternehmen zu koͤn- nen, zu deren Ausfuͤhrung Geld erfodert wird. Sei alſo ſparſam und haushaͤlteriſch, aber ohne Knikkerei; erwerbſam und ſpekulativ, aber ohne gierige Habſucht, Kniffe und Ungerechtigkeit, freigebig ohne Verſchwendung, großmuͤthig ohne Pralerei!
Nichts ſei dir wichtiger, als deinen Kredit in Geldſachen zu erhalten: denn es komt die Zeit, da du ſeiner bedarfſt; und kaͤme ſie auch nie, ſo iſt doch dein moraliſcher Kredit ſo genau damit verbunden, daß er allemahl mit jenem ſteigt und faͤlt. Fuͤr den groͤßten Haufen der Menſchen iſt man ſchon ein braver Man, wenn man nur ein richtiger Zahler iſt, und alle andere Tugenden, verbunden mit allen moͤglichen
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gut, einen Nothpfennig fuͤr unvorhergeſehene,
gewiß nicht ausbleibende Nothfaͤlle zu haben!
Es iſt endlich auch gut, Ueberfluß zu beſizen, um
den Hungrigen ſpeiſen, den Nakten kleiden, dem
Sinkenden unter die Arme greifen, dem empor-
ſtrebenden Anfaͤnger die Hand bieten, und hundert
gute gemeinnuͤzige Sachen unternehmen zu koͤn-
nen, zu deren Ausfuͤhrung Geld erfodert wird.
Sei alſo ſparſam und haushaͤlteriſch, aber ohne
Knikkerei; erwerbſam und ſpekulativ, aber ohne
gierige Habſucht, Kniffe und Ungerechtigkeit,
freigebig ohne Verſchwendung, großmuͤthig ohne
Pralerei!
Nichts ſei dir wichtiger, als deinen
Kredit in Geldſachen zu erhalten: denn es
komt die Zeit, da du ſeiner bedarfſt; und kaͤme
ſie auch nie, ſo iſt doch dein moraliſcher Kredit ſo
genau damit verbunden, daß er allemahl mit
jenem ſteigt und faͤlt. Fuͤr den groͤßten Haufen
der Menſchen iſt man ſchon ein braver Man,
wenn man nur ein richtiger Zahler iſt, und alle
andere Tugenden, verbunden mit allen moͤglichen
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/278>, abgerufen am 22.11.2024.
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