Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.Und das werden grade diejenigen am meisten Dukaten uns Stand, Beruf und Talente gegen die Wieland. Und das werden grade diejenigen am meiſten Dukaten uns Stand, Beruf und Talente gegen die Wieland. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0266" n="236"/> <p>Und das werden grade diejenigen am meiſten<lb/> thun, die dir ins Angeſicht die meiſten Kompli-<lb/> mente ſagen! Auch dieſes mußt du wiſſen, damit<lb/> du nicht unerfahrner Weiſe Rechenpfennige fuͤr<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Dukaten</fw><lb/><note xml:id="note-0266" prev="#note-0265" place="foot" n="*)"><cit><quote>uns Stand, Beruf und Talente gegen die<lb/> Geſelſchaft geben, dem oͤffentlichen Auge<lb/> ausgeſezt ſind, deſto gewiſſer duͤrfen wir dar-<lb/> auf rechnen, daß wir von der groͤſſern Zahl<lb/> weder Gerechtigkeit noch Nachſicht zu er-<lb/> warten haben. Tauſend Augen ſind in kei-<lb/> ner andern Abſicht auf uns geheftet, als um<lb/> Fehler an uns zu finden, und wehe dem,<lb/> der nicht die Klugheit hat, wie <hi rendition="#fr">Alcibiades,</hi><lb/> zuweilen eine Thorheit zu ſagen oder zu thun,<lb/> um den Genius der Verlaͤumdung durch ein<lb/> freiwilliges Opfer zu beſaͤnſtigen! Wehe<lb/> dem, der ihn durch die ſorgfaͤltigſte Bemuͤ-<lb/> hung, <hi rendition="#fr">gar nicht zu</hi> fehlen, zu beſaͤnftigen<lb/> hoft! Der weiſeſte, der tugendhafteſte, der<lb/> tadelfreiſte Man, ſagt <hi rendition="#fr">Plato,</hi> waͤre grade<lb/> derjenige, gegen den ſich endlich die ganze<lb/> Welt zuſammen verſchwoͤren wuͤrde — und<lb/> niemahls, goͤtlicher Plato, haſt du eine groͤſ-<lb/> ſere Wahrheit geſagt!„</quote><lb/><bibl><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Wieland.</hi></hi></bibl></cit></note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [236/0266]
Und das werden grade diejenigen am meiſten
thun, die dir ins Angeſicht die meiſten Kompli-
mente ſagen! Auch dieſes mußt du wiſſen, damit
du nicht unerfahrner Weiſe Rechenpfennige fuͤr
Dukaten
*)
*) uns Stand, Beruf und Talente gegen die
Geſelſchaft geben, dem oͤffentlichen Auge
ausgeſezt ſind, deſto gewiſſer duͤrfen wir dar-
auf rechnen, daß wir von der groͤſſern Zahl
weder Gerechtigkeit noch Nachſicht zu er-
warten haben. Tauſend Augen ſind in kei-
ner andern Abſicht auf uns geheftet, als um
Fehler an uns zu finden, und wehe dem,
der nicht die Klugheit hat, wie Alcibiades,
zuweilen eine Thorheit zu ſagen oder zu thun,
um den Genius der Verlaͤumdung durch ein
freiwilliges Opfer zu beſaͤnſtigen! Wehe
dem, der ihn durch die ſorgfaͤltigſte Bemuͤ-
hung, gar nicht zu fehlen, zu beſaͤnftigen
hoft! Der weiſeſte, der tugendhafteſte, der
tadelfreiſte Man, ſagt Plato, waͤre grade
derjenige, gegen den ſich endlich die ganze
Welt zuſammen verſchwoͤren wuͤrde — und
niemahls, goͤtlicher Plato, haſt du eine groͤſ-
ſere Wahrheit geſagt!„
Wieland.
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Zitationshilfe: | Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/266>, abgerufen am 16.02.2025. |