lich hielt, ihr Leben und das Geheimniß des ver- borgenen Ausganges aus der Höhle einem Neu- ling anzuvertrauen, dessen Treue noch nicht ge- prüft und also auch noch nicht bewährt gefunden war. Freitag erhielt also die Anweisung, et- was Heu in den Keller zu tragen, um sich ein Lager daraus zu bereiten, indeß seine Majestät selbst, um mehrerer Sicherheit willen, alle Waffen in ihr eigenes Schlafgemach trug.
Dan geruhete sie im Angesicht ihres ganzen Reichs ein Beispiel von Herablassung und De- muth zu geben, welches vielleicht das Einzige in seiner Art ist. Ihr werdet darüber erstau- nen, und ihr würdet es für unglaublich halten, wenn ich euch nicht versicherte, daß es in den Jahr- büchern der Regierung unsers Robinsons mit klaren Worten gelesen werde und durch dieselben schon längst weltkündig geworden sei. Könt ihr es glauben: Robinson, der Monarch, Robin- son, der unumschränkte König und Beherscher der ganzen Insel, Robinson, der Herr über das Leben und den Tod aller seiner Unterthanen, verrichtete vor Freitags Augen das Amt einer
Stal-
lich hielt, ihr Leben und das Geheimniß des ver- borgenen Ausganges aus der Hoͤhle einem Neu- ling anzuvertrauen, deſſen Treue noch nicht ge- pruͤft und alſo auch noch nicht bewaͤhrt gefunden war. Freitag erhielt alſo die Anweiſung, et- was Heu in den Keller zu tragen, um ſich ein Lager daraus zu bereiten, indeß ſeine Majeſtaͤt ſelbſt, um mehrerer Sicherheit willen, alle Waffen in ihr eigenes Schlafgemach trug.
Dan geruhete ſie im Angeſicht ihres ganzen Reichs ein Beiſpiel von Herablaſſung und De- muth zu geben, welches vielleicht das Einzige in ſeiner Art iſt. Ihr werdet daruͤber erſtau- nen, und ihr wuͤrdet es fuͤr unglaublich halten, wenn ich euch nicht verſicherte, daß es in den Jahr- buͤchern der Regierung unſers Robinſons mit klaren Worten geleſen werde und durch dieſelben ſchon laͤngſt weltkuͤndig geworden ſei. Koͤnt ihr es glauben: Robinſon, der Monarch, Robin- ſon, der unumſchraͤnkte Koͤnig und Beherſcher der ganzen Inſel, Robinſon, der Herr uͤber das Leben und den Tod aller ſeiner Unterthanen, verrichtete vor Freitags Augen das Amt einer
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lich hielt, ihr Leben und das Geheimniß des ver-
borgenen Ausganges aus der Hoͤhle einem Neu-
ling anzuvertrauen, deſſen Treue noch nicht ge-
pruͤft und alſo auch noch nicht bewaͤhrt gefunden
war. Freitag erhielt alſo die Anweiſung, et-
was Heu in den Keller zu tragen, um ſich ein
Lager daraus zu bereiten, indeß ſeine Majeſtaͤt
ſelbſt, um mehrerer Sicherheit willen, alle
Waffen in ihr eigenes Schlafgemach trug.
Dan geruhete ſie im Angeſicht ihres ganzen
Reichs ein Beiſpiel von Herablaſſung und De-
muth zu geben, welches vielleicht das Einzige
in ſeiner Art iſt. Ihr werdet daruͤber erſtau-
nen, und ihr wuͤrdet es fuͤr unglaublich halten,
wenn ich euch nicht verſicherte, daß es in den Jahr-
buͤchern der Regierung unſers Robinſons mit
klaren Worten geleſen werde und durch dieſelben
ſchon laͤngſt weltkuͤndig geworden ſei. Koͤnt ihr es
glauben: Robinſon, der Monarch, Robin-
ſon, der unumſchraͤnkte Koͤnig und Beherſcher
der ganzen Inſel, Robinſon, der Herr uͤber
das Leben und den Tod aller ſeiner Unterthanen,
verrichtete vor Freitags Augen das Amt einer
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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/98>, abgerufen am 23.11.2024.
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