Vater. Leider! Und das sei euch aber- mahls ein Beispiel, wie schwer es den Menschen fält, böse Gewohnheiten wieder abzuschaffen. Deswegen eben rathe ich euch so oft, daß ihr euch ja bestreben möget, frühzeitig Weise und gut zu werden. Denn hat man Thorheiten und Laster erst einmahl angenommen und sind sie un- glüklicher weise uns erst zur Gewohnheit ge- worden: o dan hält es sehr, sehr schwer, sie jemahls wieder abzulegen, wenn man ihre Schäd- lichkeit auch noch so deutlich erkant hat.
Jederman weiß jezt, daß die Ausdünstun- gen der todten Körper für die Lebenden vergif- tend sind: aber fährt man nicht dem ohngeachtet fort, sie auf den Kirchhöfen in der Stadt zu be- graben, oder gar in Kirchengewölbe zu sezen, wo sie nicht einmahl mit Erde bedekt sind. Viel- leicht wird noch ein ganzes Jahrhundert verstrei- chen, ehe es den Menschen einfält, an die Ab- schaffung dieses bösen Gebrauches mit Ernst zu denken.
Hans.
Mathias. J das thun ſie ja noch!
Vater. Leider! Und das ſei euch aber- mahls ein Beiſpiel, wie ſchwer es den Menſchen faͤlt, boͤſe Gewohnheiten wieder abzuſchaffen. Deswegen eben rathe ich euch ſo oft, daß ihr euch ja beſtreben moͤget, fruͤhzeitig Weiſe und gut zu werden. Denn hat man Thorheiten und Laſter erſt einmahl angenommen und ſind ſie un- gluͤklicher weiſe uns erſt zur Gewohnheit ge- worden: o dan haͤlt es ſehr, ſehr ſchwer, ſie jemahls wieder abzulegen, wenn man ihre Schaͤd- lichkeit auch noch ſo deutlich erkant hat.
Jederman weiß jezt, daß die Ausduͤnſtun- gen der todten Koͤrper fuͤr die Lebenden vergif- tend ſind: aber faͤhrt man nicht dem ohngeachtet fort, ſie auf den Kirchhoͤfen in der Stadt zu be- graben, oder gar in Kirchengewoͤlbe zu ſezen, wo ſie nicht einmahl mit Erde bedekt ſind. Viel- leicht wird noch ein ganzes Jahrhundert verſtrei- chen, ehe es den Menſchen einfaͤlt, an die Ab- ſchaffung dieſes boͤſen Gebrauches mit Ernſt zu denken.
Hans.
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Mathias. J das thun ſie ja noch!
Vater. Leider! Und das ſei euch aber-
mahls ein Beiſpiel, wie ſchwer es den Menſchen
faͤlt, boͤſe Gewohnheiten wieder abzuſchaffen.
Deswegen eben rathe ich euch ſo oft, daß ihr
euch ja beſtreben moͤget, fruͤhzeitig Weiſe und
gut zu werden. Denn hat man Thorheiten und
Laſter erſt einmahl angenommen und ſind ſie un-
gluͤklicher weiſe uns erſt zur Gewohnheit ge-
worden: o dan haͤlt es ſehr, ſehr ſchwer, ſie
jemahls wieder abzulegen, wenn man ihre Schaͤd-
lichkeit auch noch ſo deutlich erkant hat.
Jederman weiß jezt, daß die Ausduͤnſtun-
gen der todten Koͤrper fuͤr die Lebenden vergif-
tend ſind: aber faͤhrt man nicht dem ohngeachtet
fort, ſie auf den Kirchhoͤfen in der Stadt zu be-
graben, oder gar in Kirchengewoͤlbe zu ſezen,
wo ſie nicht einmahl mit Erde bedekt ſind. Viel-
leicht wird noch ein ganzes Jahrhundert verſtrei-
chen, ehe es den Menſchen einfaͤlt, an die Ab-
ſchaffung dieſes boͤſen Gebrauches mit Ernſt zu
denken.
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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/308>, abgerufen am 23.11.2024.
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