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Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627.

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Beutelschneider/ oder
Gott wird euch doch entweder bald oder langsam
zu finden wissen: jhm ist nichts verborgen: Er kan
vnsere verborgene Hertzensgedancken ergründen:
Er weiß vnsere heimlichkeiten zu forschen/ vnser
geheimbste anschlag kann vor aller Wellt Augen
offenbahren vnd vnsere Angesicht voll schande zu-
machen.

Als nun der Edelman gewiß weiß/ daß sein
Feind todt geschlagen ist/ gibet er dem Forestier
die vbrigen summen Goldts nach seiner geschehe-
nen verheissung/ auff daß er sie hinweg machen
möge: Stehet aber lang in dem zweiffel/ ob er jhn
den Forestier solle todtschlagen/ oder hingehen las-
sen: Dann da machet er jhm die Rechnung also:
Schlegt er jhn todt/ so ziehe er jhm selber einen
Dorn auß dem Fuß/ vnd schaffe ruhe seinem Ge-
wissen/ welches jhm angst vnd bang machet/ jhn
Tag vnd Nacht quelete/ vnnd stetigs predigte/ er
möchte offenbaret vnnd verrathen werden: Nicht
zwar also/ als wann er sich besorgte Forestier möch-
te selber hingehen vnd jhn verrathen/ sondern die-
weil er sorgte/ wann Forestier (welcher von kei-
nem andern Handwerck sich erhielte/ als von
Morden vnd Todtschlagen: Dann man kundte
mit warheit das wol von jhm sagen/ daß er nicht
ein bissen asse oder trancke/ daß nicht dieses oder je-
nes erschlagenen Menschen Blut kostete: wie er
dann auch deß Menschen leben nicht mehr als ei-
nes Hunes leben achtete) in einem Mord solte er-
griffen/ vnnd darnach auff die Folter gespannet
werden/ so durffte er alles vnnd also auch seines

durch

Beutelſchneider/ oder
Gott wird euch doch entweder bald oder langſam
zu finden wiſſen: jhm iſt nichts verborgen: Er kan
vnſere verborgene Hertzensgedancken ergruͤnden:
Er weiß vnſere heimlichkeiten zu forſchen/ vnſer
geheimbſte anſchlag kann vor aller Wellt Augen
offenbahren vnd vnſere Angeſicht voll ſchande zu-
machen.

Als nun der Edelman gewiß weiß/ daß ſein
Feind todt geſchlagen iſt/ gibet er dem Foreſtier
die vbrigen ſummen Goldts nach ſeiner geſchehe-
nen verheiſſung/ auff daß er ſie hinweg machen
moͤge: Stehet aber lang in dem zweiffel/ ob er jhn
den Foreſtier ſolle todtſchlagen/ oder hingehen laſ-
ſen: Dann da machet er jhm die Rechnung alſo:
Schlegt er jhn todt/ ſo ziehe er jhm ſelber einen
Dorn auß dem Fuß/ vnd ſchaffe ruhe ſeinem Ge-
wiſſen/ welches jhm angſt vnd bang machet/ jhn
Tag vnd Nacht quelete/ vnnd ſtetigs predigte/ er
moͤchte offenbaret vnnd verꝛathen werden: Nicht
zwar alſo/ als wañ er ſich beſorgte Foreſtier moͤch-
te ſelber hingehen vnd jhn verꝛathen/ ſondern die-
weil er ſorgte/ wann Foreſtier (welcher von kei-
nem andern Handwerck ſich erhielte/ als von
Morden vnd Todtſchlagen: Dann man kundte
mit warheit das wol von jhm ſagen/ daß er nicht
ein biſſen aſſe oder trancke/ daß nicht dieſes oder je-
nes erſchlagenen Menſchen Blut koſtete: wie er
dann auch deß Menſchen leben nicht mehr als ei-
nes Hunes leben achtete) in einem Mord ſolte er-
griffen/ vnnd darnach auff die Folter geſpannet
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[310/0320] Beutelſchneider/ oder Gott wird euch doch entweder bald oder langſam zu finden wiſſen: jhm iſt nichts verborgen: Er kan vnſere verborgene Hertzensgedancken ergruͤnden: Er weiß vnſere heimlichkeiten zu forſchen/ vnſer geheimbſte anſchlag kann vor aller Wellt Augen offenbahren vnd vnſere Angeſicht voll ſchande zu- machen. Als nun der Edelman gewiß weiß/ daß ſein Feind todt geſchlagen iſt/ gibet er dem Foreſtier die vbrigen ſummen Goldts nach ſeiner geſchehe- nen verheiſſung/ auff daß er ſie hinweg machen moͤge: Stehet aber lang in dem zweiffel/ ob er jhn den Foreſtier ſolle todtſchlagen/ oder hingehen laſ- ſen: Dann da machet er jhm die Rechnung alſo: Schlegt er jhn todt/ ſo ziehe er jhm ſelber einen Dorn auß dem Fuß/ vnd ſchaffe ruhe ſeinem Ge- wiſſen/ welches jhm angſt vnd bang machet/ jhn Tag vnd Nacht quelete/ vnnd ſtetigs predigte/ er moͤchte offenbaret vnnd verꝛathen werden: Nicht zwar alſo/ als wañ er ſich beſorgte Foreſtier moͤch- te ſelber hingehen vnd jhn verꝛathen/ ſondern die- weil er ſorgte/ wann Foreſtier (welcher von kei- nem andern Handwerck ſich erhielte/ als von Morden vnd Todtſchlagen: Dann man kundte mit warheit das wol von jhm ſagen/ daß er nicht ein biſſen aſſe oder trancke/ daß nicht dieſes oder je- nes erſchlagenen Menſchen Blut koſtete: wie er dann auch deß Menſchen leben nicht mehr als ei- nes Hunes leben achtete) in einem Mord ſolte er- griffen/ vnnd darnach auff die Folter geſpannet werden/ ſo durffte er alles vnnd alſo auch ſeines durch

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Zitationshilfe: Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider02_1627/320>, abgerufen am 22.11.2024.