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Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627.

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Diebshistorien/ das II. Buch.
ste Bossen zu erzehlen/ vnd will endtlich zu den letz-
ten auch kommen.

Als er auff ein Zeit wol gekleydet ware/ vnnd in
dem Palais oder Königlichen Hause zu Paris da-
her auff vnnd ab spatzirete/ ersahe er einen Bürger
auß vnserer Statt Lion/ welcher/ ob er wol zimlich
schlecht gekleydet ware/ doch zimlich viel Pistolen
in seinem Hosensack bey sich hatte: Dann dem sey
wie jhm wolle/ daß er sich entweder nicht besser hat
kleyden wollen/ oder daß er vielleicht verliebet ist
gewesen/ so hette jederman jhn für einen armen
schlechten Droppen/ ja wol gar für ein Haluncken
angesehen.

Filemon sihet jhn an/ vnd achtet seiner sehr we-
nig Dann solche Leut begeren keine Lerchen zu ropf-
fen/ wann sie ein Rebhun haben können: Aber einer
auß seinen Mitbrüdern kommet zu jhm/ vnd saget
jhm heimlich in das Ohr/ bey dem Mann/ sey wol
etwas zufischen/ wiewol sein Adel/ das ist seine Klei-
der (dann viel suchen jhren Adel nur in stattlichen
Kleydungen) so gar zerlumpt vnd zerrissen seye/ ja
es gebe heutiges Tages viel dreckichter Edelleut/
welche den Seckel nicht so wol/ als der Mann/ ge-
spicket haben: Dann/ sagt er zu jhm/ ich hab sein
Gelt bey einem Handtschuchmacher gesehen/ da er
vmb ein par Handschuch gemarcket vnd mehr als
25. Pistolen auß seinem Sack hat gezogen.

Ist es möglich/ sagte hierauff Filemon/ daß ein
solcher zerrissener Mantel ein solches altes zerschabe-
nes Sammetes Wambs so viel Gelt vermöge?
Das hette ich nimmermehr gemeinet: Wann er

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R

Diebshiſtorien/ das II. Buch.
ſte Boſſen zu erzehlen/ vnd will endtlich zu den letz-
ten auch kommen.

Als er auff ein Zeit wol gekleydet ware/ vnnd in
dem Palais oder Koͤniglichen Hauſe zu Paris da-
her auff vnnd ab ſpatzirete/ erſahe er einen Buͤrger
auß vnſerer Statt Lion/ welcher/ ob er wol zimlich
ſchlecht gekleydet ware/ doch zimlich viel Piſtolen
in ſeinem Hoſenſack bey ſich hatte: Dann dem ſey
wie jhm wolle/ daß er ſich entweder nicht beſſer hat
kleyden wollen/ oder daß er vielleicht verliebet iſt
geweſen/ ſo hette jederman jhn fuͤr einen armen
ſchlechten Droppen/ ja wol gar fuͤr ein Haluncken
angeſehen.

Filemon ſihet jhn an/ vnd achtet ſeiner ſehr we-
nig Dann ſolche Leut begeren keine Lerchen zu ropf-
fen/ wann ſie ein Rebhun haben koͤnnen: Aber einer
auß ſeinen Mitbruͤdern kommet zu jhm/ vnd ſaget
jhm heimlich in das Ohr/ bey dem Mann/ ſey wol
etwas zufiſchen/ wiewol ſein Adel/ das iſt ſeine Klei-
der (dann viel ſuchen jhren Adel nur in ſtattlichen
Kleydungen) ſo gar zerlumpt vnd zerꝛiſſen ſeye/ ja
es gebe heutiges Tages viel dreckichter Edelleut/
welche den Seckel nicht ſo wol/ als der Mann/ ge-
ſpicket haben: Dann/ ſagt er zu jhm/ ich hab ſein
Gelt bey einem Handtſchuchmacher geſehen/ da er
vmb ein par Handſchuch gemarcket vnd mehr als
25. Piſtolen auß ſeinem Sack hat gezogen.

Iſt es moͤglich/ ſagte hierauff Filemon/ daß ein
ſolcher zerꝛiſſener Mantel ein ſolches altes zerſchabe-
nes Sammetes Wambs ſo viel Gelt vermoͤge?
Das hette ich nimmermehr gemeinet: Wann er

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[257/0267] Diebshiſtorien/ das II. Buch. ſte Boſſen zu erzehlen/ vnd will endtlich zu den letz- ten auch kommen. Als er auff ein Zeit wol gekleydet ware/ vnnd in dem Palais oder Koͤniglichen Hauſe zu Paris da- her auff vnnd ab ſpatzirete/ erſahe er einen Buͤrger auß vnſerer Statt Lion/ welcher/ ob er wol zimlich ſchlecht gekleydet ware/ doch zimlich viel Piſtolen in ſeinem Hoſenſack bey ſich hatte: Dann dem ſey wie jhm wolle/ daß er ſich entweder nicht beſſer hat kleyden wollen/ oder daß er vielleicht verliebet iſt geweſen/ ſo hette jederman jhn fuͤr einen armen ſchlechten Droppen/ ja wol gar fuͤr ein Haluncken angeſehen. Filemon ſihet jhn an/ vnd achtet ſeiner ſehr we- nig Dann ſolche Leut begeren keine Lerchen zu ropf- fen/ wann ſie ein Rebhun haben koͤnnen: Aber einer auß ſeinen Mitbruͤdern kommet zu jhm/ vnd ſaget jhm heimlich in das Ohr/ bey dem Mann/ ſey wol etwas zufiſchen/ wiewol ſein Adel/ das iſt ſeine Klei- der (dann viel ſuchen jhren Adel nur in ſtattlichen Kleydungen) ſo gar zerlumpt vnd zerꝛiſſen ſeye/ ja es gebe heutiges Tages viel dreckichter Edelleut/ welche den Seckel nicht ſo wol/ als der Mann/ ge- ſpicket haben: Dann/ ſagt er zu jhm/ ich hab ſein Gelt bey einem Handtſchuchmacher geſehen/ da er vmb ein par Handſchuch gemarcket vnd mehr als 25. Piſtolen auß ſeinem Sack hat gezogen. Iſt es moͤglich/ ſagte hierauff Filemon/ daß ein ſolcher zerꝛiſſener Mantel ein ſolches altes zerſchabe- nes Sammetes Wambs ſo viel Gelt vermoͤge? Das hette ich nimmermehr gemeinet: Wann er Sche- R

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Zitationshilfe: Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider02_1627/267>, abgerufen am 24.11.2024.