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[Calvi, François de]: Beutelschneider, oder newe warhaffte vnd eigentliche Beschreibung der Diebs Historien. [Bd. 1]. Frankfurt (Main), 1627.

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Diebs Historien/ das I. Buch.
Als nun das zu Chastres offenbar wird/ verwun-
dert sich jederman darüber: Dann jederman hat
gehoffet/ das Weib wurde jhr Sach a la Tour-
nelle zu Paris gewinnen.

Aber die jenige/ welche Nachteulen Augen ha-
ben/ können nit sehen die Rathschlüß deß grossen
Rahts/ welche rechte scharpffe Luxaugen haben/
vnd welche den Gottlosen Vbelthätern gar in jhr
Hertz hinein sehen können: Dann weil sie augen-
scheinlich gesehen hatten/ daß Despreau vnd sei-
ne Mitgesellen rechtmässiger weise zum Todt wa-
ren verdammet worden/ vnd daß das eintzige Weib
Vrsach war/ daß das rechtmässige Vrtheil nicht
an jhnen war vollnstrecket worden/ haben sie sie
billich wider an jren Ort geschicket/ damit sie/ wie
sie wol verdienet hatten/ hingerichtet wurden/ vnd
daß jederman möge sehen/ daß sie vnbillicher wei-
se appellieret hatte.

Als nun das Weib widerumb gen Chastres
war kommen/ da redete man von nichts anders/
Als von dem Tag/ da man sie hinrichten wurde.
Nun ist aber allzeit zu mercken/ daß dieses Weib
eine überauß schöne Tochter hatte/ welche auch
gen Paris war kommen/ jhrer Mutter Rechtfer-
tigung zu führen/ vnnd sich zu bemühen/ daß jhre
Mutter widerumb möchte loß vnd ledig werden:
Aber all jhr anbringen war so gar vnbillich/ vnnd
die Kühnheit so sie darbey gebrauchete/ so groß
daß sie nichts kondte erlangen/ wiewol sie fleissig
anhielte/ sondern es wurde jhr all jhr begehren
kurtz rund abgeschlagen: Vnd als sie nun solches

sahe/
S v

Diebs Hiſtorien/ das I. Buch.
Als nun das zu Chaſtres offenbar wird/ verwun-
dert ſich jederman daruͤber: Dann jederman hat
gehoffet/ das Weib wurde jhr Sach a la Tour-
nelle zu Paris gewinnen.

Aber die jenige/ welche Nachteulen Augen ha-
ben/ koͤnnen nit ſehen die Rathſchluͤß deß groſſen
Rahts/ welche rechte ſcharpffe Luxaugen haben/
vnd welche den Gottloſen Vbelthaͤtern gar in jhr
Hertz hinein ſehen koͤnnen: Dann weil ſie augen-
ſcheinlich geſehen hatten/ daß Deſpreau vnd ſei-
ne Mitgeſellen rechtmaͤſſiger weiſe zum Todt wa-
ren verdam̄et woꝛden/ vnd daß das eintzige Weib
Vrſach war/ daß das rechtmaͤſſige Vrtheil nicht
an jhnen war vollnſtrecket worden/ haben ſie ſie
billich wider an jren Ort geſchicket/ damit ſie/ wie
ſie wol veꝛdienet hatten/ hingeꝛichtet wurden/ vnd
daß jederman moͤge ſehen/ daß ſie vnbillicher wei-
ſe appellieret hatte.

Als nun das Weib widerumb gen Chaſtres
war kommen/ da redete man von nichts anders/
Als von dem Tag/ da man ſie hinrichten wurde.
Nun iſt aber allzeit zu mercken/ daß dieſes Weib
eine uͤberauß ſchoͤne Tochter hatte/ welche auch
gen Paris war kommen/ jhrer Mutter Rechtfer-
tigung zu fuͤhren/ vnnd ſich zu bemuͤhen/ daß jhre
Mutter widerumb moͤchte loß vnd ledig werden:
Aber all jhr anbringen war ſo gar vnbillich/ vnnd
die Kuͤhnheit ſo ſie darbey gebrauchete/ ſo groß
daß ſie nichts kondte erlangen/ wiewol ſie fleiſſig
anhielte/ ſondern es wurde jhr all jhr begehren
kurtz rund abgeſchlagen: Vnd als ſie nun ſolches

ſahe/
S v
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[273/0285] Diebs Hiſtorien/ das I. Buch. Als nun das zu Chaſtres offenbar wird/ verwun- dert ſich jederman daruͤber: Dann jederman hat gehoffet/ das Weib wurde jhr Sach a la Tour- nelle zu Paris gewinnen. Aber die jenige/ welche Nachteulen Augen ha- ben/ koͤnnen nit ſehen die Rathſchluͤß deß groſſen Rahts/ welche rechte ſcharpffe Luxaugen haben/ vnd welche den Gottloſen Vbelthaͤtern gar in jhr Hertz hinein ſehen koͤnnen: Dann weil ſie augen- ſcheinlich geſehen hatten/ daß Deſpreau vnd ſei- ne Mitgeſellen rechtmaͤſſiger weiſe zum Todt wa- ren verdam̄et woꝛden/ vnd daß das eintzige Weib Vrſach war/ daß das rechtmaͤſſige Vrtheil nicht an jhnen war vollnſtrecket worden/ haben ſie ſie billich wider an jren Ort geſchicket/ damit ſie/ wie ſie wol veꝛdienet hatten/ hingeꝛichtet wurden/ vnd daß jederman moͤge ſehen/ daß ſie vnbillicher wei- ſe appellieret hatte. Als nun das Weib widerumb gen Chaſtres war kommen/ da redete man von nichts anders/ Als von dem Tag/ da man ſie hinrichten wurde. Nun iſt aber allzeit zu mercken/ daß dieſes Weib eine uͤberauß ſchoͤne Tochter hatte/ welche auch gen Paris war kommen/ jhrer Mutter Rechtfer- tigung zu fuͤhren/ vnnd ſich zu bemuͤhen/ daß jhre Mutter widerumb moͤchte loß vnd ledig werden: Aber all jhr anbringen war ſo gar vnbillich/ vnnd die Kuͤhnheit ſo ſie darbey gebrauchete/ ſo groß daß ſie nichts kondte erlangen/ wiewol ſie fleiſſig anhielte/ ſondern es wurde jhr all jhr begehren kurtz rund abgeſchlagen: Vnd als ſie nun ſolches ſahe/ S v

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Zitationshilfe: [Calvi, François de]: Beutelschneider, oder newe warhaffte vnd eigentliche Beschreibung der Diebs Historien. [Bd. 1]. Frankfurt (Main), 1627, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider01_1627/285>, abgerufen am 18.05.2024.