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[Calvi, François de]: Beutelschneider, oder newe warhaffte vnd eigentliche Beschreibung der Diebs Historien. [Bd. 1]. Frankfurt (Main), 1627.

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Beutelschneider/ oder
kräfftigung vnnd viel tausend andere Mumme-
rey/ was ist daß alles anders/ als ein recht Teuffli-
scher fund/ welchen man hat erdacht/ auff/ daß man
dem Nechsten vnder dem schein aller Gerechtig-
keit das seinige abstele/ vnd den rechemessigen Be-
sitzer auß seinem eigenen Erbgut stosse vnd treibt-
Heist das nicht gar am hellen Mittag rauben vnd
stelen/ vnnd vor aller Welt das jenige begehen/
was ein Beutelschneider nimmermehr jm in sei-
nem Sine zuthu nemen würde: Es gehet heutiges
Tags also her/ daß die jenige/ so am aller meisten
straffwürdig seyn/ am wenigsten gesuchet vnd ge-
straffet werden.

Wo ist vnd bleibet jetz un der Esopus/ der da
sagte: Die Gesätze/ welche die Diebe verdammen/
seyn an einer Eysernketten angeschlossen/ vnnd
die jenige/ für welche sie gemacht seyn/ lauffen ob-
ne vnderschied/ ohne rew vnnd schew der Straffe
mitten vnder den Leuten: Ist jemals ein Zeit ge-
wesen/ da dieses deß Esopi Wort wahr ist gewe-
sen/ so ist es fürwahr jtzunder: Dann jederman
hanget dem Bösen nach/ vnderstehet sich seines
gleichen zuverführen/ vnnd nur allein von dem
raube zu leben.

Aber ich komme vnvermerckter weise von mei-
nem vorigen Gespräch/ vnd gerathe in ein solches
Gespräch/ da es etwas gefährlich ist/ viel darvon
zu reden: Dann da ist gantz vnd gar kein zweiffel/
wer sich wolte in Paris/ vnd in allen andern Stät-
ren vnd Orten deß gantzen Königreichs Franck-
reich vmbsehen/ der wird solcher Leut viel finden.

Aber

Beutelſchneider/ oder
kraͤfftigung vnnd viel tauſend andere Mumme-
rey/ was iſt daß alles anders/ als ein recht Teuffli-
ſcher fund/ welchē man hat erdacht/ auff/ daß man
dem Nechſten vnder dem ſchein aller Gerechtig-
keit das ſeinige abſtele/ vnd den rechemeſſigen Be-
ſitzer auß ſeinem eigenen Erbgut ſtoſſe vnd treibt-
Heiſt das nicht gar am hellen Mittag rauben vnd
ſtelen/ vnnd vor aller Welt das jenige begehen/
was ein Beutelſchneider nimmermehr jm in ſei-
nem Sine zuthu nemen wuͤrde: Es gehet heutiges
Tags alſo her/ daß die jenige/ ſo am aller meiſten
ſtraffwuͤrdig ſeyn/ am wenigſten geſuchet vnd ge-
ſtraffet werden.

Wo iſt vnd bleibet jetz un der Eſopus/ der da
ſagte: Die Geſaͤtze/ welche die Diebe verdammen/
ſeyn an einer Eyſernketten angeſchloſſen/ vnnd
die jenige/ fuͤr welche ſie gemacht ſeyn/ lauffen ob-
ne vnderſchied/ ohne rew vnnd ſchew der Straffe
mitten vnder den Leuten: Iſt jemals ein Zeit ge-
weſen/ da dieſes deß Eſopi Wort wahr iſt gewe-
ſen/ ſo iſt es fuͤrwahr jtzunder: Dann jederman
hanget dem Boͤſen nach/ vnderſtehet ſich ſeines
gleichen zuverfuͤhren/ vnnd nur allein von dem
raube zu leben.

Aber ich komme vnvermerckter weiſe von mei-
nem vorigen Geſpraͤch/ vnd gerathe in ein ſolches
Geſpraͤch/ da es etwas gefaͤhrlich iſt/ viel darvon
zu reden: Dann da iſt gantz vnd gar kein zweiffel/
wer ſich wolte in Paris/ vnd in allē andern Staͤt-
ren vnd Orten deß gantzen Koͤnigreichs Franck-
reich vmbſehen/ der wird ſolcher Leut viel finden.

Aber
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[246/0258] Beutelſchneider/ oder kraͤfftigung vnnd viel tauſend andere Mumme- rey/ was iſt daß alles anders/ als ein recht Teuffli- ſcher fund/ welchē man hat erdacht/ auff/ daß man dem Nechſten vnder dem ſchein aller Gerechtig- keit das ſeinige abſtele/ vnd den rechemeſſigen Be- ſitzer auß ſeinem eigenen Erbgut ſtoſſe vnd treibt- Heiſt das nicht gar am hellen Mittag rauben vnd ſtelen/ vnnd vor aller Welt das jenige begehen/ was ein Beutelſchneider nimmermehr jm in ſei- nem Sine zuthu nemen wuͤrde: Es gehet heutiges Tags alſo her/ daß die jenige/ ſo am aller meiſten ſtraffwuͤrdig ſeyn/ am wenigſten geſuchet vnd ge- ſtraffet werden. Wo iſt vnd bleibet jetz un der Eſopus/ der da ſagte: Die Geſaͤtze/ welche die Diebe verdammen/ ſeyn an einer Eyſernketten angeſchloſſen/ vnnd die jenige/ fuͤr welche ſie gemacht ſeyn/ lauffen ob- ne vnderſchied/ ohne rew vnnd ſchew der Straffe mitten vnder den Leuten: Iſt jemals ein Zeit ge- weſen/ da dieſes deß Eſopi Wort wahr iſt gewe- ſen/ ſo iſt es fuͤrwahr jtzunder: Dann jederman hanget dem Boͤſen nach/ vnderſtehet ſich ſeines gleichen zuverfuͤhren/ vnnd nur allein von dem raube zu leben. Aber ich komme vnvermerckter weiſe von mei- nem vorigen Geſpraͤch/ vnd gerathe in ein ſolches Geſpraͤch/ da es etwas gefaͤhrlich iſt/ viel darvon zu reden: Dann da iſt gantz vnd gar kein zweiffel/ wer ſich wolte in Paris/ vnd in allē andern Staͤt- ren vnd Orten deß gantzen Koͤnigreichs Franck- reich vmbſehen/ der wird ſolcher Leut viel finden. Aber

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Zitationshilfe: [Calvi, François de]: Beutelschneider, oder newe warhaffte vnd eigentliche Beschreibung der Diebs Historien. [Bd. 1]. Frankfurt (Main), 1627, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider01_1627/258>, abgerufen am 18.05.2024.