Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Calvi, François de]: Beutelschneider, oder newe warhaffte vnd eigentliche Beschreibung der Diebs Historien. [Bd. 1]. Frankfurt (Main), 1627.

Bild:
<< vorherige Seite

Beutelschneider/ oder
schwer: Er ware wie der Icarus/ der sich mehr
als zu viel auff seine Kräffte verliesse. Derhalben
so hat er auch endlich mit seinem schaden erfah-
ren/ daß es besser ist in dem mittel Stande zu ver-
bleiben/ als gar zu hoch zufliegen/ vnd über sein
vermögen etwas fürzunemen. Man siehet heu-
tiges tages wenig Tamberlaner/ welche dieses bö-
sen vngearten Frantzosen Sprichwort führen: de
Rien grande chose,
Auß nichts etwas grosses/
Vnd welche jhnen die Cron auff das Haupt gese-
tzet haben: Wir seyn nicht mehr in der alten Rö-
mer oder Sabiner zeit/ daß wir durch offentliches
Rauben vnd Stelen vns groß machen können:
Aber gleichwol so hatte Lycaon ein solchen stoltzen
vermessenen Geist/ daß er jhm solches alles also
einbildete: Es müste sein vornehmen fortgehen/
vnd solte er auch darüber zerbersten/ vnd vnderge-
hen. Derohalben so last vns nun sehen/ was er
mit seinen Waghälsen vnd Freybeutern wird
machen.

Als nun dieser verzweiffelte böse Mensch sahe/
daß er so viel Leut bey sich hatte/ welche alle mit jm
einen gleichen bösen Vorschlag im Sinn hatten/
bedachte er sich auff mittel vnd wege/ wie er der je-
nigen Fürhaben so jhm schaden zufügen köndten/
hindern möchte. Derhalben ehe daß er einen eint-
zigen Anschlag ins Werck setzte/ bauet er jhm ei-
ne Vestung in den Wald Machecou/ welches ein
vester/ wüster vnd von dem gemeinen Weg weit
abgelegner Ort ist.

Es ist mir all hie vnmöglich euch zu erzehlen/

wie

Beutelſchneider/ oder
ſchwer: Er ware wie der Icarus/ der ſich mehr
als zu viel auff ſeine Kraͤffte verlieſſe. Derhalben
ſo hat er auch endlich mit ſeinem ſchaden erfah-
ren/ daß es beſſer iſt in dem mittel Stande zu ver-
bleiben/ als gar zu hoch zufliegen/ vnd uͤber ſein
vermoͤgen etwas fuͤrzunemen. Man ſiehet heu-
tiges tages wenig Tamberlaner/ welche dieſes boͤ-
ſen vngearten Frantzoſen Sprichwort fuͤhren: de
Rien grande choſe,
Auß nichts etwas groſſes/
Vnd welche jhnen die Cron auff das Haupt geſe-
tzet haben: Wir ſeyn nicht mehr in der alten Roͤ-
mer oder Sabiner zeit/ daß wir durch offentliches
Rauben vnd Stelen vns groß machen koͤnnen:
Aber gleichwol ſo hatte Lycaon ein ſolchen ſtoltzen
vermeſſenen Geiſt/ daß er jhm ſolches alles alſo
einbildete: Es muͤſte ſein vornehmen fortgehen/
vnd ſolte er auch daruͤber zerberſten/ vnd vnderge-
hen. Derohalben ſo laſt vns nun ſehen/ was er
mit ſeinen Waghaͤlſen vnd Freybeutern wird
machen.

Als nun dieſer verzweiffelte boͤſe Menſch ſahe/
daß er ſo viel Leut bey ſich hatte/ welche alle mit jm
einen gleichen boͤſen Vorſchlag im Sinn hatten/
bedachte er ſich auff mittel vnd wege/ wie er der je-
nigen Fuͤrhaben ſo jhm ſchaden zufuͤgen koͤndten/
hindern moͤchte. Derhalben ehe daß er einen eint-
zigen Anſchlag ins Werck ſetzte/ bauet er jhm ei-
ne Veſtung in den Wald Machecou/ welches ein
veſter/ wuͤſter vnd von dem gemeinen Weg weit
abgelegner Ort iſt.

Es iſt mir all hie vnmoͤglich euch zu erzehlen/

wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0024" n="12"/><fw place="top" type="header">Beutel&#x017F;chneider/ oder</fw><lb/>
&#x017F;chwer: Er ware wie der Icarus/ der &#x017F;ich mehr<lb/>
als zu viel auff &#x017F;eine Kra&#x0364;ffte verlie&#x017F;&#x017F;e. Derhalben<lb/>
&#x017F;o hat er auch endlich mit &#x017F;einem &#x017F;chaden erfah-<lb/>
ren/ daß es be&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t in dem mittel Stande zu ver-<lb/>
bleiben/ als gar zu hoch zufliegen/ vnd u&#x0364;ber &#x017F;ein<lb/>
vermo&#x0364;gen etwas fu&#x0364;rzunemen. Man &#x017F;iehet heu-<lb/>
tiges tages wenig Tamberlaner/ welche die&#x017F;es bo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;en vngearten Frantzo&#x017F;en Sprichwort fu&#x0364;hren: <hi rendition="#aq">de<lb/>
Rien grande cho&#x017F;e,</hi> Auß nichts etwas gro&#x017F;&#x017F;es/<lb/>
Vnd welche jhnen die Cron auff das Haupt ge&#x017F;e-<lb/>
tzet haben: Wir &#x017F;eyn nicht mehr in der alten Ro&#x0364;-<lb/>
mer oder Sabiner zeit/ daß wir durch offentliches<lb/>
Rauben vnd Stelen vns groß machen ko&#x0364;nnen:<lb/>
Aber gleichwol &#x017F;o hatte Lycaon ein &#x017F;olchen &#x017F;toltzen<lb/>
verme&#x017F;&#x017F;enen Gei&#x017F;t/ daß er jhm &#x017F;olches alles al&#x017F;o<lb/>
einbildete: Es mu&#x0364;&#x017F;te &#x017F;ein vornehmen fortgehen/<lb/>
vnd &#x017F;olte er auch daru&#x0364;ber zerber&#x017F;ten/ vnd vnderge-<lb/>
hen. Derohalben &#x017F;o la&#x017F;t vns nun &#x017F;ehen/ was er<lb/>
mit &#x017F;einen Wagha&#x0364;l&#x017F;en vnd Freybeutern wird<lb/>
machen.</p><lb/>
          <p>Als nun die&#x017F;er verzweiffelte bo&#x0364;&#x017F;e Men&#x017F;ch &#x017F;ahe/<lb/>
daß er &#x017F;o viel Leut bey &#x017F;ich hatte/ welche alle mit jm<lb/>
einen gleichen bo&#x0364;&#x017F;en Vor&#x017F;chlag im Sinn hatten/<lb/>
bedachte er &#x017F;ich auff mittel vnd wege/ wie er der je-<lb/>
nigen Fu&#x0364;rhaben &#x017F;o jhm &#x017F;chaden zufu&#x0364;gen ko&#x0364;ndten/<lb/>
hindern mo&#x0364;chte. Derhalben ehe daß er einen eint-<lb/>
zigen An&#x017F;chlag ins Werck &#x017F;etzte/ bauet er jhm ei-<lb/>
ne Ve&#x017F;tung in den Wald Machecou/ welches ein<lb/>
ve&#x017F;ter/ wu&#x0364;&#x017F;ter vnd von dem gemeinen Weg weit<lb/>
abgelegner Ort i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t mir all hie vnmo&#x0364;glich euch zu erzehlen/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wie</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0024] Beutelſchneider/ oder ſchwer: Er ware wie der Icarus/ der ſich mehr als zu viel auff ſeine Kraͤffte verlieſſe. Derhalben ſo hat er auch endlich mit ſeinem ſchaden erfah- ren/ daß es beſſer iſt in dem mittel Stande zu ver- bleiben/ als gar zu hoch zufliegen/ vnd uͤber ſein vermoͤgen etwas fuͤrzunemen. Man ſiehet heu- tiges tages wenig Tamberlaner/ welche dieſes boͤ- ſen vngearten Frantzoſen Sprichwort fuͤhren: de Rien grande choſe, Auß nichts etwas groſſes/ Vnd welche jhnen die Cron auff das Haupt geſe- tzet haben: Wir ſeyn nicht mehr in der alten Roͤ- mer oder Sabiner zeit/ daß wir durch offentliches Rauben vnd Stelen vns groß machen koͤnnen: Aber gleichwol ſo hatte Lycaon ein ſolchen ſtoltzen vermeſſenen Geiſt/ daß er jhm ſolches alles alſo einbildete: Es muͤſte ſein vornehmen fortgehen/ vnd ſolte er auch daruͤber zerberſten/ vnd vnderge- hen. Derohalben ſo laſt vns nun ſehen/ was er mit ſeinen Waghaͤlſen vnd Freybeutern wird machen. Als nun dieſer verzweiffelte boͤſe Menſch ſahe/ daß er ſo viel Leut bey ſich hatte/ welche alle mit jm einen gleichen boͤſen Vorſchlag im Sinn hatten/ bedachte er ſich auff mittel vnd wege/ wie er der je- nigen Fuͤrhaben ſo jhm ſchaden zufuͤgen koͤndten/ hindern moͤchte. Derhalben ehe daß er einen eint- zigen Anſchlag ins Werck ſetzte/ bauet er jhm ei- ne Veſtung in den Wald Machecou/ welches ein veſter/ wuͤſter vnd von dem gemeinen Weg weit abgelegner Ort iſt. Es iſt mir all hie vnmoͤglich euch zu erzehlen/ wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider01_1627
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider01_1627/24
Zitationshilfe: [Calvi, François de]: Beutelschneider, oder newe warhaffte vnd eigentliche Beschreibung der Diebs Historien. [Bd. 1]. Frankfurt (Main), 1627, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider01_1627/24>, abgerufen am 21.11.2024.