Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Butschky, Samuel von: Die Hochdeutsche Kantzeley. Breslau u. a., [1652].

Bild:
<< vorherige Seite

Der unglükliche Lieb- und Lebens Lauf/
durch Vorschub/ mier solche Gedanken/ üm
mich noch mehrers aufzumuntern/ ihn der
Tähtligkeit hervor zu bringen eingegeben.
Glüklich nun ist mein Unglük; darüm/ weil
Jch als ein anderer Job/ durch gemeine
Verlierung dessen/ so Jch auf dieser Welt
am liebsten gehabt/ in die Aschen alles Elen-
des und Unglüks gesätzt/ und an einem
fremden Ohrte gleichsam von meinen
Freunden verstoßen; die Augen gantz mit
Trähnen genetzet; das Hertze die Helfte
durch gewaltsamen Wind seiner Seuftzen
herauser gerissen; die Sele mit dem schmer-
tzen aller Schmertzen berühret und getrof-
fen; auch nicht ahtemet/ als mit halbge-
dämpfter Stimme meiner Klagen; ja/ in
dem grösten und grausamsten Ungestüm al-
les dieses Unglüks/ ihre Traurigkeit und
scharfes Verfahren/ zu verachten/ und selbi-
gen unter meine Füße zu treten; meine Zäh-
ren/ Seuftzen und Klagen/ vielmehr der
Natur als meinem Unglük/ üm nicht unem-
pfindlich mit einem so fleischlichen Hertzen/
zu scheinen zuzuschreiben. Seyn dann dieses
nicht mehr als menschliche Stärke/ auch
kommen solche von oben herab; und mein
Hertze wird von nun an/ ohne Aufhören/ in
der Sache/ euer zwar tödlichen/ aber mei-
nem Vermögen gleichähnlichem Wieder-
erkentnüs/ bemühet seyn. Entzwischen/
mein Liebster Freund/ ist es Zeit/ etwas

Schat-

Der ungluͤkliche Lieb- und Lebens Lauf/
durch Vorſchub/ mier ſolche Gedanken/ uͤm
mich noch mehrers aufzumuntern/ ihn der
Taͤhtligkeit hervor zu bringen eingegében.
Gluͤklich nun iſt mein Ungluͤk; daruͤm/ weil
Jch als ein anderer Job/ durch gemeine
Verlierung deſſen/ ſo Jch auf dieſer Welt
am liebſten gehabt/ in die Aſchen alles Elen-
des und Ungluͤks geſaͤtzt/ und an einem
fremden Ohrte gleichſam von meinen
Freunden verſtoßen; die Augen gantz mit
Traͤhnen genetzet; das Hertze die Helfte
durch gewaltſamen Wind ſeiner Seuftzen
herauſer geriſſen; die Séle mit dem ſchmer-
tzen aller Schmertzen beruͤhret und getrof-
fen; auch nicht ahtemet/ als mit halbge-
daͤmpfter Stimme meiner Klágen; ja/ in
dem groͤſten und grauſamſten Ungeſtuͤm al-
les dieſes Ungluͤks/ ihre Traurigkeit und
ſcharfes Verfahren/ zu verachten/ und ſelbi-
gen unter meine Fuͤße zu tréten; meine Zaͤh-
ren/ Seuftzen und Klágen/ vielmehr der
Natur als meinem Ungluͤk/ uͤm nicht unem-
pfindlich mit einem ſo fleiſchlichen Hertzen/
zu ſcheinen zúzuſchreiben. Seyn dann dieſes
nicht mehr als menſchliche Staͤrke/ auch
kommen ſolche von oben herab; und mein
Hertze wird von nun an/ ohne Aufhoͤren/ in
der Sache/ euer zwar toͤdlichen/ aber mei-
nem Vermoͤgen gleichaͤhnlichem Wieder-
erkentnuͤs/ bemuͤhet ſeyn. Entzwiſchen/
mein Liebſter Freund/ iſt es Zeit/ etwas

Schat-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0384" n="218"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der unglu&#x0364;kliche Lieb- und Lebens Lauf/</hi></fw><lb/>
durch Vor&#x017F;chub/ mier &#x017F;olche Gedanken/ u&#x0364;m<lb/>
mich noch mehrers aufzumuntern/ ihn der<lb/>
Ta&#x0364;htligkeit hervor zu bringen eingeg<hi rendition="#aq">é</hi>ben.<lb/>
Glu&#x0364;klich nun i&#x017F;t mein Unglu&#x0364;k; daru&#x0364;m/ weil<lb/>
Jch als ein anderer Job/ durch gemeine<lb/>
Verlierung de&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;o Jch auf die&#x017F;er Welt<lb/>
am lieb&#x017F;ten gehabt/ in die A&#x017F;chen alles Elen-<lb/>
des und Unglu&#x0364;ks ge&#x017F;a&#x0364;tzt/ und an einem<lb/>
fremden Ohrte gleich&#x017F;am von meinen<lb/>
Freunden ver&#x017F;toßen; die Augen gantz mit<lb/>
Tra&#x0364;hnen genetzet; das Hertze die Helfte<lb/>
durch gewalt&#x017F;amen Wind &#x017F;einer Seuftzen<lb/>
herau&#x017F;er geri&#x017F;&#x017F;en; die S<hi rendition="#aq">é</hi>le mit dem &#x017F;chmer-<lb/>
tzen aller Schmertzen beru&#x0364;hret und getrof-<lb/>
fen; auch nicht ahtemet/ als mit halbge-<lb/>
da&#x0364;mpfter Stimme meiner Kl<hi rendition="#aq">á</hi>gen; ja/ in<lb/>
dem gro&#x0364;&#x017F;ten und grau&#x017F;am&#x017F;ten Unge&#x017F;tu&#x0364;m al-<lb/>
les die&#x017F;es Unglu&#x0364;ks/ ihre Traurigkeit und<lb/>
&#x017F;charfes Verfahren/ zu verachten/ und &#x017F;elbi-<lb/>
gen unter meine Fu&#x0364;ße zu tr<hi rendition="#aq">é</hi>ten; meine Za&#x0364;h-<lb/>
ren/ Seuftzen und Kl<hi rendition="#aq">á</hi>gen/ vielmehr der<lb/>
Natur als meinem Unglu&#x0364;k/ u&#x0364;m nicht unem-<lb/>
pfindlich mit einem &#x017F;o flei&#x017F;chlichen Hertzen/<lb/>
zu &#x017F;cheinen z<hi rendition="#aq">ú</hi>zu&#x017F;chreiben. Seyn dann die&#x017F;es<lb/>
nicht mehr als men&#x017F;chliche Sta&#x0364;rke/ auch<lb/>
kommen &#x017F;olche von oben herab; und mein<lb/>
Hertze wird von nun an/ ohne Aufho&#x0364;ren/ in<lb/>
der Sache/ euer zwar to&#x0364;dlichen/ aber mei-<lb/>
nem Vermo&#x0364;gen gleicha&#x0364;hnlichem Wieder-<lb/>
erkentnu&#x0364;s/ bemu&#x0364;het &#x017F;eyn. Entzwi&#x017F;chen/<lb/>
mein Lieb&#x017F;ter Freund/ i&#x017F;t es Zeit/ etwas<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Schat-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0384] Der ungluͤkliche Lieb- und Lebens Lauf/ durch Vorſchub/ mier ſolche Gedanken/ uͤm mich noch mehrers aufzumuntern/ ihn der Taͤhtligkeit hervor zu bringen eingegében. Gluͤklich nun iſt mein Ungluͤk; daruͤm/ weil Jch als ein anderer Job/ durch gemeine Verlierung deſſen/ ſo Jch auf dieſer Welt am liebſten gehabt/ in die Aſchen alles Elen- des und Ungluͤks geſaͤtzt/ und an einem fremden Ohrte gleichſam von meinen Freunden verſtoßen; die Augen gantz mit Traͤhnen genetzet; das Hertze die Helfte durch gewaltſamen Wind ſeiner Seuftzen herauſer geriſſen; die Séle mit dem ſchmer- tzen aller Schmertzen beruͤhret und getrof- fen; auch nicht ahtemet/ als mit halbge- daͤmpfter Stimme meiner Klágen; ja/ in dem groͤſten und grauſamſten Ungeſtuͤm al- les dieſes Ungluͤks/ ihre Traurigkeit und ſcharfes Verfahren/ zu verachten/ und ſelbi- gen unter meine Fuͤße zu tréten; meine Zaͤh- ren/ Seuftzen und Klágen/ vielmehr der Natur als meinem Ungluͤk/ uͤm nicht unem- pfindlich mit einem ſo fleiſchlichen Hertzen/ zu ſcheinen zúzuſchreiben. Seyn dann dieſes nicht mehr als menſchliche Staͤrke/ auch kommen ſolche von oben herab; und mein Hertze wird von nun an/ ohne Aufhoͤren/ in der Sache/ euer zwar toͤdlichen/ aber mei- nem Vermoͤgen gleichaͤhnlichem Wieder- erkentnuͤs/ bemuͤhet ſeyn. Entzwiſchen/ mein Liebſter Freund/ iſt es Zeit/ etwas Schat-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/butschky_kantzeley_1649
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/butschky_kantzeley_1649/384
Zitationshilfe: Butschky, Samuel von: Die Hochdeutsche Kantzeley. Breslau u. a., [1652], S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/butschky_kantzeley_1649/384>, abgerufen am 19.05.2024.