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Butschky, Samuel von: Die Hochdeutsche Kantzeley. Breslau u. a., [1652].

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Trostschreiben über des Bruders Ableiben.
Zweifels frey/ so denn euere Jahre/ deren
Tag so übel zugebracht zuhaben/ hertzlich be-
reuen/ und derer Tage/ wegen besorgender
hierauf unvermeidlich folgender Rache des
Todes/ an welcher ihr Rechenschaft geben
müsset/ und zwar eine genaue rechenschaft/
nicht allein von alleueren abgelebten Jah-
ren/ sondern auch noch/ welches wohl zube-
hertzigen/ von allen Minuten der Stunden/
so darinnen verflossen/ sowohl/ daß ie länger
einer gelebet/ ie tiefer Er sich in dem Sün-
den Register eingezeichnet/ aber hergegen
desto weniger Mittel und Wege seine
Schulden abzutragen/ findet. Jhr werdet
mier dargegen auf die Bahn bringen/ daß
das Leben eines todliebenden und rechtschaf-
fenen Menschen/ auser allen Tadel und Ver-
weisung/ als der dessen vergewisserung mit
und neben sich führet/ und daß auf die Wei-
se ist länger dessen Lebenszeit/ ie mehr seine
Tugenden behaufet/ und vergrößert wirde:
Dannenhero erfolge/ daß eueres Herren
Bruders voller Tugend und mit iedermans
Verwunderung geführte Lebenszeit/ üm
dasselbige in der Mitte ihres Laufs in das
Grab gestürtzet/ nicht unbillich/ und zwar
schmertzlich zubetrauren. Jch bekenne/ daß
die Frühlingszeit/ seines Alters/ einen lieben
Sommer/ einen schönen Herbst/ und liebrei-
chen Winter/ anverheischen: Aber siehet
man nicht auch die/ von mancherley Farben

ge-

Troſtſchreiben uͤber des Bruders Ableiben.
Zweifels frey/ ſo denn euere Jahre/ deren
Tag ſo uͤbel zugebracht zuhaben/ hertzlich be-
reuen/ und derer Tage/ wégen beſorgender
hierauf unvermeidlich folgender Rache des
Todes/ an welcher ihr Rechenſchaft gében
muͤſſet/ und zwar eine genaue rechenſchaft/
nicht allein von alleueren abgelébten Jah-
ren/ ſondern auch noch/ welches wohl zube-
hertzigen/ von allen Minuten der Stundẽ/
ſo darinnen verfloſſen/ ſowohl/ daß ie laͤnger
einer gelébet/ ie tiefer Er ſich in dem Suͤn-
den Regiſter eingezeichnet/ aber hergegen
deſto weniger Mittel und Wége ſeine
Schulden abzutragen/ findet. Jhr werdet
mier dargegen auf die Bahn bringen/ daß
das Lében eines todliebenden uñ rechtſchaf-
fenen Menſchen/ auſer allen Tadel uñ Ver-
weiſung/ als der deſſen vergewiſſerung mit
und nében ſich fuͤhret/ und daß auf die Wei-
ſe iſt laͤnger deſſen Lébenszeit/ ie mehr ſeine
Tugenden behaufet/ und vergroͤßert wirde:
Dannenhero erfolge/ daß eueres Herren
Bruders voller Tugend und mit iedermans
Verwunderung gefuͤhrte Lébenszeit/ uͤm
daſſelbige in der Mitte ihres Laufs in das
Gráb geſtuͤrtzet/ nicht unbillich/ und zwar
ſchmertzlich zubetrauren. Jch bekenne/ daß
die Fruͤhlingszeit/ ſeines Alters/ einen lieben
Sommer/ einen ſchoͤnen Herbſt/ und liebrei-
chen Winter/ anverheiſchen: Aber ſiehet
man nicht auch die/ von mancherley Farben

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[122/0124] Troſtſchreiben uͤber des Bruders Ableiben. Zweifels frey/ ſo denn euere Jahre/ deren Tag ſo uͤbel zugebracht zuhaben/ hertzlich be- reuen/ und derer Tage/ wégen beſorgender hierauf unvermeidlich folgender Rache des Todes/ an welcher ihr Rechenſchaft gében muͤſſet/ und zwar eine genaue rechenſchaft/ nicht allein von alleueren abgelébten Jah- ren/ ſondern auch noch/ welches wohl zube- hertzigen/ von allen Minuten der Stundẽ/ ſo darinnen verfloſſen/ ſowohl/ daß ie laͤnger einer gelébet/ ie tiefer Er ſich in dem Suͤn- den Regiſter eingezeichnet/ aber hergegen deſto weniger Mittel und Wége ſeine Schulden abzutragen/ findet. Jhr werdet mier dargegen auf die Bahn bringen/ daß das Lében eines todliebenden uñ rechtſchaf- fenen Menſchen/ auſer allen Tadel uñ Ver- weiſung/ als der deſſen vergewiſſerung mit und nében ſich fuͤhret/ und daß auf die Wei- ſe iſt laͤnger deſſen Lébenszeit/ ie mehr ſeine Tugenden behaufet/ und vergroͤßert wirde: Dannenhero erfolge/ daß eueres Herren Bruders voller Tugend und mit iedermans Verwunderung gefuͤhrte Lébenszeit/ uͤm daſſelbige in der Mitte ihres Laufs in das Gráb geſtuͤrtzet/ nicht unbillich/ und zwar ſchmertzlich zubetrauren. Jch bekenne/ daß die Fruͤhlingszeit/ ſeines Alters/ einen lieben Sommer/ einen ſchoͤnen Herbſt/ und liebrei- chen Winter/ anverheiſchen: Aber ſiehet man nicht auch die/ von mancherley Farben ge-

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Zitationshilfe: Butschky, Samuel von: Die Hochdeutsche Kantzeley. Breslau u. a., [1652], S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/butschky_kantzeley_1649/124>, abgerufen am 08.05.2024.