Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.darin enthalten, daß an einem Einwilligenden überhaupt ein Einer besonderen Erörterung wird v. B. der Fall unter- darin enthalten, daß an einem Einwilligenden überhaupt ein Einer beſonderen Erörterung wird v. B. der Fall unter- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0075" n="71"/> darin enthalten, daß an einem Einwilligenden überhaupt ein<lb/> vollendetes Verbrechen nicht begangen werden kann. Es<lb/> haftet auch <hi rendition="#aq">A</hi> freilich nicht, wenn <hi rendition="#aq">B</hi> trotz der aufgeſtellten<lb/> Warnungszeichen aus Unvorſichtigkeit in den geöffneten<lb/> Brunnen fällt. Aber nicht darum nicht, weil <hi rendition="#aq">B</hi> unvorſichtig<lb/> geweſen iſt, ſondern weil er dieſe Unvorſichtigkeit nicht hatte<lb/> vorausſehen können. Daß, wenn dies der Fall war, <hi rendition="#aq">A</hi> für<lb/> Vollendung einſtehen muß, gibt v. B. ſogar ſofort ſelbſt zu.</p><lb/> <p>Einer beſonderen Erörterung wird v. B. der Fall unter-<lb/> zogen, daß die von <hi rendition="#aq">A</hi> ausgegangene, durch die hinzugetretene<lb/> Thätigkeit des <hi rendition="#aq">B</hi> zum Erfolge hingeführte, Wirkſamkeit eine<lb/><hi rendition="#g">fahrläſſige</hi> geweſen iſt. Meiner Anſicht nach kommt es<lb/> auch hier wieder lediglich darauf an, ob <hi rendition="#aq">A</hi> den Hinzutritt<lb/> der fremden Wirkſamkeit als wahrſcheinlich bevorſtehend<lb/> vorausgeſehen hat, oder doch bei einiger Aufmerkſamkeit vor-<lb/> ausgeſehen haben würde. Und es relevirt alsdann auch hier<lb/> nicht, ob dieſe fremde Wirkſamkeit diejenige einer Naturkraft<lb/> oder des <hi rendition="#aq">B</hi> geweſen iſt — noch viel weniger, ob <hi rendition="#aq">B</hi> unver-<lb/> ſchuldet, fahrläſſig oder dolos gehandelt hat. Anderer Anſicht<lb/> iſt v. B. Wenn zwei Kutſcher an einer Straßenecke einander<lb/> entgegenjagen, ſo ſollen ſie beide wegen der Gleichzeitigkeit<lb/> ihrer Thätigkeit Urſache der entſtandenen Beſchädigung ſein<lb/> — inſofern ſie von einander <hi rendition="#g">nichts</hi> gewußt haben. Wiſſe<lb/> jedoch der <hi rendition="#g">ſpäter Thätige,</hi> daß der Andere regelwidrig<lb/> gehandelt habe, und handle er ſelbſt nun nicht ſo (fahrläſſig<lb/> oder dolos), daß der Erfolg vermieden werde, ſo entfalle die<lb/> Urſachlichkeit des Andern, und er allein ſei Urſache. —<lb/> Würde aber die vorausgegangene <hi rendition="#aq">culpa</hi> durch eine nach-<lb/> folgende Verſchuldung wieder beſeitigt, ſo müßte das Näm-<lb/> liche bezüglich eines vorausgegangenen Dolus und einer<lb/> nachfolgenden Verſchuldung der Fall ſein. Denn der Cauſal-<lb/> zuſammenhang iſt derſelbe, es mag ihm Dolus oder Culpa<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [71/0075]
darin enthalten, daß an einem Einwilligenden überhaupt ein
vollendetes Verbrechen nicht begangen werden kann. Es
haftet auch A freilich nicht, wenn B trotz der aufgeſtellten
Warnungszeichen aus Unvorſichtigkeit in den geöffneten
Brunnen fällt. Aber nicht darum nicht, weil B unvorſichtig
geweſen iſt, ſondern weil er dieſe Unvorſichtigkeit nicht hatte
vorausſehen können. Daß, wenn dies der Fall war, A für
Vollendung einſtehen muß, gibt v. B. ſogar ſofort ſelbſt zu.
Einer beſonderen Erörterung wird v. B. der Fall unter-
zogen, daß die von A ausgegangene, durch die hinzugetretene
Thätigkeit des B zum Erfolge hingeführte, Wirkſamkeit eine
fahrläſſige geweſen iſt. Meiner Anſicht nach kommt es
auch hier wieder lediglich darauf an, ob A den Hinzutritt
der fremden Wirkſamkeit als wahrſcheinlich bevorſtehend
vorausgeſehen hat, oder doch bei einiger Aufmerkſamkeit vor-
ausgeſehen haben würde. Und es relevirt alsdann auch hier
nicht, ob dieſe fremde Wirkſamkeit diejenige einer Naturkraft
oder des B geweſen iſt — noch viel weniger, ob B unver-
ſchuldet, fahrläſſig oder dolos gehandelt hat. Anderer Anſicht
iſt v. B. Wenn zwei Kutſcher an einer Straßenecke einander
entgegenjagen, ſo ſollen ſie beide wegen der Gleichzeitigkeit
ihrer Thätigkeit Urſache der entſtandenen Beſchädigung ſein
— inſofern ſie von einander nichts gewußt haben. Wiſſe
jedoch der ſpäter Thätige, daß der Andere regelwidrig
gehandelt habe, und handle er ſelbſt nun nicht ſo (fahrläſſig
oder dolos), daß der Erfolg vermieden werde, ſo entfalle die
Urſachlichkeit des Andern, und er allein ſei Urſache. —
Würde aber die vorausgegangene culpa durch eine nach-
folgende Verſchuldung wieder beſeitigt, ſo müßte das Näm-
liche bezüglich eines vorausgegangenen Dolus und einer
nachfolgenden Verſchuldung der Fall ſein. Denn der Cauſal-
zuſammenhang iſt derſelbe, es mag ihm Dolus oder Culpa
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