gewesen, so wird sie nach §§. 312, 313 des Strafgesetzbuches mit Zuchthaus von 3--15 Jahren, und, wenn ein Mensch das Leben durch sie verloren hat, mit Zuchthaus von 10--15 Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus, beziehungsweise mit Zuchthaus von 1--15 Jahren bestraft, sollte sie selbst weder der Absicht des Thäters noch ihrem wirklichen Effect nach strafbar sein. Daß die bloße Erregung von Gemein- gefahr nicht mit so maßlosen Strafen bedroht werden darf, ist schon angeführt worden, und es ergibt sich auch leicht, daß die Strafen der §§. 312, 313 weniger für die Handlung selbst, als gerade mit Rücksicht auf die Unterbringung der möglichen Resultate derselben vorgeschrieben worden sind. Daß, wenn die Handlung mit Gefahr für Menschenleben und, was stets hiermit vereinigt sein wird, zugleich mit Gefahr für Eigenthum verbunden war, eine Concurrenz zwischen §. 312 und 313 begründet sei, wird wohl nicht angenommen werden können; sowie auch eine solche Concur- renz nicht gegeben sein dürfte, wenn die Handlung lediglich mit Gefahr für die Gesundheit von Menschen verbunden war. Ebenso wird es keinem Zweifel unterliegen, daß §. 312 auch dann Anwendung zu finden hat, wenn die Handlung die Tödtung von Menschen (und die Beschädigung von Eigenthum) geradezu bezweckte -- weil die hier für die Tödtung vorgeschrie- bene Strafe sogar höher ist, als sie erkannt werden dürfte, wenn man von diesem Paragraphen absehen wollte. Darum lautet §. 312: wer eine Ueberschwemmung verursacht mit dem Bewußtsein, daß sie mit einiger Wahrscheinlichkeit Menschen- leben, menschliche Gesundheit und Eigenthum gefährden werde, der wird, seine Absicht mag hierauf gerichtet gewesen sein oder nicht, es mögen die Erscheinungen in größerem oder geringerem Umfang, als sie erwartet wurden, sämmtlich oder nur einzeln, eingetreten, oder auch alle ausgeblieben sein,
geweſen, ſo wird ſie nach §§. 312, 313 des Strafgeſetzbuches mit Zuchthaus von 3—15 Jahren, und, wenn ein Menſch das Leben durch ſie verloren hat, mit Zuchthaus von 10—15 Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus, beziehungsweiſe mit Zuchthaus von 1—15 Jahren beſtraft, ſollte ſie ſelbſt weder der Abſicht des Thäters noch ihrem wirklichen Effect nach ſtrafbar ſein. Daß die bloße Erregung von Gemein- gefahr nicht mit ſo maßloſen Strafen bedroht werden darf, iſt ſchon angeführt worden, und es ergibt ſich auch leicht, daß die Strafen der §§. 312, 313 weniger für die Handlung ſelbſt, als gerade mit Rückſicht auf die Unterbringung der möglichen Reſultate derſelben vorgeſchrieben worden ſind. Daß, wenn die Handlung mit Gefahr für Menſchenleben und, was ſtets hiermit vereinigt ſein wird, zugleich mit Gefahr für Eigenthum verbunden war, eine Concurrenz zwiſchen §. 312 und 313 begründet ſei, wird wohl nicht angenommen werden können; ſowie auch eine ſolche Concur- renz nicht gegeben ſein dürfte, wenn die Handlung lediglich mit Gefahr für die Geſundheit von Menſchen verbunden war. Ebenſo wird es keinem Zweifel unterliegen, daß §. 312 auch dann Anwendung zu finden hat, wenn die Handlung die Tödtung von Menſchen (und die Beſchädigung von Eigenthum) geradezu bezweckte — weil die hier für die Tödtung vorgeſchrie- bene Strafe ſogar höher iſt, als ſie erkannt werden dürfte, wenn man von dieſem Paragraphen abſehen wollte. Darum lautet §. 312: wer eine Ueberſchwemmung verurſacht mit dem Bewußtſein, daß ſie mit einiger Wahrſcheinlichkeit Menſchen- leben, menſchliche Geſundheit und Eigenthum gefährden werde, der wird, ſeine Abſicht mag hierauf gerichtet geweſen ſein oder nicht, es mögen die Erſcheinungen in größerem oder geringerem Umfang, als ſie erwartet wurden, ſämmtlich oder nur einzeln, eingetreten, oder auch alle ausgeblieben ſein,
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geweſen, ſo wird ſie nach §§. 312, 313 des Strafgeſetzbuches
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Leben durch ſie verloren hat, mit Zuchthaus von 10—15
Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus, beziehungsweiſe
mit Zuchthaus von 1—15 Jahren beſtraft, ſollte ſie ſelbſt
weder der Abſicht des Thäters noch ihrem wirklichen Effect
nach ſtrafbar ſein. Daß die bloße Erregung von Gemein-
gefahr nicht mit ſo maßloſen Strafen bedroht werden darf,
iſt ſchon angeführt worden, und es ergibt ſich auch leicht,
daß die Strafen der §§. 312, 313 weniger für die Handlung
ſelbſt, als gerade mit Rückſicht auf die Unterbringung der
möglichen Reſultate derſelben vorgeſchrieben worden ſind.
Daß, wenn die Handlung mit Gefahr für Menſchenleben
und, was ſtets hiermit vereinigt ſein wird, zugleich mit
Gefahr für Eigenthum verbunden war, eine Concurrenz
zwiſchen §. 312 und 313 begründet ſei, wird wohl nicht
angenommen werden können; ſowie auch eine ſolche Concur-
renz nicht gegeben ſein dürfte, wenn die Handlung lediglich
mit Gefahr für die Geſundheit von Menſchen verbunden
war. Ebenſo wird es keinem Zweifel unterliegen, daß §. 312
auch dann Anwendung zu finden hat, wenn die Handlung die
Tödtung von Menſchen (und die Beſchädigung von Eigenthum)
geradezu bezweckte — weil die hier für die Tödtung vorgeſchrie-
bene Strafe ſogar höher iſt, als ſie erkannt werden dürfte,
wenn man von dieſem Paragraphen abſehen wollte. Darum
lautet §. 312: wer eine Ueberſchwemmung verurſacht mit dem
Bewußtſein, daß ſie mit einiger Wahrſcheinlichkeit Menſchen-
leben, menſchliche Geſundheit und Eigenthum gefährden werde,
der wird, ſeine Abſicht mag hierauf gerichtet geweſen ſein
oder nicht, es mögen die Erſcheinungen in größerem oder
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Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/66>, abgerufen am 16.02.2025.
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