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Burdel, Édouard: Die Trunksucht. (Übers. Heinrich Gauss). Weimar, 1855.

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deren scandalöse Verhandlungen zwischen den der Gerechtigkeit geweihten Mauern verhallten, das Wirthshausleben zum Ausgangspuncte gehabt haben.

Oder fraget die Unglücklichen selbst, welche die Gefängnisse und die Bagnos bevölkern, höret die Erzählung ihrer Sünden, und sie werden, wenn anders sie nicht etwa die Wahrheit verhehlen, Euch sagen, daß die erste Ursache ihrer Entwürdigung der Soff gewesen sei, daß der erste Schritt, den sie auf dem Pfade des Lasters gegangen sind, über die Schwelle des Wirthshauses gethan wurde.

Und wenn ich dann, zu noch mehrer Ueberzeugung, die unglücklichen Frauen, die armen Kinder, denen ich meine wundärztlichen Dienste habe angedeihen lassen, deren oft sehr gefährliche Beulen und Wunden, von ihren Ehemännern, ihren Vätern nach der Zuhausekunft in trunkenem Zustande ihnen geschlagen, ich verbunden habe, zu Zeugen aufrufen könnte, wer möchte dann noch lachen bei dem Anblicke eines Trunkenboldes, und wessen Seele müßte nicht bei der Entfernung aus solcher Nähe von tiefer Betrübniß erfüllt werden?!

Aber mehr als das Alles, o daß ich Euch, meine Leser, nicht auch zeigen kann die Spuren der Verbrechen, welche von der aus der Trunksucht entsprießenden Lüderlichkeit begangen werden! - daß ich Euch nicht die unglücklichen Frauen zu Gesicht führen kann, welche unter den Qualen des Giftes, das der Gemahl, dem Bette der Unzucht entstiegen, ihnen eingeimpft hat, für ihr übriges Leben dahinsiechen! Ihr würdet dann sicherlich zu der Erkenntniß gelangen, daß dieses Verbrechen das gehässigste, das niederträchtigste ist, was es nur irgend geben kann; Ihr würdet auch begreifen alles Das, was es Gräßliches im Gefolge hat; denn selbst der Meuchelmörder tödtet sein Opfer, so rasch er es irgend vermag, um so wenig als möglich Spuren seiner That zu hinterlassen, während hier durch langsam tödtendes Gift eine menschliche Organisation unter den grausamsten Leiden vernichtet wird, und der Thäter zugleich, als noch schrecklichere

deren scandalöse Verhandlungen zwischen den der Gerechtigkeit geweihten Mauern verhallten, das Wirthshausleben zum Ausgangspuncte gehabt haben.

Oder fraget die Unglücklichen selbst, welche die Gefängnisse und die Bagnos bevölkern, höret die Erzählung ihrer Sünden, und sie werden, wenn anders sie nicht etwa die Wahrheit verhehlen, Euch sagen, daß die erste Ursache ihrer Entwürdigung der Soff gewesen sei, daß der erste Schritt, den sie auf dem Pfade des Lasters gegangen sind, über die Schwelle des Wirthshauses gethan wurde.

Und wenn ich dann, zu noch mehrer Ueberzeugung, die unglücklichen Frauen, die armen Kinder, denen ich meine wundärztlichen Dienste habe angedeihen lassen, deren oft sehr gefährliche Beulen und Wunden, von ihren Ehemännern, ihren Vätern nach der Zuhausekunft in trunkenem Zustande ihnen geschlagen, ich verbunden habe, zu Zeugen aufrufen könnte, wer möchte dann noch lachen bei dem Anblicke eines Trunkenboldes, und wessen Seele müßte nicht bei der Entfernung aus solcher Nähe von tiefer Betrübniß erfüllt werden?!

Aber mehr als das Alles, o daß ich Euch, meine Leser, nicht auch zeigen kann die Spuren der Verbrechen, welche von der aus der Trunksucht entsprießenden Lüderlichkeit begangen werden! – daß ich Euch nicht die unglücklichen Frauen zu Gesicht führen kann, welche unter den Qualen des Giftes, das der Gemahl, dem Bette der Unzucht entstiegen, ihnen eingeimpft hat, für ihr übriges Leben dahinsiechen! Ihr würdet dann sicherlich zu der Erkenntniß gelangen, daß dieses Verbrechen das gehässigste, das niederträchtigste ist, was es nur irgend geben kann; Ihr würdet auch begreifen alles Das, was es Gräßliches im Gefolge hat; denn selbst der Meuchelmörder tödtet sein Opfer, so rasch er es irgend vermag, um so wenig als möglich Spuren seiner That zu hinterlassen, während hier durch langsam tödtendes Gift eine menschliche Organisation unter den grausamsten Leiden vernichtet wird, und der Thäter zugleich, als noch schrecklichere

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[42/0052] deren scandalöse Verhandlungen zwischen den der Gerechtigkeit geweihten Mauern verhallten, das Wirthshausleben zum Ausgangspuncte gehabt haben. Oder fraget die Unglücklichen selbst, welche die Gefängnisse und die Bagnos bevölkern, höret die Erzählung ihrer Sünden, und sie werden, wenn anders sie nicht etwa die Wahrheit verhehlen, Euch sagen, daß die erste Ursache ihrer Entwürdigung der Soff gewesen sei, daß der erste Schritt, den sie auf dem Pfade des Lasters gegangen sind, über die Schwelle des Wirthshauses gethan wurde. Und wenn ich dann, zu noch mehrer Ueberzeugung, die unglücklichen Frauen, die armen Kinder, denen ich meine wundärztlichen Dienste habe angedeihen lassen, deren oft sehr gefährliche Beulen und Wunden, von ihren Ehemännern, ihren Vätern nach der Zuhausekunft in trunkenem Zustande ihnen geschlagen, ich verbunden habe, zu Zeugen aufrufen könnte, wer möchte dann noch lachen bei dem Anblicke eines Trunkenboldes, und wessen Seele müßte nicht bei der Entfernung aus solcher Nähe von tiefer Betrübniß erfüllt werden?! Aber mehr als das Alles, o daß ich Euch, meine Leser, nicht auch zeigen kann die Spuren der Verbrechen, welche von der aus der Trunksucht entsprießenden Lüderlichkeit begangen werden! – daß ich Euch nicht die unglücklichen Frauen zu Gesicht führen kann, welche unter den Qualen des Giftes, das der Gemahl, dem Bette der Unzucht entstiegen, ihnen eingeimpft hat, für ihr übriges Leben dahinsiechen! Ihr würdet dann sicherlich zu der Erkenntniß gelangen, daß dieses Verbrechen das gehässigste, das niederträchtigste ist, was es nur irgend geben kann; Ihr würdet auch begreifen alles Das, was es Gräßliches im Gefolge hat; denn selbst der Meuchelmörder tödtet sein Opfer, so rasch er es irgend vermag, um so wenig als möglich Spuren seiner That zu hinterlassen, während hier durch langsam tödtendes Gift eine menschliche Organisation unter den grausamsten Leiden vernichtet wird, und der Thäter zugleich, als noch schrecklichere

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Zitationshilfe: Burdel, Édouard: Die Trunksucht. (Übers. Heinrich Gauss). Weimar, 1855, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdel_trunksucht_1855/52>, abgerufen am 07.05.2024.