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Burdel, Édouard: Die Trunksucht. (Übers. Heinrich Gauss). Weimar, 1855.

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Ausschweifungen fast immer unberührt, gleichsam als weil sie von Vornherein zur Domaine der Bestialität gehören.

Alles aber, was dem Verstande, der Denkkraft untergeordnet ist, erlöscht nach und nach bei dem Säufer, seine Empfindlichkeit stumpft sich ab und bald ist er nur noch - Thier. Das Gehirn, unter dem Einflusse der alkoholischen Aufregung gewohntermaßen mit Blut überfüllt, entzündet sich leicht und wird so gefährlichen Blutungen, Fiebern, Anschoppungen, Lähmungen und Erweichungen unterworfen; schon der leichteste Fieberanfall reicht sehr oft hin, um einen der Trunksucht Ergebenen zeitweilig in einen Zustand, worin er irre redet, zu versetzen, Epilepsie, Geistesverwirrung, Dummheit und männliches Unvermögen bei ihm hervorzurufen.

Nicht allein aber begünstigt der mißbräuchliche Genuß starker Getränke die Entwickelung aller Arten von Verrücktheit, sondern es ist den Trunkenbolden auch noch eine besondere Varietät derselben eigen, welche bei den mäßig lebenden Individuen niemals angetroffen wird, ich meine jene Krankheit, welche unter dem Namen Säuferwahnsinn (delirium tremens) nur zu bekannt ist. Dieselbe characterisirt sich durch die Verwirrung der Denkkraft, während welcher sich erschreckende Visionen oder Sinnestäuschungen einstellen, begleitet von einem Zittern, das mehr oder weniger alle Körpertheile, hauptsächlich aber die Glieder, befällt.

Dieser Säuferwahnsinn entwickelt sich übrigens nicht bloß bei dem, welcher der Trunkenheit in gewohnter Weise huldigt, sondern es genügt schon, nur gewöhnlich mehr zu trinken, als es sich eben mit seiner Körperbeschaffenheit verträgt, um davon befallen zu werden.

Giebt es wohl etwas Traurigeres, als den Anblick eines dieser Elenden, dessen wirrer Geist ihn mit dem Erscheinen eingebildeter Gegenstände oder grausenhafter Phantome quält und ihn den wilden Thieren oder den von der Tollwuth ergriffenen Unglücklichen ähnlich macht?

Ausschweifungen fast immer unberührt, gleichsam als weil sie von Vornherein zur Domaine der Bestialität gehören.

Alles aber, was dem Verstande, der Denkkraft untergeordnet ist, erlöscht nach und nach bei dem Säufer, seine Empfindlichkeit stumpft sich ab und bald ist er nur noch – Thier. Das Gehirn, unter dem Einflusse der alkoholischen Aufregung gewohntermaßen mit Blut überfüllt, entzündet sich leicht und wird so gefährlichen Blutungen, Fiebern, Anschoppungen, Lähmungen und Erweichungen unterworfen; schon der leichteste Fieberanfall reicht sehr oft hin, um einen der Trunksucht Ergebenen zeitweilig in einen Zustand, worin er irre redet, zu versetzen, Epilepsie, Geistesverwirrung, Dummheit und männliches Unvermögen bei ihm hervorzurufen.

Nicht allein aber begünstigt der mißbräuchliche Genuß starker Getränke die Entwickelung aller Arten von Verrücktheit, sondern es ist den Trunkenbolden auch noch eine besondere Varietät derselben eigen, welche bei den mäßig lebenden Individuen niemals angetroffen wird, ich meine jene Krankheit, welche unter dem Namen Säuferwahnsinn (delirium tremens) nur zu bekannt ist. Dieselbe characterisirt sich durch die Verwirrung der Denkkraft, während welcher sich erschreckende Visionen oder Sinnestäuschungen einstellen, begleitet von einem Zittern, das mehr oder weniger alle Körpertheile, hauptsächlich aber die Glieder, befällt.

Dieser Säuferwahnsinn entwickelt sich übrigens nicht bloß bei dem, welcher der Trunkenheit in gewohnter Weise huldigt, sondern es genügt schon, nur gewöhnlich mehr zu trinken, als es sich eben mit seiner Körperbeschaffenheit verträgt, um davon befallen zu werden.

Giebt es wohl etwas Traurigeres, als den Anblick eines dieser Elenden, dessen wirrer Geist ihn mit dem Erscheinen eingebildeter Gegenstände oder grausenhafter Phantome quält und ihn den wilden Thieren oder den von der Tollwuth ergriffenen Unglücklichen ähnlich macht?

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[31/0041] Ausschweifungen fast immer unberührt, gleichsam als weil sie von Vornherein zur Domaine der Bestialität gehören. Alles aber, was dem Verstande, der Denkkraft untergeordnet ist, erlöscht nach und nach bei dem Säufer, seine Empfindlichkeit stumpft sich ab und bald ist er nur noch – Thier. Das Gehirn, unter dem Einflusse der alkoholischen Aufregung gewohntermaßen mit Blut überfüllt, entzündet sich leicht und wird so gefährlichen Blutungen, Fiebern, Anschoppungen, Lähmungen und Erweichungen unterworfen; schon der leichteste Fieberanfall reicht sehr oft hin, um einen der Trunksucht Ergebenen zeitweilig in einen Zustand, worin er irre redet, zu versetzen, Epilepsie, Geistesverwirrung, Dummheit und männliches Unvermögen bei ihm hervorzurufen. Nicht allein aber begünstigt der mißbräuchliche Genuß starker Getränke die Entwickelung aller Arten von Verrücktheit, sondern es ist den Trunkenbolden auch noch eine besondere Varietät derselben eigen, welche bei den mäßig lebenden Individuen niemals angetroffen wird, ich meine jene Krankheit, welche unter dem Namen Säuferwahnsinn (delirium tremens) nur zu bekannt ist. Dieselbe characterisirt sich durch die Verwirrung der Denkkraft, während welcher sich erschreckende Visionen oder Sinnestäuschungen einstellen, begleitet von einem Zittern, das mehr oder weniger alle Körpertheile, hauptsächlich aber die Glieder, befällt. Dieser Säuferwahnsinn entwickelt sich übrigens nicht bloß bei dem, welcher der Trunkenheit in gewohnter Weise huldigt, sondern es genügt schon, nur gewöhnlich mehr zu trinken, als es sich eben mit seiner Körperbeschaffenheit verträgt, um davon befallen zu werden. Giebt es wohl etwas Traurigeres, als den Anblick eines dieser Elenden, dessen wirrer Geist ihn mit dem Erscheinen eingebildeter Gegenstände oder grausenhafter Phantome quält und ihn den wilden Thieren oder den von der Tollwuth ergriffenen Unglücklichen ähnlich macht?

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Zitationshilfe: Burdel, Édouard: Die Trunksucht. (Übers. Heinrich Gauss). Weimar, 1855, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdel_trunksucht_1855/41>, abgerufen am 24.11.2024.