Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
Erster Theil.
§ 110.

Auf diese Art bleibt die Heilkunst auch da, wo sie ihren
eigentlichen Zweck nicht erreichen kann, ehrwürdig; und die-
se Beschränktheit kann ihr nicht zum Vorwurfe gereichen, da
sie dieselbe mit allen Aeusserungen menschlicher Kräfte ge-
mein hat.

Coschwiz de adynamia artis medicae in morbis. Halae
720. 4.


Achtes Kapitel.
Behandlungsart der Heilkunst
.


§ 111.

Der Begriff einer Kunst involvirt schon für sich die Mög-
lichkeit einer größern oder mindern Vollkommenheit, nach
Maasgabe der Art, sie zu behandeln. Die Heilkunst kann
eben so auf verschiedenen Stufen stehen, je nachdem ihre Be-
arbeitung verschieden ist.

§ 112.

Wenn Krankheit etwas, der sinnlichen Wahrnehmung
Entrücktes wäre, und also die Heilkunst nur den Zweck hät-
te, einen innern Zustand des Menschen zu erkennen und zu
heilen, (§. 46.) so wäre sie zu verschiedenen Zeiten, ihrem
eigentlichen Wesen nach, ganz verschieden gewesen, wir
wüßten zuverlässig, daß es Jahrtausende hindurch keine Heil-
kunst gegeben hätte, und wir wären noch ungewiß, ob wir
jetzt in dem Besitze einer solchen Kunst wären, oder jemals
zu demselben gelangen könnten.


§ 113.
Erſter Theil.
§ 110.

Auf dieſe Art bleibt die Heilkunſt auch da, wo ſie ihren
eigentlichen Zweck nicht erreichen kann, ehrwuͤrdig; und die-
ſe Beſchraͤnktheit kann ihr nicht zum Vorwurfe gereichen, da
ſie dieſelbe mit allen Aeuſſerungen menſchlicher Kraͤfte ge-
mein hat.

Coſchwiz de adynamia artis medicae in morbis. Halae
720. 4.


Achtes Kapitel.
Behandlungsart der Heilkunſt
.


§ 111.

Der Begriff einer Kunſt involvirt ſchon fuͤr ſich die Moͤg-
lichkeit einer groͤßern oder mindern Vollkommenheit, nach
Maasgabe der Art, ſie zu behandeln. Die Heilkunſt kann
eben ſo auf verſchiedenen Stufen ſtehen, je nachdem ihre Be-
arbeitung verſchieden iſt.

§ 112.

Wenn Krankheit etwas, der ſinnlichen Wahrnehmung
Entruͤcktes waͤre, und alſo die Heilkunſt nur den Zweck haͤt-
te, einen innern Zuſtand des Menſchen zu erkennen und zu
heilen, (§. 46.) ſo waͤre ſie zu verſchiedenen Zeiten, ihrem
eigentlichen Weſen nach, ganz verſchieden geweſen, wir
wuͤßten zuverlaͤſſig, daß es Jahrtauſende hindurch keine Heil-
kunſt gegeben haͤtte, und wir waͤren noch ungewiß, ob wir
jetzt in dem Beſitze einer ſolchen Kunſt waͤren, oder jemals
zu demſelben gelangen koͤnnten.


§ 113.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <div n="4">
            <pb facs="#f0056" n="38"/>
            <fw place="top" type="header">Er&#x017F;ter Theil.</fw><lb/>
            <div n="5">
              <head>§ 110.</head><lb/>
              <p>Auf die&#x017F;e Art bleibt die Heilkun&#x017F;t auch da, wo &#x017F;ie ihren<lb/>
eigentlichen Zweck nicht erreichen kann, ehrwu&#x0364;rdig; und die-<lb/>
&#x017F;e Be&#x017F;chra&#x0364;nktheit kann ihr nicht zum Vorwurfe gereichen, da<lb/>
&#x017F;ie die&#x017F;elbe mit allen Aeu&#x017F;&#x017F;erungen men&#x017F;chlicher Kra&#x0364;fte ge-<lb/>
mein hat.</p><lb/>
              <list>
                <item><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Co&#x017F;chwiz</hi> de adynamia artis medicae in morbis. Halae</hi><lb/>
720. 4.</item>
              </list>
            </div>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="4">
            <head><hi rendition="#g">Achtes Kapitel.<lb/>
Behandlungsart der Heilkun&#x017F;t</hi>.</head><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <div n="5">
              <head>§ 111.</head><lb/>
              <p>Der Begriff einer Kun&#x017F;t involvirt &#x017F;chon fu&#x0364;r &#x017F;ich die Mo&#x0364;g-<lb/>
lichkeit einer gro&#x0364;ßern oder mindern Vollkommenheit, nach<lb/>
Maasgabe der Art, &#x017F;ie zu behandeln. Die Heilkun&#x017F;t kann<lb/>
eben &#x017F;o auf ver&#x017F;chiedenen Stufen &#x017F;tehen, je nachdem ihre Be-<lb/>
arbeitung ver&#x017F;chieden i&#x017F;t.</p>
            </div><lb/>
            <div n="5">
              <head>§ 112.</head><lb/>
              <p>Wenn Krankheit etwas, der &#x017F;innlichen Wahrnehmung<lb/>
Entru&#x0364;cktes wa&#x0364;re, und al&#x017F;o die Heilkun&#x017F;t nur den Zweck ha&#x0364;t-<lb/>
te, einen innern Zu&#x017F;tand des Men&#x017F;chen zu erkennen und zu<lb/>
heilen, (§. 46.) &#x017F;o wa&#x0364;re &#x017F;ie zu ver&#x017F;chiedenen Zeiten, ihrem<lb/>
eigentlichen We&#x017F;en nach, ganz ver&#x017F;chieden gewe&#x017F;en, wir<lb/>
wu&#x0364;ßten zuverla&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig, daß es Jahrtau&#x017F;ende hindurch keine Heil-<lb/>
kun&#x017F;t gegeben ha&#x0364;tte, und wir wa&#x0364;ren noch ungewiß, ob wir<lb/>
jetzt in dem Be&#x017F;itze einer &#x017F;olchen Kun&#x017F;t wa&#x0364;ren, oder jemals<lb/>
zu dem&#x017F;elben gelangen ko&#x0364;nnten.</p>
            </div><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">§ 113.</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0056] Erſter Theil. § 110. Auf dieſe Art bleibt die Heilkunſt auch da, wo ſie ihren eigentlichen Zweck nicht erreichen kann, ehrwuͤrdig; und die- ſe Beſchraͤnktheit kann ihr nicht zum Vorwurfe gereichen, da ſie dieſelbe mit allen Aeuſſerungen menſchlicher Kraͤfte ge- mein hat. Coſchwiz de adynamia artis medicae in morbis. Halae 720. 4. Achtes Kapitel. Behandlungsart der Heilkunſt. § 111. Der Begriff einer Kunſt involvirt ſchon fuͤr ſich die Moͤg- lichkeit einer groͤßern oder mindern Vollkommenheit, nach Maasgabe der Art, ſie zu behandeln. Die Heilkunſt kann eben ſo auf verſchiedenen Stufen ſtehen, je nachdem ihre Be- arbeitung verſchieden iſt. § 112. Wenn Krankheit etwas, der ſinnlichen Wahrnehmung Entruͤcktes waͤre, und alſo die Heilkunſt nur den Zweck haͤt- te, einen innern Zuſtand des Menſchen zu erkennen und zu heilen, (§. 46.) ſo waͤre ſie zu verſchiedenen Zeiten, ihrem eigentlichen Weſen nach, ganz verſchieden geweſen, wir wuͤßten zuverlaͤſſig, daß es Jahrtauſende hindurch keine Heil- kunſt gegeben haͤtte, und wir waͤren noch ungewiß, ob wir jetzt in dem Beſitze einer ſolchen Kunſt waͤren, oder jemals zu demſelben gelangen koͤnnten. § 113.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/56
Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/56>, abgerufen am 21.11.2024.