stellte man sie auf einen Thurm am Arno. Als Totila6. Abschnitt. Florenz zerstörte fiel das Bild ins Wasser und wurde erst wieder herausgefischt als Carl der Große Florenz neu gründete; es kam nunmehr auf einen Pfeiler am Eingang des Ponte vecchio zu stehen -- und an dieser Stelle wurde 1215 Bondelmonte umgebracht und das Erwachen des großen Parteikampfes der Guelfen und Ghibellinen knüpft sich auf diese Weise an das gefürchtete Idol. Bei der Ueberschwemmung von 1333 verschwand dasselbe für immer.
Allein dasselbe Telesma findet sich anderswo wieder.in Forli. Der schon erwähnte Guido Bonatto begnügte sich nicht, bei der Neugründung der Stadtmauern von Forli jene symbo- lische Scene der Eintracht der beiden Parteien (S. 516) zu verlangen; durch ein ehernes oder steinernes Reiterbild, das er mit astrologischen und magischen Hülfsmitteln zu Stande brachte und vergrub 1), glaubte er die Stadt Forli vor Zerstörung, ja schon vor Plünderung und Einnahme geschützt zu haben. Als Cardinal Albornoz (S. 102) etwa sechs Jahrzehnde später die Romagna regierte, fand man das Bild bei zufälligem Graben, und zeigte es, wahrschein- lich auf Befehl des Cardinals, dem Volke, damit dieses begreife, durch welches Mittel der grausame Montefeltro sich gegen die römische Kirche behauptet habe. Aber wie- derum ein halbes Jahrhundert später (1410), als eine feindliche Ueberrumpelung von Forli mißlang, appellirt man doch wieder an die Kraft des Bildes, das vielleicht gerettet und wieder vergraben worden war. Es sollte das letztemal sein, daß man sich dessen freute; schon im folgenden Jahr wurde die Stadt wirklich eingenommen. -- Gründungen von Gebäuden haben noch im ganzen XV. Jahrhundert nicht nur astrologische (S. 516) sondern auch magische An-
1) Den Ortsglauben hierüber geben Annal. Foroliviens. ap. Mura- tori XXII, Col. 207. 238; mit Erweiterungen ist die Sache er- zählt bei Fil. Villani, vite, p. 43.
ſtellte man ſie auf einen Thurm am Arno. Als Totila6. Abſchnitt. Florenz zerſtörte fiel das Bild ins Waſſer und wurde erſt wieder herausgefiſcht als Carl der Große Florenz neu gründete; es kam nunmehr auf einen Pfeiler am Eingang des Ponte vecchio zu ſtehen — und an dieſer Stelle wurde 1215 Bondelmonte umgebracht und das Erwachen des großen Parteikampfes der Guelfen und Ghibellinen knüpft ſich auf dieſe Weiſe an das gefürchtete Idol. Bei der Ueberſchwemmung von 1333 verſchwand daſſelbe für immer.
Allein daſſelbe Telesma findet ſich anderswo wieder.in Forli. Der ſchon erwähnte Guido Bonatto begnügte ſich nicht, bei der Neugründung der Stadtmauern von Forli jene ſymbo- liſche Scene der Eintracht der beiden Parteien (S. 516) zu verlangen; durch ein ehernes oder ſteinernes Reiterbild, das er mit aſtrologiſchen und magiſchen Hülfsmitteln zu Stande brachte und vergrub 1), glaubte er die Stadt Forli vor Zerſtörung, ja ſchon vor Plünderung und Einnahme geſchützt zu haben. Als Cardinal Albornoz (S. 102) etwa ſechs Jahrzehnde ſpäter die Romagna regierte, fand man das Bild bei zufälligem Graben, und zeigte es, wahrſchein- lich auf Befehl des Cardinals, dem Volke, damit dieſes begreife, durch welches Mittel der grauſame Montefeltro ſich gegen die römiſche Kirche behauptet habe. Aber wie- derum ein halbes Jahrhundert ſpäter (1410), als eine feindliche Ueberrumpelung von Forli mißlang, appellirt man doch wieder an die Kraft des Bildes, das vielleicht gerettet und wieder vergraben worden war. Es ſollte das letztemal ſein, daß man ſich deſſen freute; ſchon im folgenden Jahr wurde die Stadt wirklich eingenommen. — Gründungen von Gebäuden haben noch im ganzen XV. Jahrhundert nicht nur aſtrologiſche (S. 516) ſondern auch magiſche An-
1) Den Ortsglauben hierüber geben Annal. Foroliviens. ap. Mura- tori XXII, Col. 207. 238; mit Erweiterungen iſt die Sache er- zählt bei Fil. Villani, vite, p. 43.
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ſtellte man ſie auf einen Thurm am Arno. Als Totila
Florenz zerſtörte fiel das Bild ins Waſſer und wurde erſt
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gründete; es kam nunmehr auf einen Pfeiler am Eingang
des Ponte vecchio zu ſtehen — und an dieſer Stelle wurde
1215 Bondelmonte umgebracht und das Erwachen des
großen Parteikampfes der Guelfen und Ghibellinen knüpft
ſich auf dieſe Weiſe an das gefürchtete Idol. Bei der
Ueberſchwemmung von 1333 verſchwand daſſelbe für immer.
6. Abſchnitt.
Allein daſſelbe Telesma findet ſich anderswo wieder.
Der ſchon erwähnte Guido Bonatto begnügte ſich nicht, bei
der Neugründung der Stadtmauern von Forli jene ſymbo-
liſche Scene der Eintracht der beiden Parteien (S. 516)
zu verlangen; durch ein ehernes oder ſteinernes Reiterbild,
das er mit aſtrologiſchen und magiſchen Hülfsmitteln zu
Stande brachte und vergrub 1), glaubte er die Stadt Forli
vor Zerſtörung, ja ſchon vor Plünderung und Einnahme
geſchützt zu haben. Als Cardinal Albornoz (S. 102) etwa
ſechs Jahrzehnde ſpäter die Romagna regierte, fand man
das Bild bei zufälligem Graben, und zeigte es, wahrſchein-
lich auf Befehl des Cardinals, dem Volke, damit dieſes
begreife, durch welches Mittel der grauſame Montefeltro
ſich gegen die römiſche Kirche behauptet habe. Aber wie-
derum ein halbes Jahrhundert ſpäter (1410), als eine
feindliche Ueberrumpelung von Forli mißlang, appellirt man
doch wieder an die Kraft des Bildes, das vielleicht gerettet
und wieder vergraben worden war. Es ſollte das letztemal
ſein, daß man ſich deſſen freute; ſchon im folgenden Jahr
wurde die Stadt wirklich eingenommen. — Gründungen
von Gebäuden haben noch im ganzen XV. Jahrhundert
nicht nur aſtrologiſche (S. 516) ſondern auch magiſche An-
in Forli.
1) Den Ortsglauben hierüber geben Annal. Foroliviens. ap. Mura-
tori XXII, Col. 207. 238; mit Erweiterungen iſt die Sache er-
zählt bei Fil. Villani, vite, p. 43.
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 543. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/553>, abgerufen am 28.11.2024.
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