Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

Bild:
<< vorherige Seite

wenigstens das erstemal (1414) in der guten Absicht,1. Abschnitt.
Johann XXIII. zur Theilnahme an seinem Concil zu be-
wegen; damals war es, als Kaiser und Papst auf dem
hohen Thurm von Cremona das Panorama der Lombardie
genossen, während ihren Wirth, den Stadttyrannen Gabrino
Fondolo, das Gelüste ankam, beide herunter zu werfen.
Das zweitemal erschien Sigismund völlig als Abenteurer;
mehr als ein halbes Jahr hindurch saß er in Siena wie
in einem Schuldgefängniß, und konnte nachher nur mit
Noth zur Krönung in Rom gelangen. Was soll man vol-
lends von Friedrich III. denken? seine Besuche in ItalienFriedrich III.
in Italien.

haben den Character von Ferien- oder Erholungsreisen auf
Unkosten derer, die ihre Rechte von ihm verbrieft haben
wollten, oder solcher denen es schmeichelte einen Kaiser recht
pomphaft zu bewirthen. So verhielt es sich mit Alfons
von Neapel, der sich den kaiserlichen Besuch 150,000 Gold-
gulden kosten ließ. 1) In Ferrara 2) hat Friedrich bei seiner
zweiten Rückkehr von Rom (1469) einen ganzen Tag lang,
ohne das Zimmer zu verlassen, lauter Beförderungen, acht-
zig an der Zahl, ausgespendet; da ernannte er cavalieri,
conti, dottori,
Notare, und zwar conti mit verschiedenen
Schattirungen, als da waren: conte palatino, conte mit
dem Recht dottori, ja bis auf fünf dottori zu ernennen,
conte mit dem Recht Bastarde zu legitimiren, Notare zu
creiren, unehrliche Notare ehrlich zu erklären u. s. w. Nur
verlangte sein Kanzler für die Ausfertigung der betreffenden

Che fai? perche non segui i primi antichi
Cesari de' Romani, e che non siegui,
Dico, gli Otti, i Corradi, i Federichi?
E che pur tieni questo imperio in tregui?
E se non hai lo cuor d'esser Augusto,
Che nol rifiuti? o che non ti dilegui? etc.
1) Das Nähere bei Vespasiano Fiorent. p. 84. Vgl. 150.
2) Diario Ferrarese, bei Murat. XXIV, Col. 215. s.
Cultur der Renaissance. 2

wenigſtens das erſtemal (1414) in der guten Abſicht,1. Abſchnitt.
Johann XXIII. zur Theilnahme an ſeinem Concil zu be-
wegen; damals war es, als Kaiſer und Papſt auf dem
hohen Thurm von Cremona das Panorama der Lombardie
genoſſen, während ihren Wirth, den Stadttyrannen Gabrino
Fondolo, das Gelüſte ankam, beide herunter zu werfen.
Das zweitemal erſchien Sigismund völlig als Abenteurer;
mehr als ein halbes Jahr hindurch ſaß er in Siena wie
in einem Schuldgefängniß, und konnte nachher nur mit
Noth zur Krönung in Rom gelangen. Was ſoll man vol-
lends von Friedrich III. denken? ſeine Beſuche in ItalienFriedrich III.
in Italien.

haben den Character von Ferien- oder Erholungsreiſen auf
Unkoſten derer, die ihre Rechte von ihm verbrieft haben
wollten, oder ſolcher denen es ſchmeichelte einen Kaiſer recht
pomphaft zu bewirthen. So verhielt es ſich mit Alfons
von Neapel, der ſich den kaiſerlichen Beſuch 150,000 Gold-
gulden koſten ließ. 1) In Ferrara 2) hat Friedrich bei ſeiner
zweiten Rückkehr von Rom (1469) einen ganzen Tag lang,
ohne das Zimmer zu verlaſſen, lauter Beförderungen, acht-
zig an der Zahl, ausgeſpendet; da ernannte er cavalieri,
conti, dottori,
Notare, und zwar conti mit verſchiedenen
Schattirungen, als da waren: conte palatino, conte mit
dem Recht dottori, ja bis auf fünf dottori zu ernennen,
conte mit dem Recht Baſtarde zu legitimiren, Notare zu
creiren, unehrliche Notare ehrlich zu erklären u. ſ. w. Nur
verlangte ſein Kanzler für die Ausfertigung der betreffenden

Che fai? perchè non segui i primi antichi
Cesari de' Romani, e che non siegui,
Dico, gli Otti, i Corradi, i Federichi?
E che pur tieni questo imperio in tregui?
E se non hai lo cuor d'esser Augusto,
Che nol rifiuti? o che non ti dilegui? etc.
1) Das Nähere bei Vespaſiano Fiorent. p. 84. Vgl. 150.
2) Diario Ferrarese, bei Murat. XXIV, Col. 215. s.
Cultur der Renaiſſance. 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0027" n="17"/>
wenig&#x017F;tens das er&#x017F;temal (1414) in der guten Ab&#x017F;icht,<note place="right"><hi rendition="#b"><hi rendition="#u">1. Ab&#x017F;chnitt.</hi></hi></note><lb/>
Johann <hi rendition="#aq">XXIII.</hi> zur Theilnahme an &#x017F;einem Concil zu be-<lb/>
wegen; damals war es, als Kai&#x017F;er und Pap&#x017F;t auf dem<lb/>
hohen Thurm von Cremona das Panorama der Lombardie<lb/>
geno&#x017F;&#x017F;en, während ihren Wirth, den Stadttyrannen Gabrino<lb/>
Fondolo, das Gelü&#x017F;te ankam, beide herunter zu werfen.<lb/>
Das zweitemal er&#x017F;chien Sigismund völlig als Abenteurer;<lb/>
mehr als ein halbes Jahr hindurch &#x017F;aß er in Siena wie<lb/>
in einem Schuldgefängniß, und konnte nachher nur mit<lb/>
Noth zur Krönung in Rom gelangen. Was &#x017F;oll man vol-<lb/>
lends von Friedrich <hi rendition="#aq">III.</hi> denken? &#x017F;eine Be&#x017F;uche in Italien<note place="right">Friedrich <hi rendition="#aq">III.</hi><lb/>
in Italien.</note><lb/>
haben den Character von Ferien- oder Erholungsrei&#x017F;en auf<lb/>
Unko&#x017F;ten derer, die ihre Rechte von ihm verbrieft haben<lb/>
wollten, oder &#x017F;olcher denen es &#x017F;chmeichelte einen Kai&#x017F;er recht<lb/>
pomphaft zu bewirthen. So verhielt es &#x017F;ich mit Alfons<lb/>
von Neapel, der &#x017F;ich den kai&#x017F;erlichen Be&#x017F;uch 150,000 Gold-<lb/>
gulden ko&#x017F;ten ließ. <note place="foot" n="1)">Das Nähere bei Vespa&#x017F;iano Fiorent. <hi rendition="#aq">p.</hi> 84. Vgl. 150.</note> In Ferrara <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Diario Ferrarese,</hi> bei <hi rendition="#aq">Murat. XXIV, Col. 215. s.</hi></note> hat Friedrich bei &#x017F;einer<lb/>
zweiten Rückkehr von Rom (1469) einen ganzen Tag lang,<lb/>
ohne das Zimmer zu verla&#x017F;&#x017F;en, lauter Beförderungen, acht-<lb/>
zig an der Zahl, ausge&#x017F;pendet; da ernannte er <hi rendition="#aq">cavalieri,<lb/>
conti, dottori,</hi> Notare, und zwar <hi rendition="#aq">conti</hi> mit ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Schattirungen, als da waren: <hi rendition="#aq">conte palatino, conte</hi> mit<lb/>
dem Recht <hi rendition="#aq">dottori,</hi> ja bis auf fünf <hi rendition="#aq">dottori</hi> zu ernennen,<lb/><hi rendition="#aq">conte</hi> mit dem Recht Ba&#x017F;tarde zu legitimiren, Notare zu<lb/>
creiren, unehrliche Notare ehrlich zu erklären u. &#x017F;. w. Nur<lb/>
verlangte &#x017F;ein Kanzler für die Ausfertigung der betreffenden<lb/><note xml:id="seg2pn_1_2" prev="#seg2pn_1_1" place="foot" n="3)"><quote xml:lang="ita"><lg type="poem"><l><hi rendition="#aq">Che fai? perchè non segui i primi antichi</hi></l><lb/><l><hi rendition="#aq">Cesari de' Romani, e che non siegui,</hi></l><lb/><l><hi rendition="#aq">Dico, gli Otti, i Corradi, i Federichi?</hi></l><lb/><l><hi rendition="#aq">E che pur tieni questo imperio in tregui?</hi></l><lb/><l><hi rendition="#aq">E se non hai lo cuor d'esser Augusto,</hi></l><lb/><l><hi rendition="#aq">Che nol rifiuti? o che non ti dilegui? etc.</hi></l></lg></quote></note><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Cultur der Renai&#x017F;&#x017F;ance. 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0027] wenigſtens das erſtemal (1414) in der guten Abſicht, Johann XXIII. zur Theilnahme an ſeinem Concil zu be- wegen; damals war es, als Kaiſer und Papſt auf dem hohen Thurm von Cremona das Panorama der Lombardie genoſſen, während ihren Wirth, den Stadttyrannen Gabrino Fondolo, das Gelüſte ankam, beide herunter zu werfen. Das zweitemal erſchien Sigismund völlig als Abenteurer; mehr als ein halbes Jahr hindurch ſaß er in Siena wie in einem Schuldgefängniß, und konnte nachher nur mit Noth zur Krönung in Rom gelangen. Was ſoll man vol- lends von Friedrich III. denken? ſeine Beſuche in Italien haben den Character von Ferien- oder Erholungsreiſen auf Unkoſten derer, die ihre Rechte von ihm verbrieft haben wollten, oder ſolcher denen es ſchmeichelte einen Kaiſer recht pomphaft zu bewirthen. So verhielt es ſich mit Alfons von Neapel, der ſich den kaiſerlichen Beſuch 150,000 Gold- gulden koſten ließ. 1) In Ferrara 2) hat Friedrich bei ſeiner zweiten Rückkehr von Rom (1469) einen ganzen Tag lang, ohne das Zimmer zu verlaſſen, lauter Beförderungen, acht- zig an der Zahl, ausgeſpendet; da ernannte er cavalieri, conti, dottori, Notare, und zwar conti mit verſchiedenen Schattirungen, als da waren: conte palatino, conte mit dem Recht dottori, ja bis auf fünf dottori zu ernennen, conte mit dem Recht Baſtarde zu legitimiren, Notare zu creiren, unehrliche Notare ehrlich zu erklären u. ſ. w. Nur verlangte ſein Kanzler für die Ausfertigung der betreffenden 3) 1. Abſchnitt. Friedrich III. in Italien. 1) Das Nähere bei Vespaſiano Fiorent. p. 84. Vgl. 150. 2) Diario Ferrarese, bei Murat. XXIV, Col. 215. s. 3) Che fai? perchè non segui i primi antichi Cesari de' Romani, e che non siegui, Dico, gli Otti, i Corradi, i Federichi? E che pur tieni questo imperio in tregui? E se non hai lo cuor d'esser Augusto, Che nol rifiuti? o che non ti dilegui? etc. Cultur der Renaiſſance. 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/27
Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/27>, abgerufen am 25.11.2024.