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Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927.

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III. Teil. Die rechtsgeschäftliche Verfassung.
steuer und Mobiliarsteuern (ohne besondere Mehrwertsteuer)
nicht verstehen würde.

Umgekehrt aber als beim Privatrecht ist die Abgrenzung
beim öffentlichen Recht auch nützlich, wenn die beiden Rechts-
systeme inhaltlich und begrifflich übereinstimmen, sofern sie
nämlich übereinandergreifen. Wenn z. B. zwei Staaten beide das
ganze Vermögen der Handelsgesellschaften, die dort ihren Sitz
haben, besteuern, mitsamt dem den Zweigniederlassungen zuge-
teilten Betriebskapital auswärtiger Gesellschaften, so wenden sie
beide dieselben Grundsätze an; aber da sich die Anwendung ku-
muliert, ist die Abgrenzung zur Vermeidung doppelter Belastung
nicht überflüssig.

Beides, das sei noch betont, ist eine internationale, eine
völkerrechtliche Frage, sowohl die Abgrenzung der Privatrechte
der verschiedenen Staaten gegeneinander, wie die ihrer öffent-
lichen Rechte, das internationale Privatrecht wie das internationale
Verwaltungs- und Staatrecht1. Man glaubt dem internationalen
Privatrecht den Charakter einer völkerrechtlichen Norm ab-
sprechen zu sollen, weil nur private Rechtsverhältnisse und pri-
vate Interessen im Spiele seien. Allein das ist nicht richtig. Es ist
gewiß zunächst nur eine privatrechtliche Frage und berührt nur
Privatinteressen, ob der einzelne Fall so oder anders entschieden
werde; aber das Gericht und der Staat, dessen Organ das Gericht
ist, kann die Frage des internationalen Privatrechtes, nämlich
die Frage, welches nationale Privatrecht in einem gegebenen
Falle anzuwenden sei, nicht stellen, ohne eine Mehrheit von staat-
lichen Rechtsordnungen und damit auch von Staaten voraus-
zusetzen und ohne die Frage zu stellen, in welchem Verhältnis
diese Rechtsordnungen und diese Staaten zueinander stehen.
Die ausländische Rechtsordnung wird doch deshalb in Erwägung
gezogen, weil sie in jenem anderen Lande als die Rechtsordnung

1 Vgl. Festgabe für Eugen Huber (1919) 270 f. Streit, a. a. O. 333,
340, erkennt das auch an; aber wo das Völkerrecht die Abgrenzung nicht
(durch Vertrag) treffe und der Staat selbst sie vornehme, sei diese staatliche
Norm öffentlich-rechtlich, nicht privatrechtlich. Soweit der Gesetzgeber sie
nicht als nachgiebige aufstellt, z. B. bezüglich der Wahl des ehelichen Güter-
rechts, vgl. S. 347. Aber die Frage scheint mir im übrigen nicht von prak-
tischer Bedeutung. Vgl. oben S. 19.

III. Teil. Die rechtsgeschäftliche Verfassung.
steuer und Mobiliarsteuern (ohne besondere Mehrwertsteuer)
nicht verstehen würde.

Umgekehrt aber als beim Privatrecht ist die Abgrenzung
beim öffentlichen Recht auch nützlich, wenn die beiden Rechts-
systeme inhaltlich und begrifflich übereinstimmen, sofern sie
nämlich übereinandergreifen. Wenn z. B. zwei Staaten beide das
ganze Vermögen der Handelsgesellschaften, die dort ihren Sitz
haben, besteuern, mitsamt dem den Zweigniederlassungen zuge-
teilten Betriebskapital auswärtiger Gesellschaften, so wenden sie
beide dieselben Grundsätze an; aber da sich die Anwendung ku-
muliert, ist die Abgrenzung zur Vermeidung doppelter Belastung
nicht überflüssig.

Beides, das sei noch betont, ist eine internationale, eine
völkerrechtliche Frage, sowohl die Abgrenzung der Privatrechte
der verschiedenen Staaten gegeneinander, wie die ihrer öffent-
lichen Rechte, das internationale Privatrecht wie das internationale
Verwaltungs- und Staatrecht1. Man glaubt dem internationalen
Privatrecht den Charakter einer völkerrechtlichen Norm ab-
sprechen zu sollen, weil nur private Rechtsverhältnisse und pri-
vate Interessen im Spiele seien. Allein das ist nicht richtig. Es ist
gewiß zunächst nur eine privatrechtliche Frage und berührt nur
Privatinteressen, ob der einzelne Fall so oder anders entschieden
werde; aber das Gericht und der Staat, dessen Organ das Gericht
ist, kann die Frage des internationalen Privatrechtes, nämlich
die Frage, welches nationale Privatrecht in einem gegebenen
Falle anzuwenden sei, nicht stellen, ohne eine Mehrheit von staat-
lichen Rechtsordnungen und damit auch von Staaten voraus-
zusetzen und ohne die Frage zu stellen, in welchem Verhältnis
diese Rechtsordnungen und diese Staaten zueinander stehen.
Die ausländische Rechtsordnung wird doch deshalb in Erwägung
gezogen, weil sie in jenem anderen Lande als die Rechtsordnung

1 Vgl. Festgabe für Eugen Huber (1919) 270 f. Streit, a. a. O. 333,
340, erkennt das auch an; aber wo das Völkerrecht die Abgrenzung nicht
(durch Vertrag) treffe und der Staat selbst sie vornehme, sei diese staatliche
Norm öffentlich-rechtlich, nicht privatrechtlich. Soweit der Gesetzgeber sie
nicht als nachgiebige aufstellt, z. B. bezüglich der Wahl des ehelichen Güter-
rechts, vgl. S. 347. Aber die Frage scheint mir im übrigen nicht von prak-
tischer Bedeutung. Vgl. oben S. 19.
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[414/0429] III. Teil. Die rechtsgeschäftliche Verfassung. steuer und Mobiliarsteuern (ohne besondere Mehrwertsteuer) nicht verstehen würde. Umgekehrt aber als beim Privatrecht ist die Abgrenzung beim öffentlichen Recht auch nützlich, wenn die beiden Rechts- systeme inhaltlich und begrifflich übereinstimmen, sofern sie nämlich übereinandergreifen. Wenn z. B. zwei Staaten beide das ganze Vermögen der Handelsgesellschaften, die dort ihren Sitz haben, besteuern, mitsamt dem den Zweigniederlassungen zuge- teilten Betriebskapital auswärtiger Gesellschaften, so wenden sie beide dieselben Grundsätze an; aber da sich die Anwendung ku- muliert, ist die Abgrenzung zur Vermeidung doppelter Belastung nicht überflüssig. Beides, das sei noch betont, ist eine internationale, eine völkerrechtliche Frage, sowohl die Abgrenzung der Privatrechte der verschiedenen Staaten gegeneinander, wie die ihrer öffent- lichen Rechte, das internationale Privatrecht wie das internationale Verwaltungs- und Staatrecht 1. Man glaubt dem internationalen Privatrecht den Charakter einer völkerrechtlichen Norm ab- sprechen zu sollen, weil nur private Rechtsverhältnisse und pri- vate Interessen im Spiele seien. Allein das ist nicht richtig. Es ist gewiß zunächst nur eine privatrechtliche Frage und berührt nur Privatinteressen, ob der einzelne Fall so oder anders entschieden werde; aber das Gericht und der Staat, dessen Organ das Gericht ist, kann die Frage des internationalen Privatrechtes, nämlich die Frage, welches nationale Privatrecht in einem gegebenen Falle anzuwenden sei, nicht stellen, ohne eine Mehrheit von staat- lichen Rechtsordnungen und damit auch von Staaten voraus- zusetzen und ohne die Frage zu stellen, in welchem Verhältnis diese Rechtsordnungen und diese Staaten zueinander stehen. Die ausländische Rechtsordnung wird doch deshalb in Erwägung gezogen, weil sie in jenem anderen Lande als die Rechtsordnung 1 Vgl. Festgabe für Eugen Huber (1919) 270 f. Streit, a. a. O. 333, 340, erkennt das auch an; aber wo das Völkerrecht die Abgrenzung nicht (durch Vertrag) treffe und der Staat selbst sie vornehme, sei diese staatliche Norm öffentlich-rechtlich, nicht privatrechtlich. Soweit der Gesetzgeber sie nicht als nachgiebige aufstellt, z. B. bezüglich der Wahl des ehelichen Güter- rechts, vgl. S. 347. Aber die Frage scheint mir im übrigen nicht von prak- tischer Bedeutung. Vgl. oben S. 19.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/429>, abgerufen am 22.11.2024.