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Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927.

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III. Teil. Die rechtsgeschäftliche Verfassung.
doch würde diese Entscheidung, wenn irgend eine, dem öffent-
lichen Interesse der Menschheit dienen; denn nur im Interesse
der Menschheit kann man sich eine solche Ordnung vernünftiger-
weise denken. Was im Interesse der Menschheit statuiert ist,
kann doch nicht wohl in die Entschließung eines Teiles gelegt
werden. Die Ordnung müßte also zwingenden Rechts sein. Zwin-
gende Normen kennt aber das Völkerrecht nicht (vgl. unten
S. 388 ff.).

Die bis dahin souveränen schweizerischen Kantone haben im
Jahre 1848 für ihren engeren Kreis ein gemeinschaftliches Statut
in der Bundesverfassung aufgerichtet und darin vorgeschrieben,
wie die Verfassungen der Kantone in Zukunft beschaffen sein
müßten und welches Gebiet jedem zukomme. Aber sie haben
sich damit unter eine gemeinsame Verfassung gestellt, und ihrer
eigenen Souveränität haben sie sich begeben. Sie sind zu bloßen
Gliedern eines Bundesstaates, d. h. zu Bestandteilen eines sie
alle umfassenden Staates geworden1. Auch die Völker der Welt
könnten sich ein solches Statut mit einer eigenen Organisation
geben, die zu entscheiden hätte, wie die nationalen Staaten um-
grenzt und organisiert sein sollen; aber sie würden damit der Welt
eine Verfassung geben und sich selbst zu unselbständigen Teilen
des Weltstaates machen.

Deshalb kann das Völkerrecht nicht von vornherein be-
stimmen, wie die Staaten beschaffen sein sollen; es kennt aller-
dings den Begriff des Staates, es setzt ihn voraus, da es eine Ordnung
unter Staaten sein will. Aber es muß die Staaten, d. h. die dem

aber nur sprechen, wenn die Staaten selbst sie eingesetzt haben; und wenn
diese Gerichte befugt sein sollten, über Gebietsveränderungen zu urteilen,
müßten sie von beiden, von allen beteiligten Staaten dazu ermächtigt
worden sein; die Gebietsänderung käme also doch nur durch Verständigung
zustande.
1 Wenn der "Bund der sozialistischen Sovietrepubliken" über die Ab-
änderung der Grenzen zwischen den Bundesrepubliken entscheidet, wie es
nach Kap. I, 1a der Verfassung dieses Bundes vom 6. Juli 1923 den An-
schein hat, so ist der Bund kein völkerrechtliches Vertragsverhältnis mehr,
sondern ein Staat. Vgl. Zeitschrift für öffentliches Recht 4 66; Timaschew,
Grundzüge des sovietrussischen Staatsrechts (1925) 13. -- Man hat etwa
geglaubt, die Staaten könnten sich zu einem Staatenstaat oder Überstaat
organisieren; allein das ist, wie schon oben (S. 162 f.) bemerkt, eine unklare
Vorstellung.

III. Teil. Die rechtsgeschäftliche Verfassung.
doch würde diese Entscheidung, wenn irgend eine, dem öffent-
lichen Interesse der Menschheit dienen; denn nur im Interesse
der Menschheit kann man sich eine solche Ordnung vernünftiger-
weise denken. Was im Interesse der Menschheit statuiert ist,
kann doch nicht wohl in die Entschließung eines Teiles gelegt
werden. Die Ordnung müßte also zwingenden Rechts sein. Zwin-
gende Normen kennt aber das Völkerrecht nicht (vgl. unten
S. 388 ff.).

Die bis dahin souveränen schweizerischen Kantone haben im
Jahre 1848 für ihren engeren Kreis ein gemeinschaftliches Statut
in der Bundesverfassung aufgerichtet und darin vorgeschrieben,
wie die Verfassungen der Kantone in Zukunft beschaffen sein
müßten und welches Gebiet jedem zukomme. Aber sie haben
sich damit unter eine gemeinsame Verfassung gestellt, und ihrer
eigenen Souveränität haben sie sich begeben. Sie sind zu bloßen
Gliedern eines Bundesstaates, d. h. zu Bestandteilen eines sie
alle umfassenden Staates geworden1. Auch die Völker der Welt
könnten sich ein solches Statut mit einer eigenen Organisation
geben, die zu entscheiden hätte, wie die nationalen Staaten um-
grenzt und organisiert sein sollen; aber sie würden damit der Welt
eine Verfassung geben und sich selbst zu unselbständigen Teilen
des Weltstaates machen.

Deshalb kann das Völkerrecht nicht von vornherein be-
stimmen, wie die Staaten beschaffen sein sollen; es kennt aller-
dings den Begriff des Staates, es setzt ihn voraus, da es eine Ordnung
unter Staaten sein will. Aber es muß die Staaten, d. h. die dem

aber nur sprechen, wenn die Staaten selbst sie eingesetzt haben; und wenn
diese Gerichte befugt sein sollten, über Gebietsveränderungen zu urteilen,
müßten sie von beiden, von allen beteiligten Staaten dazu ermächtigt
worden sein; die Gebietsänderung käme also doch nur durch Verständigung
zustande.
1 Wenn der „Bund der sozialistischen Sovietrepubliken“ über die Ab-
änderung der Grenzen zwischen den Bundesrepubliken entscheidet, wie es
nach Kap. I, 1a der Verfassung dieses Bundes vom 6. Juli 1923 den An-
schein hat, so ist der Bund kein völkerrechtliches Vertragsverhältnis mehr,
sondern ein Staat. Vgl. Zeitschrift für öffentliches Recht 4 66; Timaschew,
Grundzüge des sovietrussischen Staatsrechts (1925) 13. — Man hat etwa
geglaubt, die Staaten könnten sich zu einem Staatenstaat oder Überstaat
organisieren; allein das ist, wie schon oben (S. 162 f.) bemerkt, eine unklare
Vorstellung.
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[358/0373] III. Teil. Die rechtsgeschäftliche Verfassung. doch würde diese Entscheidung, wenn irgend eine, dem öffent- lichen Interesse der Menschheit dienen; denn nur im Interesse der Menschheit kann man sich eine solche Ordnung vernünftiger- weise denken. Was im Interesse der Menschheit statuiert ist, kann doch nicht wohl in die Entschließung eines Teiles gelegt werden. Die Ordnung müßte also zwingenden Rechts sein. Zwin- gende Normen kennt aber das Völkerrecht nicht (vgl. unten S. 388 ff.). Die bis dahin souveränen schweizerischen Kantone haben im Jahre 1848 für ihren engeren Kreis ein gemeinschaftliches Statut in der Bundesverfassung aufgerichtet und darin vorgeschrieben, wie die Verfassungen der Kantone in Zukunft beschaffen sein müßten und welches Gebiet jedem zukomme. Aber sie haben sich damit unter eine gemeinsame Verfassung gestellt, und ihrer eigenen Souveränität haben sie sich begeben. Sie sind zu bloßen Gliedern eines Bundesstaates, d. h. zu Bestandteilen eines sie alle umfassenden Staates geworden 1. Auch die Völker der Welt könnten sich ein solches Statut mit einer eigenen Organisation geben, die zu entscheiden hätte, wie die nationalen Staaten um- grenzt und organisiert sein sollen; aber sie würden damit der Welt eine Verfassung geben und sich selbst zu unselbständigen Teilen des Weltstaates machen. Deshalb kann das Völkerrecht nicht von vornherein be- stimmen, wie die Staaten beschaffen sein sollen; es kennt aller- dings den Begriff des Staates, es setzt ihn voraus, da es eine Ordnung unter Staaten sein will. Aber es muß die Staaten, d. h. die dem 1 1 Wenn der „Bund der sozialistischen Sovietrepubliken“ über die Ab- änderung der Grenzen zwischen den Bundesrepubliken entscheidet, wie es nach Kap. I, 1a der Verfassung dieses Bundes vom 6. Juli 1923 den An- schein hat, so ist der Bund kein völkerrechtliches Vertragsverhältnis mehr, sondern ein Staat. Vgl. Zeitschrift für öffentliches Recht 4 66; Timaschew, Grundzüge des sovietrussischen Staatsrechts (1925) 13. — Man hat etwa geglaubt, die Staaten könnten sich zu einem Staatenstaat oder Überstaat organisieren; allein das ist, wie schon oben (S. 162 f.) bemerkt, eine unklare Vorstellung. 1 aber nur sprechen, wenn die Staaten selbst sie eingesetzt haben; und wenn diese Gerichte befugt sein sollten, über Gebietsveränderungen zu urteilen, müßten sie von beiden, von allen beteiligten Staaten dazu ermächtigt worden sein; die Gebietsänderung käme also doch nur durch Verständigung zustande.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/373>, abgerufen am 28.11.2024.